Leben

Welin lief für Gott und die Menschen nach Israel

Welin lief für Gott und die Menschen nach Israel

Welin lief für Gott und die Menschen nach Israel

Sonderburg/Sønderborg
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Hans Henrik Welin am Strand von Sonderburg Foto: Karin Riggelsen

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Der Sonderburger Hans Henrik Welin hat viel erlebt. In einem Gespräch mit dem „Nordschleswiger" berichtet er, wie ein Guru sein Leben einst negativ beeinflusste, und welch himmlischer Besuch in seiner Werkstatt ihn nach 25 Jahren von dem Alptraum erlöste.

Für den Sonderburger Hans Henrik Welin wurden die Gespräche für das vor kurzem erschienene Hippie-Buch von Claus Carstensen und Inger Enemark „Da Aldous Huxley kom til Sønderborg“ etwas, das vieles von früher wieder in ihm aufwühlte. Im Koffer des Künstlers liegen haarsträubende, aber auch fantastische Erlebnisse, die eigentlich reif für einen Film von Steven Spielberg wären.

Hans Henrik Welin hat es einst als junger Mann in der Hippie-Zeit nicht einfach gehabt. „Ich hatte einmal sehr steile Vorstellungen, um ganz nah an einen Guru zu gelangen“, wie der heute 69-Jährige feststellt. Um diesen Guru wieder loszuwerden, hat er viele Jahre lang gebraucht.

Gute Freunde

Hans Henrik Welin, der Sohn eines Ingenieurs von Danfoss, fand mit 7 Jahren einen  guten Freund. Lasse Bjerregaard war der Sohn des Redakteurs von „Sønderjyden“. Die beiden Jungen – sie wohnten lediglich ein paar Häuser voneinander entfernt – verbrachten alle freien Stunden miteinander. Sie tollten durch die Wälder und bauten als Indianer verkleidet Höhlen. Mit Lasse konnte Hans Henrik immer etwas anstellen.

Im Sommer 1973 studierte Welin nach seinem Abitur Architektur in Kopenhagen und Lasse Bjerregård, der sehr belesen und religionsmäßig experimentierfreudig war, hatte einen Plan: er wollte zur Halbinsel Gyllingnæs, zum indischen Guru Swami Narayanananda. Welin fuhr mit seinem besten Jugendfreund nach Mitteljütland.

Guru war ein Zauberer

Das sollte kein gutes Erlebis werden. „Der Guru war ein Zauberer der Geister, und er bewertete die Menschen. Für mich war es wohl eher eine besondere Art der Gehirnwäsche. Der Guru war der, der mich weg von dem Wahren führte“, so Welin heute. Er wollte den Mönch aus dem Himalaya damals entlarven. Aber er hat dem jungen Mann aus Sonderburg damals solche Angst gemacht. Trotz seiner wachsenden Skepsis wurde Welin in Gyllingnæs der Jünger Visvanath.

 

Hans Henrik Welin mit einigen seiner vielen Postkarten, die er den Eltern bei seinem Lauf nach Israel schickte. Foto: Karin Riggelsen

Welins Kontakt zu dem Mönch, dem falschen Propheten, wie er ihn nennt, und der Religion des Ostens hätten ihm fast den Kontakt zu seinen verzweifelten Eltern gekostet und nach sechs Jahren Studium durfte er sein Studium als Architekt nicht abschließen. Das wurde ihm an der marxistischen Lehranstalt in Kopenhagen schlichtweg verweigert.

Weg von Gyllingnæs

Von der Sekte auf Gyllingnæs verabschiedete sich der Skeptiker Welin nach einem gewalttätigen Erlebnis, wo er mit Fäusten ins Gesicht geschlagen wurde.

„Der Guru hat mich von den Freunden weggeleitet. Ich hatte keinen Kontakt zu anderen Menschen und war asozial. Wollte ich schlafen, musste ich meditieren. Ich war nahe an einem nervösen Breakdown. Ich begann deshalb zu Gott zu beten – ich war richtig weit unten. Aber ich wollte zurück“, so Welin, der mit schweren Angstvorstellungen zu kämpfen hatte. Ein kurzer Aufenthalt im Nervensanatorium in Augustenburg zur Observation half ihm wenig.  

Problemen davonlaufen

Ihn kostete die Hippie-Zeit – LSD und Haschisch gehörten auch zu den ungestümen Jahren – und der Guru viele Jahre seines Lebens. Was tut ein junger Mann, der überall zwischen den Stühlen steht und eigentlich nirgendwo richtig hineinpasst?

Welin bekam in Sonderburg einen Job als Tiefbauarbeiter, und seine schweißtreibende Arbeit führte ihn zu einem neuen Plan. „Man muss kämpfen und stark sein und sich nicht mit Medizin passivieren lassen", so Welin. Um den Guru loszuwerden, wollte er nach Israel laufen. Sein Training waren nach der Arbeit Läufe im Sønderskoven. 40 Kilometer mit mehr und mehr Gepäck auf dem Rücken. „Ich wurde ein Cross County Läufer“, wie er erklärt.

Hans Henrik Welin Foto: Karin Riggelsen

Das Laufen wurde für ihn die rechte Medizin: Er überwand den Stress mit dem Guru.

Er war 32 Jahre alt, als er sich von seinen Eltern verabschiedete und losrannte. Er übernachtete auf Bauernhöfen oder in der Natur und schickte seinen Eltern jeden zweiten Tag eine handgemalte Postkarte. Über Syrien gelangte Welin nach Tausenden von Kilometern zu seinem Ziel. Was sich später zeigte: Welin hatte wochenlang Gelbsucht gehabt und war trotzdem weitergelaufen.

Ein sehr gutes Gefühl

„Ich lief für Gott und die Menschen. Das war ein sehr großes und gutes Gefühl“, wie er heute noch feststellt. Vier Paar Schuhe hat er damals verschlissen, um via Bulgarien zu Gideons Hügeln, Nazareth und Jerusalem zugelangen. Anschließend lief er weiter zu Freunden beim See Genezareth. In einem Bauernhof half er bei den praktischen Aufgaben.

In Israel verbrachte er dreieinhalb Jahre. Wenn das Visum auslief, musste Welin wieder nach Dänemark. Ein Bauer bot ihm seine Tochter als Ehefrau an. Daran war er nicht interessiert,und die brennende Sonne machte ihm ebenfalls schwer zu schaffen. Deshalb verabschiedete Welin sich schweren Herzens von Israel.

Hans Henrik Welin in den Schanzen Foto: Karin Riggelsen

Ein Malausflug zu den Färöern hätte ihm fast das Leben gekostet. In Klaksvig setzte sich Welin in einen Wagen zu einem Mann, der aber die Kontrolle über sein Auto verlor. der Wagen rollte in den Hafen und sank  ab. Nach wenigen Sekunden lag der Wagen in zehn Meter Tiefe – und dort wusste Welin, dass er noch nicht sterben wollte. Er konnte gerade noch mit eigener Kraft sein Fenster öffnen und sich hinauspressen. Welin überlebte – der Färinger starb.

Das Treffen mit Jesus

Hans Henrik Welin traf seine Frau, die Kleidungsdesignerin Anne, und stiftete eine Familie. Er kommt aus einer richtigen Künstlerfamilie und malt seit eh und je. So hat er seit 40 Jahren auch eine Bilderwerkstatt im Sønderborghus arrangiert.

Einen Job fand er in Krusau, wo er bei „Meesenburg“ Möbel restaurierte und wieder herrichtete. 1995 dachte er oft an Jesus. Er saß auf seinem kleinen Schemel vor einer Kommode, wo er gerade an einer Kante für eine Schublade arbeitete, als er die Schritte mehrerer Personen vor seiner Werkstatt hörte.

Himmlischer Besucher

„Plötzlich kam Jesus durch die Wand und stand lebendig vor mir in der Werkstatt. Das stimmt. Sein wunderbares schönes Gesicht, das wir alle kennen, sein langes Haar und der Bart. Er hatte ein wundervolles, aber gedämpftes Licht um sich herum, und war so lebendig wie ich selbst, abgesehen davon, dass er der Gott des Himmels war und ich voller Freude dachte: Jesus, das ist Jesus.“ So beschreibt Welin die Ankunft des ganz besonderen Gasts im Buch.

Unter anderem diese Postkarten schickte Welin den Eltern in Sonderburg Foto: Karin Riggelsen

„Er war so unglaublich schön, und er stand einfach im Raum. Ich habe mich auf den Fußboden gesetzt und mich verbeugt. Da wurde ich eins mit der Liebe. In der Liebe bekommt man Energie und eine Lust auf das Leben“, wie der Künstler erklärt. Als Welin einen Kollegen hinzuholen wollte, hatte er Angst, dass der vornehme Besuch verschwindet. Aber Jesus blieb noch eine Weile. Einmal drehte Jesus sich um und meinte zu dem draußen stehenden Gefolge: „Ihm fehlt nichts.“ Hans Henrik Welin war glücklich.

Welin war zu Hause

Jesus kam zu ihm hin, schaute sich die Kommode an und meinte: Ich habe gehört, dass hier in der Werkstatt tolle Sachen gemacht werden.

Hans Henrik Welin Foto: Karin Riggelsen

„Ich fühlte mich geborgen, zu Hause – ich hatte alles“, erklärte Hans Henrik Welin im Buch von Claus Carstensen und Inger Enemark. Plötzlich war Jesus wieder verschwunden.

Sein Erlebnis von 1995 hat Hans Henrik Welin viel gelehrt. „An dem Tag wurde ich wiedergeboren. Es war das Ende einer Reise, die 25 Jahre gedauert hatte. Dort hörten die Nachwirkungen der Hippiezeit auf. Das Schlechte musste ich nicht mehr bekämpfen“, stellt er fest.

Das Gute hat alles ermöglicht

Hans Henrik Welin ist heute ein dankbarer Mensch. Sein Sohn Andreas ist ein anerkannter Künstler, der heute in Kopenhagen lebt. Wer in Sonderburg über die Christian-X.-Brücke fährt, sieht eines von Andreas Welins großen Wandmalereien – eine Ringreiterin auf dem Pferd.

„Ich habe eine liebe Frau, zwei tolle Jungen, ein großes Haus und ein glückliches Leben, das ich wertschätze. Fragst du mich, was ich bereut habe, dann sage ich: LSD- und Meskalin-Tripps. Ich habe ein spannendes und gutes Leben gehabt. Die dunklen Dinge haben die Geschichte geformt, aber es waren meine guten Seiten, die alles ermöglicht haben“, so der 69-Jährige.

Als Hippie (oder im deutschsprachigen Raum Blumenkind) bezeichnet man ein Mitglied der in den 1960er Jahren in Amerika entstandenen großen gegenkulturellen Jugendbewegung, für die unter anderem Naturverbundenheit, Konsumkritik sowie der Bruch mit den damals gängigen Lebens- und Moralvorstellungen im Sinne einer friedlicheren und humaneren Welt zentral war.

Die Hippiebewegung fand ihren gesellschaftspolitischen Höhepunkt in der Friedensbewegung gegen den Vietnamkrieg und prägte dabei das Motto Make love, not war  („Macht Liebe, nicht Krieg“). Später ging sie in den alternativen Bewegungen sowie einer Vielzahl von neuen Subkulturen und Szenen auf, u. a. der Goa- und der Punk-Szene.

Sie hatte einen großen Einfluss auf das Denken und Handeln der heutigen Welt, so beförderte sie bedeutend die sexuelle Revolution, den Umweltschutz, Antirassismus sowie die allgemeine Auflösung der damals gängigen autoritären Machtstrukturen in Familie und Gesellschaft. Auch mit ihrem Stil beeinflusste die Hippie-Bewegung stark alle Aspekte der Mainstream-Kultur, darunter Mode, Film und Musik (siehe z. B. die erfolgreichste Band der Musikgeschichte, die Beatles).

Quelle: Wikipedia

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