Nachwuchsmangel im Handwerk

Auszubildende, Gesellin, Meister: Wie drei junge Handwerker Karriere machen

Auszubildende, Gesellin, Meister: Wie drei junge Handwerker Karriere machen

Wie drei junge Handwerker Karriere machen

SHZ
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Rabea Thomsen (21), Vincent Kühn (27) und Lena Otzen (21) machen auf unterschiedliche Weise Karriere im Handwerk. Foto: Michael Staudt und Joshua Hirschfeld/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Der Fachkräftemangel ist im Handwerk omnipräsent. Vielen Betrieben fällt es schwer, geeigneten Nachwuchs zu finden. Hier erzählen drei junge Handwerker, warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben und wie sie Karriere machen.

In diesem Artikel erfährst Du:

  • Wie vielfältig Handwerksberufe sind
  • Welche Karrierewege Du im Handwerk gehen kannst
  • Was du für einen Handwerksberuf mitbringen musst

Es ist keine Neuigkeit: Dem Handwerk fällt es schwer, Nachwuchs zu finden. Jahr für Jahr klagen Branchenvertreter wie Betriebe über offen gebliebene Lehrstellen. Für viele Schulabgänger scheint das Handwerk an Attraktivität verloren zu haben. Anlass, mal genauer in die Branche hineinzuhorchen. Warum entscheiden sich junge Menschen für das Handwerk? Wie machen sie dort Karriere? Drei junge Handwerker erzählen, wie sie ihren Weg in den Beruf gefunden haben.

Von der Hauswirtschaft zur Anlagemechanik

Erst über Umwege ins Handwerk gefunden hat Lena Otzen (21). Momentan steckt sie mitten in ihrem ersten Ausbildungsjahr. Im Betrieb H.-U. Schwenkner wird sie zur Anlagemechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ausgebildet. Es ist ein Beruf, der klassisch männerdominiert ist.

In ihrer Klasse in der Eckener Schule ist sie unter 14 Auszubildenden die einzige weibliche, berichtet sie. Es gebe in ganz Flensburg zudem nur eine Handvoll an Frauen, die als Anlagemechanikerin arbeiteten. Lena Otzen stört das nicht. Mit ihren männlichen Schulkameraden und Kollegen käme sie super klar, erzählt sie und ergänzt: „Im Betrieb haben wir eine ganz familiäre Atmosphäre.“

Dass Lena Otzen in der Anlagetechnik landen würde, war keinesfalls von Anfang an der Plan. Nach ihrem Schulabschluss absolvierte sie eine Hauswirtschaftslehre. Vier Jahre verbrachte sie in diesem Bereich, ehe sie für sich zu dem Schluss kam, dass dieser Beruf vielleicht doch nicht der richtige ist. „Ich wollte das einfach nicht mein ganzes Leben lang machen“, erinnert sich die 21-Jährige.

Dass sie dann aber bei H.-U. Schwenkner landete, war purer Zufall, wie sie erzählt. Sie hatte einen Freund kennengelernt, der hier beschäftigt war und sie auf den Beruf aufmerksam machte. Über ein Praktikum fand sie den Zugang zum Betrieb und zur Anlagemechanik und startete wenig später in ihre Ausbildung.

Wem die 21-Jährige den Beruf empfehlen würde? „Es ist etwas für Menschen, die gut in Mathe und Physik sind und die sich natürlich für das Handwerkliche interessieren. Und man sollte Gerüche abkönnen“, fügt sie lachend hinzu. Weil sie auf einem Bauernhof aufgewachsen sei, fiele ihr das zum Glück nicht so schwer.

Über Praktikum und Minijob zum Ausbildungsplatz

Während Lena Otzen noch mitten in ihrer Ausbildung steckt, hat Rabea Thomsen (21) ihre Ausbildung zur Schilder- und Lichtreklameherstellerin vor Kurzem abgeschlossen. Nach zweieinhalbjähriger Lehre wurde sie im Februar von ihrem Ausbildungsbetrieb, dem Werbedesign-Unternehmen „na Logo“, übernommen.

Rabea Thomsens Werdegang zeigt einige Parallelen zu dem Lena Otzens. Auch sie ist erst über Umwege im Handwerk gelandet. „Ich bin da wirklich reingerutscht“, sagt sie. Nach der Schule hatte sie eine Ausbildung im Einzelhandel begonnen. Nach einem halben Jahr stand aber auch für sie fest: Dieser Beruf ist nicht der richtige. Über ein Praktikum und einen Minijob bei „na Logo“ führte ihr Weg schließlich in die Ausbildung zur Schilder- und Lichtreklameherstellerin. „Ich wollte immer das Kreative. Dass man am Ende des Tages sieht, was man geschafft hat. Das war mir ganz wichtig“, erklärt sie.

Entsprechend empfiehlt Rabea Thomsen die Ausbildung auch vor allem solchen, die kreativ sind, denn: „In der Umsetzung kann man immer wieder auch eigene Ideen einbringen.“ Handwerklich begabt solle man natürlich auch sein, wenn es zum Beispiel darum gehe, Schilder zu montieren. Das lerne man aber auch in der Ausbildung. Für die Berufsschule musste die 21-Jährige derweil regelmäßig in Blöcken von zwei Wochen nach Kiel fahren.

12.000 Kilometer pendeln für die Meisterschule

Mit Pendeln kennt Vincent Kühn (27) sich nur zu gut aus. Der Zweiradmechanikermeister ist auf der Karriereleiter schon weit nach oben geklettert. Vor einem Jahr konnte er nach neun Monaten Weiterbildung endlich seinen Meisterbrief in den Händen halten. Teile der Fortbildung absolvierte er in einer Meisterschule in Münster. 12.000 Kilometer habe er in dieser Zeit durch das wöchentliche Pendeln zurückgelegt, schätzt er.

Mit dem Meisterbrief in der Hand bildet Vincent Kühn nun selbst junge Leute aus. Dass er selbst seine Ausbildung in der Zweiradmechanik machen würde, war früh klar. Er habe sich schon immer besonders für Fahrräder und Motorräder interessiert, erzählt er. Die handwerkliche Arbeit sei sein Ding. „Wenn ich jeden Tag irgendwo im Büro sitzen müsste, würde ich kaputtgehen“, sagt der 27-Jährige.

Als Meister das eigene Wissen an junge Menschen weitergeben

Weil Zweirad Braack ein Mischbetrieb ist, kann Vincent Kühn täglich sowohl an Fahrrädern wie auch Motorrädern werkeln. Und kann nun eben sein Wissen an junge Auszubildende weitergeben. Jungen Menschen den schönen Beruf näherzubringen, das sei einer der Gründe dafür gewesen, den Meister zu machen, erzählt er. Einen Azubi bildet er derzeit aus, ein weiterer wird im Sommer dazu stoßen. Drei Bewerbungen hat er für die Stelle bereits erhalten.

Für Vincent Kühn ist entscheidend, dass Betriebe auch selbst auf junge Menschen zugehen. „Wir sind nicht mehr in einer Zeit, in der 20 Bewerbungen reinflattern“, stellt er fest. Betriebe müssten also selbst aktiv werden. Er selbst ist regelmäßig in Schulen unterwegs, stellt sich dort vor und nimmt Fahrradprüfungen ab. Zudem betreut der Betrieb regelmäßig Praktikanten – in der Hoffnung, diese für eine berufliche Zukunft in der Zweiradmechanik zu begeistern.

Zukunftspläne: Von Auslandspraktikum bis Selbstständigkeit

Und wo sehen die drei ihre berufliche Zukunft? Lena Otzen wird in Kürze erst einmal ein Auslandspraktikum absolvieren. Im Mai wird sie für vier Wochen in die irische Hauptstadt Dublin reisen, um dort in einem irischen Betrieb zu lernen. In der Planung wird sie tatkräftig von der Handwerkskammer unterstützt, erzählt sie. Die Handwerkskammer organisiert Auslandspraktikanten zum Beispiel einen Ausbildungsbetrieb und die Unterkunft.

Rabea Thomsen möchte erstmal im Beruf ankommen. Ob sie dann irgendwann einen Meister macht oder sich zum Beispiel im Bereich Mediengestaltung weiterbildet – das lässt sie in Ruhe auf sich zukommen. Fürs Erste gilt für sie: „Es war die beste Entscheidung, hierherzukommen.“

Vincent Kühn ist seit Kurzem Teil des Prüfungsausschusses in Hamburg und nimmt dort Gesellenprüfungen ab. Für die Zukunft hat der junge Meister derweil noch Großes vor: „Mein Traum ist es, mich irgendwann selbstständig zu machen.“

Mehr lesen