Pläne der Ampelkoalition

Bleiben doch alle Windrad-Standorte in Schleswig-Holstein erhalten?

Bleiben doch alle Windrad-Standorte in Schleswig-Holstein erhalten?

Bleiben doch alle Windrad-Standorte in SH erhalten?

SHZ
Kiel/Berlin
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Windräder bei Friedrichskoog: In Schleswig-Holstein stehen gut 3300 Anlagen. Foto: Carsten Rehder/shz.de

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Die neue Bundesregierung und ihr Energieminister Robert Habeck wollen, dass alte Windkraftanlagen überall durch neue ersetzt werden können – und kommen damit in Konflikt mit Schleswig-Holsteins Landesplanung.

Gut 3300 Windräder stehen derzeit in Schleswig-Holstein – doch fast tausend von ihnen schienen keine große Zukunft mehr zu haben: Laut den Windkraftplänen des Landes dürfen 975 Anlagen nach dem Ende ihrer technischen Lebensdauer nicht an ihrem jetzigen Standort durch ein neues Windrad ersetzt werden – meist weil sie sehr nah an Wohnhäusern stehen.

Nun allerdings könnte das doch erlaubt werden: Die künftige Ampelregierung in Berlin will dieses sogenannte „Repowering“ grundsätzlich überall ermöglichen.

„Wo bereits Windparks stehen, muss es ohne großen Genehmigungsaufwand möglich sein, alte Windenergieanlagen durch neue zu ersetzen“, steht im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Die Ampelregierung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 schon 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen und dafür bundesweit zwei Prozent der Fläche mit Windparks bebauen zu lassen. Dafür kann sie jeden Windrad-Standort brauchen.

Der künftige Bundesenergieminister Habeck befeuert die Debatte

Zusätzlich befeuert der Grünen-Chef und designierte neue Energieminister Robert Habeck die Debatte: Er hat angekündigt, dass die Ampelkoalition für die erneuerbaren Energien künftig ein „öffentliches Interesse“ voraussetze – und Wind- oder Solaranlagen damit „privilegieren“ werde. „Das kann in Schleswig-Holstein dazu führen, dass an mehr Stellen als bisher geplant alte Anlagen durch neue ersetzt werden dürfen“, sagte Habeck unserer Zeitung.

Der Landesverband für Erneuerbare Energien freut sich daher schon über die Aussicht auf leichteres Repowering in Schleswig-Holstein: Das sei „wichtig für uns als Pionierland der Windkraft“, erklärte Verbandschef Fabian Faller.

Ganz so klar ist die Sache allerdings weder für Schleswig-Holsteins grünen Energieminister Jan Philipp Albrecht noch für die mit der Landesplanung befasste CDU-Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack. Zwar teilt Albrecht durchaus die ambitionierten Ausbauziele der Ampel und seines Parteifreunds und Landsmanns Habeck. Doch gibt er zu bedenken, dass Schleswig-Holstein schon in seinen aktuellen Regionalplänen zwei Prozent der Flächen als Vorranggebiete für Windräder ausgewiesen hat.

Schleswig-Holstein weist besondere Gebiete für Repowering aus

Darin enthalten seien auch besondere Gebiete für das Repowering von all denjenigen Anlagen, die an ihrem jetzigen Standort eben nicht ersetzt werden dürfen. „Das nimmt man auch in Berlin wahr und das ist gut so“, sagt Albrecht.

Noch klarer lehnt CDU-Politikerin Sütterlin-Waack eine generelle Repowering-Erlaubnis an allen bisherigen Standorten ab. „Windenergieanlagen außerhalb der Vorranggebiete können nicht an gleicher Stelle repowert werden“, sagt sie kurz und bündig.

Innenministerin Sütterlin-Waack lehnt Ansinnen der Ampel ab

Das liege schon daran, dass allein 775 der 975 betroffenen Anlagen einen kleineren Abstand zu Häusern haben als die in der Landesplanung festgelegten mindestens 400 Meter zu Splittersiedlungen oder 800 Meter zu Wohngebieten. „Deshalb ist es fraglich, ob große, moderne Windkraftanlagen an gleicher Stelle überhaupt die genehmigungsrechtlichen Anforderungen, wie etwa die Lärmrichtwerte, einhalten können“, sagt Sütterlin-Waack.

Daran könne auch die von Habeck angekündigte „Privilegierung“ der Erneuerbaren Energien nichts ändern. „Sofern beabsichtigt ist, zu erklären, dass erneuerbare Energien im öffentlichen Interesse liegen und der Versorgungssicherheit dienen, bezieht sich das auf Einzelaspekte des Genehmigungsverfahrens“, sagt Sütterlin-Waack und nennt als Beispiel eine mögliche Ausnahme vom naturschutzrechtlichen Tötungsverbot. Hingegen könnten Ziele der Raumordnung aus den Regionalplänen und dem Landesentwicklungsplan „damit nicht ausgehebelt oder umgangen werden“.

Müssen Küstenländer mehr als zwei Prozent Fläche beisteuern?

Offen bliebe dann, wie Schleswig-Holstein doch etwas mehr als zwei Prozent der Fläche für Windkraft bereitstellen kann. Zwar fordert die Ampelkoalition das nicht ausdrücklich – aber da es wenig Sinn ergibt, wenn in windarmen Ländern genauso viele Rotoren errichtet werden wie in windreichen, werden die Küstenländer am Ende wohl doch etwas mehr Anlagen bauen lassen müssen als die anderen, damit die Ampel ihr bundesweites Zwei-Prozent-Ziel erreichen kann.

Selbst Minister Albrechts zuständiger Abteilungsleiter hatte kürzlich erklärt: Für Schleswig-Holstein seien „zwei Prozent nicht genug“.

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