Schüleraustausch in Viöl

Austauschschülerin aus Chile: Fer bereichert das Leben der Familie Göttsch

Austauschschülerin aus Chile: Fer bereichert das Leben der Familie Göttsch

Austauschschülerin aus Chilebereichert Familie Göttsch

SHZ
Viöl
Zuletzt aktualisiert um:
Fer (l.) besucht in Chile die Deutsche Schule und kam im Rahmen eines Austauschprogramms nach Nordfriesland. Jule aus Viöl freut sich, für sechs Wochen eine Schwester und Klassenkameradin zu haben. Die beiden unternehmen viel zusammen. Foto: Silke Schlüter/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Familie Göttsch aus Viöl hat für sechs Wochen Austauschschülerin Fer aus Chile bei sich aufgenommen. Für das Familienleben ist es eine große Bereicherung, für das Mädchen eine Erfahrung fürs Leben.

Ein Aufruf im Amtsblatt brachte Stefanie Göttsch im vergangenen Jahr auf die Idee, Anfang 2022 für sechs Wochen eine Austauschschülerin aus Chile bei sich aufzunehmen. Damals hegte die Viölerin noch die Hoffnung, dass sich die Corona-Zahlen bis dahin beruhigt haben werden. Doch das Gegenteil war der Fall und so glaubte sie bis kurz vor Weihnachten nicht daran, dass der Schüleraustausch stattfinden kann.

Lesen Sie auch: Husumer Schüler im Reich der Mitte

Als dann der Stuttgarter Verein Schwaben International mitteilte, dass 38 Schüler des 12. Jahrgangs einer Deutschen Schule in Süd-Chile quasi schon auf dem Weg nach Deutschland seien und eines der Mädchen Anfang Januar nach Viöl kommen werde, musste es plötzlich schnell gehen. „Wir haben ganz schön Gas gegeben, um für die Ankunft unserer Gasttochter alles vorzubereiten“, erinnert sich Stefanie Göttsch an eine aufregende Zeit.

Die erste Woche in Deutschland verbrachten die jungen Chilenen in einem Schullandheim bei Bad Herrenalb. Anschließend trat Maria Fernanda Martinez Araya – kurz Fer genannt – zusammen mit einer Mitschülerin mit dem Zug die weite Reise in den Norden an. Während Martina in Süderhackstedt/Kreis Schleswig-Flensburg unterkam, wurde Fer in Viöl herzlich in Empfang genommen.

Auch interessant: Deutsch-Chilenischer Fotograf stellt bei Lothar Detert im Husumer Haus der Fotografie aus

Fer (17) spricht ein kleines bisschen Deutsch und hat zum Glück keine Probleme damit, morgens sehr früh aufzustehen, denn das ist nötig, um gemeinsam mit Gastschwester Jule (16) in Husum die Berufliche Schule für Gesundheit und Ernährung zu besuchen. Genauso selbstverständlich gehen die beiden nachmittags zum Tennisunterricht oder zur Probe des Akkordeon-Orchesters im Musik Club Viöl.


„Dass Fer sehr selbstständig und unkompliziert ist, hat viel dazu beigetragen, dass alle in der Familie gerne mit ihr zusammen sind“, sagen Arne und Stefanie Göttsch, die schon nach wenigen Tagen feststellen konnten: „Fer bei uns zu haben, ist eine echte Bereicherung für unser Familienleben. Während sonst jeder abends sein eigenes Ding macht, sitzen wir nun stundenlang am Tisch, reden und lachen viel und probieren verschiedene Spiele aus. Auch die Ausflüge, die wir unternehmen, um ihr unser Land zu zeigen, tun uns allen gut.“

Unkompliziert gestaltet sich zum Glück auch das Essen. Vor allem, wenn die Oma von Jule und Jeppe (11) für die ganze Familie traditionelle deutsche Gerichte kocht. Fer probiert grundsätzlich alles. Nur auf Krabben hat sie dankend verzichtet und auch für Lakritz kann sich die 17-Jährige nicht so recht erwärmen.

Valdivias Deutsche Geschichte

Valdivia, Fers Heimatstadt, liegt nahe an der Pazifikküste und zählt rund 150 000 Einwohner. Vor mehr als 170 Jahren siedelten sich dort viele deutsche Einwanderer an und machten die Stadt zum führenden Industriezentrum. Maßgeblich daran beteiligt war der Apotheker und Politiker Carl Anwandter, der 1850 dorthin emigrierte. Er gründete nicht nur Chiles erste Brauerei und die bis heute bestehende Feuerwehrkompanie Germania, sondern auch den Verein Club Alemán und Fers Schule, die nach wie vor seinen Namen trägt: Instituto Alemán Carlos Anwandter. „Deutsche Straßen- und Firmennamen prägen auch heute noch das Gesicht der Stadt“, erzählt sie.

Warum Fer ausgerechnet die Deutsche Schule besucht, kann sie nicht so genau sagen: „Es war der Wunsch meiner Eltern. Meine älteren Geschwister waren auch schon dort“, sagt sie und weiß: „Für die Zukunft ist es besser, wenn man zumindest in bestimmten Arbeitsbereichen der Deutschen Sprache mächtig ist.“

Kein Vereinsleben in Chile

Am Unterricht in Deutschland gefällt ihr, dass er mit Hilfe von Experimenten, Referaten oder Rollenspielen interessant gestaltet wird und die Lehrer weniger streng sind. „Deshalb arbeite ich auch gerne aktiv mit und habe bereits eigene Passagen vorgetragen, die ich gemeinsam mit Jule erarbeitet habe“, sagt sie. Da die Schule in Chile fast immer bis 16 oder 18 Uhr dauert, gibt es dort quasi kein Vereinsleben. Sportaktivitäten werden über die Schule angeboten. „Wir haben eigene Fußball- und Basketballmannschaften. Ich selbst spiele im Volleyball-Team“, erzählt Fer.

Nordfriesland gefällt ihr sowohl von der Landschaft her, als auch von den Menschen, die „alle sehr nett und freundlich sind“, wie sie sagt. Während in ihrer Heimat zurzeit Sommer ist und Temperaturen um 25 Grad herrschen, muss die junge Chilenin hier mit Kälte, Regen und vor allem mit dem ständigen Wind klarkommen. Sie bleibt noch bis zum 24. Februar in Viöl, dann geht es zurück zu den Klassenkameraden, für die vor der Rückkehr nach Chile noch eine kleine Europarundreise auf dem Programm steht.

Reist Familie Göttsch nach Chile?

Bisher gehörte Chile noch nicht zu den Wunschzielen der Familie Göttsch, doch das könnte sich ändern, denn das Buch, das Fer aus ihrer Heimat mitgebracht hat, zeigt atemberaubende Bilder. „Auch der Kontakt zu ihrer Familie ist sehr gut. Ihre Eltern sind Ingenieure und besitzen in Valdivia ein eigenes Haus. Vielleicht ergibt sich ja irgendwann doch die Möglichkeit, sie in Chile zu besuchen“, sagt Stefanie Göttsch.

Mehr lesen

Kommentar

Hannah Dobiaschowski
Hannah Dobiaschowski Projekte / Marketing
„Newcomer-Bandabend: Großer Erfolg und wichtige Jugendarbeit“