Familie

Endlich ein Baby: Flensburger Paar sucht Samenspender über Facebook

Endlich ein Baby: Flensburger Paar sucht Samenspender über Facebook

Flensburger Paar sucht Samenspender über Facebook

Friederike Reußner/shz.de
Flensburg
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Unerfüllter Kinderwunsch: Das Flensburger Paar Jule und Oliver Fröhlich suchen über Facebook nach einem Samenspender. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Sie sind eines der vielen Paare, die ungewollt kinderlos sind: Die Fröhlichs aus Flensburg wählen jetzt einen ungewöhnlichen Weg, um sich ihren Kinderwunsch doch noch zu erfüllen. Über Facebook suchen sie einen privaten Samenspender.

Terrassenplatten, Tupperschüsseln, Mini-Jobs: In lokalen Facebook-Gruppen wird nach Vielem gesucht. Sperma gehört in der Regel nicht dazu. Jule Föhlichs Eintrag in einer der größten Flensburger Portale fällt also durchaus auf: „Mein Mann und ich sind auf der Suche nach einem privaten Samenspender“, schreibt sie.

Da fragt man sich spontan: Ist das ernst gemeint? Und ist das Profil überhaupt echt? Erstere Frage lässt sich nach einem Gespräch mit Jule (34) und Ehemann Oliver Fröhlich (35) ganz klar mit Ja beantworten, zweitere mit Nein. Die Fröhlichs heißen eigentlich anders. Um ihre Privatsphäre zu schützen, stehen auch hier nicht ihre richtigen Namen. Und wenn man beim Lesen dieses eher ungewöhnlichen Facebook-Gesuchs zunächst vielleicht schmunzelt, tut man es nicht mehr, wenn man die lange Kinderwunsch-Geschichte des Paares gehört hat. Über die sprechen die beiden in ihrem Wohnzimmer in einem Flensburger Mehrfamilienhaus sehr offen.

Oliver Fröhlich wurde als Frau geboren

Zunächst einmal: Oliver Fröhlich wurde genetisch als Frau geboren und lebt seit 2016 als Mann. Auf natürlichem Wege kann das Paar also keine Kinder kriegen. „Für uns war schon immer klar, dass wir Kinder wollen“, sagt Jule Fröhlich, „uns war aber nie klar, wie schwer es für Paare wie uns ist, sich diesen Wunsch wirklich zu erfüllen.“ So zahlen Krankenkassen in Deutschland verheirateten Paaren zwar in einem gewissen Rahmen die Kinderwunschbehandlung. Aber nur, wenn das dabei verwendete Sperma vom Ehemann stammt. Ist wie bei Oliver Fröhlich nichts zu holen, bleibt nur, die Behandlung mit Sperma aus der Samenbank selbst zu bezahlen. Pro Versuch kostet das zwischen 2000 und 3000 Euro. Viel Geld für das Paar, sie ist gelernte Krankenschwester, er arbeitet in der Eingliederungshilfe. Die Fröhlichs können diese Rechtslage nicht nachvollziehen.

Chance, eine Familie zu gründen

Hat denn jeder ein Recht auf ein Kind? „Ja!“, sagt Jule Fröhlich wie aus der Pistole geschossen. Was sie wirklich meint, sagt sie später im Gespräch, an einem Punkt, an dem man merkt, dass ihre Geschichte dem Paar durchaus zusetzt. „Wir müssen doch genauso die Chance haben, eine Familie zu gründen, wie alle anderen auch“, sagt Jule Fröhlich da. Und klingt dabei eher traurig als wütend darüber, dass es ihr und ihrem Mann schwerer gemacht wird als anderen Paaren.

Ein bisschen günstiger als in Deutschland ist es, eine Samenspende in Dänemark vornehmen zu lassen. „Das haben wir direkt nach unserer Hochzeit auch einmal probiert, mit dem Geld, das wir geschenkt bekommen haben“, sagt Jule Fröhlich. Ungefähr 1200 Euro hätte die Behandlung dort damals gekostet. Es klappte nicht, sie war enttäuscht, direkt noch mal versuchen wollte es das Paar nicht: „Uns ist klar, dass es wahrscheinlich mehrere Versuche braucht. Und wir sind nicht bereit, uns total zu verschulden und unserem Kind später nichts mehr bieten zu können.“

Suche in Samenspender-Foren

Doch dann, mit Anfang 30, wollten die beiden es wieder versuchen. Vor zwei Jahren fingen sie an, im Internet in diversen Foren nach privaten Samenspendern zu suchen. Also nach Männern, die bereit sind, dem Paar ihr Sperma in einem Plastikbecher zur Verfügung zu stellen – der sogenannten Bechermethode.

Schwierige Suche nach einem Samenspender

Doch das gestaltete sich mühsam, erzählt Oliver Fröhlich: Das Paar traf auf Männer, denen doch nicht so ganz klar war, worauf sie sich da einlassen. Auf Männer, die sehr viel Geld für ihr Sperma wollten und auf solche, die höchstens auf natürlichem Wege bereit wären, zu helfen. Immer wieder machte sich das Paar kurz Hoffnung, ihrem Ziel vielleicht ganz nah zu sein – dann kam die Enttäuschung.

Ein Thema, das auch immer wieder auftauchte: die rechtlich schwierige Situation. So gab es potenzielle Spender, die wegen der Unsicherheiten, die eine private Spermaspende mit sich bringt, am Ende doch einen Rückzieher machten, berichten die Fröhlichs. Denn theoretisch könnten sie einen Samenspender irgendwann auf Unterhalt verklagen. Oder der Samenspender sie aufs Umgangsrecht mit dem Kind. Rechtlich abgesichert sind nur Paare, die in Deutschland den offiziellen Weg über die Samenbank gehen. Der Weg aus dieser Misere wäre eine anonyme Spende, wie sie beispielsweise in Dänemark möglich wäre. Aber das ist für die Fröhlichs keine Option:

Ihrem Kind wolle sie diesen Kummer ersparen – wenn es irgendwann wissen wolle, woher es genetisch stamme, soll es die Möglichkeit haben, zu seinem Vater Kontakt aufzunehmen. Vorher wäre es dem Paar am liebsten, wenn der Samenspender keinen regelmäßigen Kontakt zum Kind hat. Wobei sie darüber durchaus verhandeln würden:

Einen Wunsch haben die beiden im Laufe ihrer Suche übrigens aufgeben: „Ich hätte es zunächst schön gefunden, wenn ein Kind auch meinem Mann ähnlich sehe“, sagt Jule Fröhlich und lächelt ihrem Partner ein wenig traurig zu. Jetzt aber, betonen beide, sei das für sie vollkommen unwichtig geworden: Haarfarbe, Hautfarbe – egal. Hauptsache, sie finden einen Spender, dem sie vertrauen, und bekommen endlich ihr Baby.

Phasenweise ging das Paar Freunde und Verwandte durch – könnte man dort jemanden fragen? „Wir haben auch mit einem befreundeten schwulen Paar gesprochen. Doch für sie war die Bedingung, dass ich dann anschließend auch für sie ein Kind austrage – und das wollten wir nicht“, sagt Jule Fröhlich. Ohnehin, ergänzt ihr Mann, seien sie von der Idee eines Spenders im nahen Umfeld abgekommen: „Ich glaube, dann gibt es doch schnell Ärger, weil sich in die Erziehung eingemischt wird oder doch ganz anders eingegriffen wird“, befürchten die zwei.

Suche über Facebook

Nun also die Suche über die Flensburger Facebookgruppe flenscom: So hofft das Paar auf einen Mann aus der näheren Umgebung, so dass es nicht so aufwendig ist, sollte es mehrere Versuche dauern, bis es mit dem Schwanger werden klappt. „Wir hoffen, dass sich so jemand findet, der uns helfen möchte“, sagt Jule Fröhlich. Sie ist von den Reaktionen in dem sozialen Netzwerk positiv überrascht: Bis auf eine Nachricht seien alle freundlich und positiv gewesen. Allerdings – einen Spender haben sie so bisher auch noch nicht gefunden. „Mit zwei Männern sind wir jetzt noch in Kontakt, mal schauen“, heißt es von den beiden etwas verhalten. Sollte einer in die engere Auswahl kommen, würde das Paar einen HiV-Test und ein Spermiogramm zahlen, bei dem geguckt wird, ob der Mann überhaupt zeugungsfähig ist. Und wenn ihre Suche am Ende erfolglos ist? „Dann sind wir als Paar glücklich“, sagt er. So ganz genau wissen die beiden es an diesem Punkt aber nicht, wann und wie sie mit ihrem Kinderwunsch abschließen könnten.

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