Gewitter

Blitzeinschläge höchster Stufe treffen Schleswig-Holstein

Blitzeinschläge höchster Stufe treffen Schleswig-Holstein

Blitzeinschläge höchster Stufe treffen Schleswig-Holstein

Götz Bonsen/shz.de
Schnarup-Thumby
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Wann sollten Sie an Ihrem Haus einen Blitzableiter anbringen – und welche Regeln gibt es in SH? Das, und warum Ihre Elektrogeräte in Gefahr sind, erfahren Sie hier. Foto: imago images/Margit Brettmann/shz.de

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Am Montag wurden zwei Blitzeinschläge der höchsten Kategorie im Norden registriert. Was müssen Eigentümer und Vermieter in Schleswig-Holstein eigentlich beachten?

Der „wilde Hausrüttler“ ist bei Gewittern das Pendant zum Orkan: die stärkste Stufe. Mit mehr als 100 Kiloampere hat sich am Montagmorgen (30. Januar) in Schnarup-Thumby (Kreis Schleswig-Flensburg) ein Blitz mit dieser Stromstärke entladen.

Blitzeinschlag in Schleswig-Holstein traf weder Mensch noch Haus

Kachelmannwetter wies auf Twitter auf den „heftigen“ Einschlag hin. Zum Glück stand an der Einschlagstelle außerhalb von Klaholz kein Haus und auch kein Mensch.

Noch am selben Tag krachte es nahe Hamburg mit ähnlicher Stärke.

Schleswig-Holstein ist 2021 mit jährlich 1,67 Blitzeinschlägen pro Quadratkilometer (Kiel sogar 3,96) Spitzenreiter unter den Nord-Bundesländern gewesen.

So wahrscheinlich ist ein Blitzeinschlag im eigenen Haus

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein normales Haus von einem Blitz getroffen wird, ist statistisch gesehen dennoch äußerst gering. Bei der Blitzschutz-Fachfirma Büfas in Flensburg sind aufgrund des gering empfundenen Risikos auch nur drei Prozent der Kunden Privathaushalte.

So können Sie ihre Immobilie vor Schäden schützen

Auch deshalb wird es Bauherren und Eigentümern meist selbst überlassen, ob sie einen mehrere Tausend Euro teuren Blitzableiter auf dem Dachfirst (obere Kante des Dachs, Red.) installieren lassen.

Ein äußerer, klassischer Blitzschutz, leitet die Energie des Blitzes ab und soll das Haus so vor Dachstuhlbränden schützen. Gegen Überspannungsschäden ist der sichtbare Blitzschutz allerdings machtlos.

Ausnahme Windkraft: Wo erhebliche Schäden drohen

Im Normalfall trifft der Blitz auf der Suche nach dem geringsten Widerstand den höchsten Baum oder das höchste Gebäude. Das ist bei Windkraftanlagen eine echte Herausforderung. Die modernen Mühlen stehen hoch und exponiert auf dem Feld und werden laut einer Studie durchschnittlich zehnmal pro Jahr vom Blitz getroffen.

Problem: Die Rotorspitze als höchster Punkt variiert und die Ablenkung muss über drei sich drehende Achsen bewerkstelligt werden. In seltenen Fällen kann die Entladung über die Erde daher schiefgehen, was enorme Schäden zur Folge hat.

Regelungen für Häuser und öffentliche Stätten

Die neuen Landesbauordnungen in Schleswig-Holstein schreiben einen Blitzableiter für Neubauten normaler Wohnimmobilien weiterhin nur in Ausnahmefällen vor. Dann, wenn ein Blitzschlag „leicht eintreten“ oder „zu schweren Folgen führen kann“. Das bedeutet, dass Verkaufsstätten, Versammlungsstätten, Schulen, Kirchen und Krankenhäuser Blitzableiter haben müssen. Und eben leicht entflammbare Gebäude.

Privathäuser fallen somit nur in Ausnahmefällen darunter, bei exponierter Lage auf dem Berg (der Blitz geht den Weg des geringsten Widerstands) etwa, in Wäldern oder wie in Schleswig-Holstein häufig anzutreffen bei entzündlichen Weichdächern wie Reet oder Stroh.

Überspannungsschutz wird zunehmend wichtig

Während das Risiko eines direkten Blitzeinschlags in Schleswig-Holstein für massiv bedeckte Ein- oder Zweifamilienhäuser als äußerst gering einzustufen ist, bleibt das Risiko indirekter Blitzschäden hoch – und mit steigenden technischen Standards etwa bei der Haustechnik steigt auch die Relevanz eines Überspannungsschutzes, der bei Sanierungen mit dem externen Schutz kombiniert wird.

Ihre Elektrogeräte sind in Gefahr

Das tückische an Blitzen: Ein Einschlag selbst in hunderten von Metern Entfernung kann die Elektrik über das Leitungsnetz zerstören. Darunter Heizkessel, Wärmepumpen, teure Hifi-Anlagen, Fernseher und Verkabelung. Bei Gewittern Mitte August 2022 in Neumünster flogen sogar Steckdosen von den Wänden.

Selbst bei modernen Überspannungsableitern im Sicherungskasten ist es sinnvoll, seinen Geräten beim Anblick dunkler Gewitterwolken den Stecker zu ziehen. Beworbene Blitzschutz-Steckdosen etwa funktionieren nur in Kombination mit einem gut ausgebauten inneren Blitzschutz, denn die Stärke der Blitze ist unvorhersehbar.

Skala der Stärke von Gewittern, gemessen in Stromstärke (Kiloampere)

Unterschieden werden die Überspannungsableiter in drei bestenfalls miteinander kombinierten Klassen, von der der sogenannte Grobschutz (Typ 1)  Spannung des Blitzes auf 1300-6000 Volt begrenzt. Ein naher Blitzeinschlag kann sich aber auch mit 100 Millionen Volt entladen.

Bei Neubauten muss seit 2016 ein Überspannungsschutz installiert werden. In älteren Häusern ist ein solcher nur vorgeschrieben, wenn es zu einschneidenden Änderungen in der Hauselektrik kommt.

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