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Hertha-Coach Dardai hat Redebedarf - Union bleibt bescheiden

Hertha-Coach Dardai hat Redebedarf - Union bleibt bescheiden

Hertha-Coach Dardai hat Redebedarf - Union bleibt bescheiden

dpa
Berlin
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War nach der Derby-Schlappe bei Union bedient: Hertha-Coach Pal Dardai. Foto: Andreas Gora/dpa

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Derby-Siege können Menschen verändern. Nicht aber Unions Top-Stürmer Awoniyi oder Trainer Fischer. Nur Gott-Glaube und Abstiegskampf zählen für die Eisernen. Hertha-Coach Dardai findet klare Worte.

Der schwerste Gang führte Pal Dardai am Sonntagmorgen in den eigenen Garten. Die Quittung für die Derby-Niederlage bekam der frustrierte Trainer von Hertha BSC gleich vor der Haustür.

«Natürlich ist das viel schlimmer. Ich gehe raus in den Garten und da kommt der Nachbar mit dem Hund, da hört man gleich die böse Kritik», berichtete der Ungar am Sonntag über eine unmittelbare Konsequenz nach dem schmerzhaften 0:2 im Berliner Stadt-Duell am Vorabend beim unaufhörlich aufstrebenden 1. FC Union.

Diese Demütigungen muss Dardai ertragen. Dabei war der Schmerz der Niederlage im eigenen blauen Lager deutlicher vernehmbar als das Triumphgefühl der Sieger aus der glückseligen roten Fußball-Fraktion. Der «Glaube an Gott» sei das einfache wie richtige Rezept, sagte Taiwo Awoniyi, mit 13 Toren alleiniger Bundesliga-Rekordtorschütze der Eisernen. Erfolgscoach Urs Fischer wollte wie der Kapitän und zweite Torschütze Christopher Trimmel immer noch ernsthaft versichern, dass der Klassenerhalt für den Europacup-Starter und aktuellen Fünften der Bundesliga-Tabelle das einzige Ziel bleibe.

«Lasst uns so weitermachen, von Spiel zu Spiel denken. Wieso müssen wir uns irgendwo was aufschwatzen lassen? Ich sage es mal so, das müssen wir nicht, das würde auch nicht zu uns passen», sagte der Schweizer am Sonntag. «Wir stehen für was, und für das, was wir stehen, sind wir gut gefahren», meinte Fischer. Derby-Fieber? Nein. «Ich war gegen elf Uhr im Bett», sagte der Erfolgscoach.

Hertha immer näher Richtung Abstiegsplätze

Dieser maximale und langsam irritierend wirkende Zweckpessimismus des Lokalrivalen mag Dardai wie Hohn in den Ohren klingen. Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, hat er aber nicht. Er selbst steckt nach einem Saisondrittel auf Platz 13 und mit nur drei Punkten Polster auf den Relegationsrang nämlich wirklich im Abstiegskampf. So weit gehen die Realitäten in der geteilten Fußball-Hauptstadt auseinander.

Am Sonntag hatte man in Köpenick einen süßen Fußball-Festtags-Kater. In Charlottenburg herrschte noch Schonzeit. «Heute lasse ich die Spieler in Ruhe, das bringt nichts», sagte Dardai. Die Analyse startet mit zeitlichem Anlauf. «Dann müssen wir einen ehrlichen Dialog führen, dann sind wir ehrlich und direkt», sagte der Ungar.

Dardai sollte sich mit seinem Chef Fredi Bobic absprechen. Mit ernster Miene und schnellem Schritt hatte der Geschäftsführer das Stadion An der Alten Försterei verlassen. Seine Ausführungen am Sky-Mikrofon ließen nichts Gutes für die Hahohe-Delegation erwarten. «Dieses Spiel hat mir unheimlich viele Erkenntnisse gegeben», sagte Bobic. «Auch für die Planungen in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren.» Wer Bobic kennt, weiß, es wird Konsequenzen geben.

Klarer Machtverhältnisse

Die Jubel-Chöre der Union-Fans verfolgten Bobic hinein in die Berliner Nacht. «Stadtmeister» und «Berlins Nummer eins», da gibt es nichts dran zu deuteln, das ist der 1. FC Union. Selten hat ein Fußballspiel genügt, um die lokalen Machtverhältnisse so klar zu dokumentieren, wie es das erste Berliner Derby mit Zuschauern in der Corona-Pandemie getan hat.

Union, das ist eine in sich gefestigte Mannschaft, mit System und Charakter, technisch nicht ausgefeilt, aber gnadenlos effektiv. Die Hertha hingegen ist immer noch eine wankelmütige und unsichere Zusammenstellung von Spielern ohne erkennbare Ausrichtung und ohne Courage. Dardai beschrieb seine Spieler am Sonntag als Kinder, die von den Eltern noch nicht alleine mit dem Fahrrad zur Schule gelassen werden könnten. Alles halt noch ziemlich wacklig.

Für Dardai waren aber nicht System oder Disziplin die Ursachen. Sondern eine unfassbar schlechte Angriffsleistung. Ein Derby ohne echte Torchance, da rebellierten sogar die eigenen Fans am Stadionzaun und warfen den als blaue Kämpfer eigentlich noch verehrten Kevin-Prince Boateng und Davie Selke die angebotenen Trikots wieder vor die Füße. Alles sei «richtig scheiße», so Boateng, das dürfe man ruhig mal sagen.

Dardai: Union mit «Wirbelsäule»

Union habe eine «Wirbelsäule», beschrieb Dardai recht anschaulich den Unterschied beider Teams. Dem Club-Urgestein bleibt als Übungsleiter schon wieder nichts anderes übrig, als auf eine Entwicklung zu setzen, die unter seiner Leitung einfach nicht erkennbar eintreten will. «Ich muss nicht viel rumlabern, sondern einfach dem Gegner gratulieren», sagte Dardai - auch wenn das natürlich «schmerze».

Und Union: Erstmal genießen, sagte Fischer nach dem ersten Derby-Sieg seit zwei Jahren. Und dann will er sich eine Strategie für den Europacup-Auftritt bei Maccabi Haifa am Donnerstag überlegen. Bislang mussten sich die Eisernen in dieser Saison in der Bundesliga nur Bayern München und Borussia Dortmund beugen. Aber: «Es gilt nach wie vor viel aufzuwenden, um sich zu belohnen, jeden Punkt musst du dir hart erarbeiten», sagte Fischer. Man tue gut daran, sich «seine Demut und Bescheidenheit» zu bewahren, betonte der Schweizer. Bobic und Dardai wussten sicherlich ziemlich genau, was er damit meinte.

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