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Bahn baut fünf Kilometer lange Lade-Strecke für Akku-Züge durch Flensburg

Bahn baut fünf Kilometer lange Lade-Strecke für Akku-Züge durch Flensburg

Bahn baut fünf Kilometer lange Lade-Strecke für Akku-Züge du

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
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Einer der neuen Nah.sh Akkuzüge auf einer Testfahrt in Velten. Foto: Stadler/shz.de

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Die Bahn möchte zwischen Kiel und Flensburg Züge mit Akkus pendeln lassen – eine Elektrifizierung der ganzen Strecke lohne sich nicht. Für eine Ladestrecke durch Flensburg werden Bäume gefällt.

Elektrisch statt mit Diesel: Die Bahn möchte die Strecke Flensburg-Kiel klimafreundlicher betreiben. Doch eine durchgehende Stromversorgung per Oberleitung sei wirtschaftlich nicht umsetzbar. „Elektrische Triebzüge mit Akkumulatoren (ETA) ermöglichen, trotzdem mit elektrischer Kraft zu fahren“, teilt die Bahn mit.

Die neuen Züge verfügen laut Bahn über Batterien, die auf dem Dach und unter dem Fahrzeug montiert sind. Die Reichweite einer Batterieladung liege im realen Fahrgastbetrieb bei bis zu 150 Kilometern – die Bahnstrecke zwischen Kiel und Flensburg misst etwa 80 Kilometer. Aufgeladen wird der Akku jeweils in den Endbahnhöfen.

Bäume werden für Oberleitungen gefällt

Auf fünf Kilometern Länge bekommen dafür die Gleise vom Flensburger Bahnhof bis nach Tarup Oberleitungen. Auf der Gegenseite kommt dem die Oberleitung von Kiel bis nach Hassee entgegen. Doch ausgerechnet der klimafreundliche Ausbau hat zur Folge, dass in Flensburg auch Bäume gefällt werden mussten. Neben den Gleisen gibt es aus Sicherheitsgründen eine „Rückschnittszone“ von sechs Metern.

Sehr zum Ärger von Heiner Petrowitz aus Tarup. Der Anwohner fragt sich, warum die Elektrifizierung nicht an anderer Stelle gebaut wird, wo weniger Menschen leben und weniger Bäume wachsen. Es gebe auf der Strecke mehrere solcher Abschnitte. „Wir wollen uns nicht gegen die Akku-Versorgung der Züge wenden“, sagt Petrowitz. Er stelle sich lediglich die Frage, warum für einen Fortschritt beim Klimaschutz ein Rückschritt an anderer Stelle in Kauf genommen werden muss.

Für 156 Bäume entlang der Strecke wurde eine Fällgenehmigung beantragt, erklärt Stadtsprecher Christian Reimer. Hinzu kommen noch Bäume, die ohne Genehmigung gefällt werden dürfen. Hierzu wurde zunächst keine Zahl genannt. Für Petrowitz ist die Abholzung ein Unding: „Das sind mehr Bäume als damals beim Bahnhofswald!“, sagt er.

Reimer verspricht, dass 159 Bäume neu gepflanzt werden. Doch der Taruper Anwohner verweist darauf, dass alte Bäume mit ihren großen Kronen und vielen Blättern für den Klimaschutz viel wertvoller seien – und ein Habitat für Tiere bilden.

Doch warum nutzt die Bahn keine bereits baumfreie Strecke? Die Züge brauchen laut Bahnsprecherin für den Ladevorgang eine längere Haltedauer in Kiel und Flensburg, hinzu kommt nun noch die fünf Kilometer lange Ladestrecke, damit der Akku ausreichend „gefüttert“ ist. Weitere Lademöglichkeiten auf der Strecke seien nicht geplant, heißt es seitens der Bahn. An den anderen Haltestellen werde zu kurz gehalten.

Die Fahrpläne seien so gestaltet, dass die Ladezeiten ausreichend sind und jeweils genug Fahrzeit zur nächsten Oberleitung besteht. „Störungsfälle oder Probleme im Betrieb, wie längere außerplanmäßige Standzeiten, können mit einem Akkupuffer aufgefangen werden“, heißt es dazu auf der Seite nah.sh. „Es ist also nicht zu befürchten, dass den Fahrzeugen während der Fahrt der Strom ausgeht.“ Bremsenergie könne der Triebwagen in die Batterie zurückspeisen.

Ab April kommen die Masten

Bevor aber die neuen Züge fahren können, müssen erst die Oberleitungsmasten gesetzt werden – das soll in Flensburg im April losgehen. Von Juli bis August ist dann die Montage der Leitung und ein Berührungsschutz an der Straßenüberführung Kanzleistraße geplant.

Die neuen Akkuzüge wurden nach Angaben des Unternehmens bereits auf der Strecke Kiel-Lübeck getestet und optimiert. „Die Testfahrten gaben Gelegenheit, das sogenannte Fahrerassistenzsystem zu erproben. Ziel war es, optimiert zu fahren, also energiesparend und trotzdem pünktlich“, so die Bahn. Die Einführung der Züge erfolgt indes nicht ganz pünktlich. Eigentlich sollten die Züge bereits Ende 2022 in Betrieb genommen werden. Das verzögert sich aber. Ab „Ende des Sommers“ sollen auf der Strecke Kiel-Lübeck die Akkuzüge regulär fahren. Insgesamt 55 Züge sollen in Schleswig-Holstein die bisherigen Dieselzüge ersetzen.

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