Fischerei

EU will Grundschleppnetze verbieten: So wollen sich die Krabbenfischer wehren

EU will Grundschleppnetze verbieten: So wollen sich die Krabbenfischer wehren

So wollen sich die Krabbenfischer wehren

Birger Bahlo/shz.de
Bredstedt
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Schwarze Kreuze produziert Niels Friedrichsen für die Demo in Serie. Der Vorsitzende des Husumer Fischereivereins und seine Kollegen fürchten das Aus der Krabbenfischerei an der Westküste. Foto: Birger Bahlo/shz.de

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Krabbenfischer fürchten das Aussterben ihres Berufes. Sie demonstrieren nächste Woche in Büsum vor den Augen der Agrarminister von Bund und Ländern. Sie wehren sich gegen einen Aktionsplan der EU.

Niels Friedrichsen schwingt in einer Halle in Bredstedt (Nordfriesland) den Pinsel. Der 43-Jährige malt in Serie Holzkreuze schwarz. Sie sollen an die Dalben im Husumer Hafen genagelt werden, an denen die Fischkutter vertäut liegen. Die Fischer an Nord- und Ostsee malen sich gerade den Tod ihres Berufsstandes aus. Den Grund sehen sie in einem EU-Aktionsplan, der ihnen bereits ab 2024 den Krabbenfang mit Grundschleppnetzen verbieten will.

Holger Spreer-Wree auf der Hallig Süderoog leitet in sozialen Medien eine Petition weiter, mit der Unterschriften gegen die Pläne gesucht werden. In Friedrichskoog (Dithmarschen) filmt eine Fischerin den leeren Hafen, ganz ohne Kutter und Menschen. Sie fürchtet, sagt sie in dem Clip, dass das in allen Häfen an der Westküste bald so tot aussehen könnte.

Diese Szenen dürften nur ein Vorgeplänkel sein, richtig zur Sache soll es ab 22. März in Büsum (Dithmarschen) gehen. Vor den Augen der direkt am Hafen tagenden Agrarminister von Bund und Ländern wollen Krabbenfischer am Mittwoch, 22. März, ab 9 Uhr ihre gesamte Kutterflotte zusammenziehen. Am Kai wollen die Krabbenfischer ihre Kritik an den EU-Plänen artikulieren, die aus ihrer Sicht einem Berufsverbot gleichkommen. An ihre Seite will sich das Bauern-Bündnis „Land schafft Verbindung“ stellen.

Haupttag der Proteste werde der Donnerstag, 23. März, sein, teilt Jens Korte auf Anfrage von shz.de mit. Korte ist der „Krabbenkümmerer“ des Landesfischereiverbandes. Um 12 Uhr wollen demnach die Kutter im Korso zu einer Demo auf der Nordsee auslaufen und mit Plakaten und Schiffshörnern auf ihr Anliegen hinweisen. Um 14 Uhr folge die zentrale Kundgebung auf Büsums Ankerplatz nahe der Tagungsorte der Politiker (Hotel Lighthouse und Gästezentrum Watt‘n-Hus).

Der Deutsche Fischereiverband liefert die Argumente für die Demo: Der EU-Aktionsplan: „Schutz und Wiederherstellung der Meeresökosysteme für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“ bedrohe rund ein Viertel der gesamten Fischproduktion und 7000 Schiffe.

Niels Friedrichsen, der auf Hallig Hooge, also mitten im Wattenmeer geboren ist, beklagt, dass ihm und seinen Kollegen seitens der Politik „nur Steine in den Weg gelegt werden“. Neben den Energiekosten belasteten auch andere, kaum bekannte Ausgaben die Betriebe. So habe die vorgeschriebene Überwachung der Fahrtrouten per Satellit früher zehn Euro im Monat gekostet, heute würden für diesen Dienstleister 250 Euro pro Monat fällig. Im Bereich seines Fischereivereins zählt Friedrichsen noch acht aktive Kutter. Auf den Inseln käme rund ein Dutzend hinzu.

Wichtig ist ihm der Hinweis, dass die Betriebe längst zertifiziert seien vom Marine Stewardship Council (MSC). Damit verbunden seien ständige Verbesserungen der Fangmethoden, aktuell würden beispielsweise die Maschen der Krabben-Netze um einen Millimeter vergrößert.

Das ist die Kritik von Naturschutzverbänden

Von „zerstörerischen Fangmethoden“ spricht im Interview mit unserer Redaktion die Meeresbiologin Franziska Saalmann von Greenpeace. Sie ist dort als Campagnerin tätig. Schutzzonen seien nun mal dazu da, dass sich in diesen „Ruheräumen Bestände erholen“ könnten. Sie räumt ein, „dass die leichteren Baumkurren der Krabbenfischer weniger Einfluss“ hätten, als etwa die tiefer in den Meeresboden grabenden beim Fang von Schollen. Dennoch würden auch sie ständig den Boden berühren.

Auch Stefanie Sudhaus wendet sich „grundsätzlich gegen Fangmethoden, die den Boden aufwühlen, Schadstoffe freisetzen und Flora und Fauna schädigen können“. Die Meeresschutzreferentin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Schleswig-Holstein schränkt aber ein, dass vor unserer Küste große Schutzgebiete eingerichtet seien und ein Verbot „ein großer Eingriff ist und die Krabbenfischer sich ja große Mühe geben, ihre Geräte zu verbessern.“

Sie setzt daher ihren Schwerpunkt auf ein Verbot der sogenannten Dolly Ropes – ebenfalls auf der Tagesordnung der Agrarminister in Büsum. Damit seien Scheuerfäden gemeint. Sie würden in der Fischerei genutzt, um die Fischernetze bei der Berührung mit dem Meeresboden vor dem Durchscheuern zu schützen. Die würden mit Kabelbindern befestigt und seien Verschleißartikel.

Das sagen Meeresbiologen im Fischereiverband

Biologisch korrekt heißen die Krabben Nordsee-Garnelen, aber so nennt sie keiner an der Küste. Einer der sich ins Leben der Tierchen und die Fangmethoden vertieft hat, ist der Fischereibiologe Dr. Peter Breckling, Generalsekretär des Deutschen Fischereiverbandes in Hamburg. Im Gespräch mit unserer Redaktion spannt er den Bogen bis zur Gründung des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer im Jahr 1999. Damals habe es umfangreiche wissenschaftliche Forschungen zur Fischfauna im Wattenmeer gegeben. Zu dem Thema schrieb Breckling auch seine Doktorarbeit.

Er hält die Erkenntnisse von damals unverändert für gültig. Diverse Studien, für die viel Geld zur Verfügung gestanden habe, hätten damals als Ergebnis gehabt:

Diese Ansicht habe auch Umweltminister Rainder Steenblock (Grüne) übernommen, in dessen Zeit das Nationalparkgesetz verabschiedet wurde.

Neue Studie scheint frühere Urteile zu bestätigen

Krabbenkümmerer Jens Korte weist auf eine ganz neue Studie zu den Auswirkungen der Krabbenfischerei auf den Meeresboden hin. Das Projekt heiße Cranimpact, Ergebnisse sollen zwar erst Ende April vorliegen, aber „aus Gesprächen wissen wir allerdings, dass die Ergebnisse die von Herrn Breckling geschilderte Forschungslage zu den Auswirkungen der Baumkurrenfischerei auf den Meeresboden bestätigen.“

Er beschreibt anschaulich, was da am Meeresboden beim Fischen geschieht. Krabbenfischer müssten gar nicht den Meeresboden durchpflügen, was ihnen von Gegnern weiterhin vorgehalten werde.

Die speziellen Geschirre der Krabbenfischer würden „nur sanft über den Meeresgrund rollen“, alles andere hätte unnötige Treibstoffkosten zur Folge. Videos zeigten, dass die Netze nur die Hälfte der Zeit den Boden überhaupt berührten, „sie schlabbern so über den Grund.“

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