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Zeugin im Dreifachmord-Prozess: «Es lag einfach in der Luft»

Zeugin im Dreifachmord-Prozess: «Es lag einfach in der Luft»

Zeugin im Dreifachmord-Prozess: «Es lag einfach in der Luft»

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Justizbeamte bringen den Angeklagten (3.v.l.) in Handschellen in den Sitzungssaal. Foto: Marcus Brandt/dpa

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Eifersucht, Trennung, Gewalt und schließlich ein neuer Mann. Zeugenaussagen über eine gescheiterte Ehe lassen erkennen: Der mutmaßliche Dreifachmord eines Zahnarztes bahnte sich offenbar lange an.

Im Prozess um den mutmaßlichen Dreifachmord eines Zahnarztes aus Westensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde) haben am Montag Freundinnen der getöteten Ehefrau ausgesagt, dass sich die Taten offenbar lange anbahnten. Wie andere Zeugen zuvor auch berichteten die drei Frauen vor dem Kieler Landgericht über das Scheitern der Ehe, Seitensprünge und Gewalttätigkeit des Angeklagten, die zur endgültigen Trennung der Ehefrau geführt habe.

Der Angeklagte habe das aber nicht akzeptieren und die 43-Jährige zurückhaben wollen, sagte eine der Zeuginnen. Die Ehefrau und ein ebenfalls ermordeter gemeinsamer Bekannte des Ehepaars hätten sich massiv von dem 48-Jährigen bedroht gefühlt und um ihr Leben gefürchtet, sagte sie.

Der Angeklagte habe nicht hinnehmen wollen, dass sich seine Frau mit den vier Kindern von ihm getrennt habe, berichtete die 56-Jährige. Er sei extrem eifersüchtig gewesen, obwohl sie - die Zeugin - ihn immer mal wieder mit fremden Frauen gesehen habe. Er habe seine Frau und die Familie zurückgewollt. Dabei habe er sich als Opfer dargestellt, sagte sie. Sie habe den Angeklagten aufgefordert, mit der Stalkerei seiner Frau aufzuhören und den vier minderjährigen Kindern ein verlässlicher Vater zu sein.

Dass seine Frau sich auf einem Dating-Portal angemeldet habe, sei für den Angeklagten eine rote Linie gewesen, die die 43-Jährige überschritten habe. Er sei sehr aufgeregt gewesen und habe gefragt: «Muss erst etwas passieren?» Die Ehefrau schrieb ihr demnach, ihr Mann habe gedroht, «Hund, Pferde, Kinder, sie und sich selbst zu erschießen», sagte die Zeugin. «Ich hatte Angst, dass er durchdreht», sagte sie.

Die 43-jährige Ehefrau und der ebenfalls ermordete gemeinsame Bekannte hatten den Aussagen zufolge große Angst vor dem angeklagten Deutschen und dessen Waffen. «Alle haben gewusst, dass er Waffen  hat», sagte eine der Freundinnen vor Gericht. «Was macht ihr, wenn der Irre mit 'ner Wumme auftaucht?», habe der Bekannte vor einem geplanten Osterfeuer gefragt.

Der 52-Jährige habe ihr erzählt, dass der Angeklagte ihn anscheinend im Verdacht hatte, nach der Trennung was mit seiner Frau zu haben und ihn wüst beschimpft. «Jetzt hast Du endlich, was Du willst», habe der Zahnarzt ihm gesagt und: «Ich mach Dich fertig und Geld kriegst du von mir auch nicht.»

Laut Anklage machte der Zahnarzt den Elektriker für das Scheitern der Ehe verantwortlich. Der 52-Jährige hatte die Praxisräume des Angeklagten elektrifiziert. Die Rechnung dazu war Zeugenaussagen zufolge noch offen. Insgesamt soll der Zahnarzt hochverschuldet gewesen sein. Er habe aber seine Praxis nicht verkaufen wollen, auch weil er den Erlös mit seiner Frau hätte teilen müssen.

Am 19. Mai 2021 soll der Angeklagte zuerst seine von ihm getrennt lebende Ehefrau und deren neuen Bekannten in Dänischenhagen und danach in Kiel den Elektriker erschossen haben. Mit einer der Tatwaffen stellte er sich am Abend in Hamburg der Polizei. Die Staatsanwaltschaft stuft alle Taten als Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen ein. Das Urteil wird am 30. März erwartet.

Als eine der Zeuginnen am Tattag in Kiel von den Morden hörte, kam für sie nur einer als Täter in Frage: «Ich wusste sofort, dass er es ist. Es lag einfach in der Luft», sagte die Frau vor Gericht.

Damals schloss man in ersten Meldungen über die Taten einen Amoklauf nicht aus, ein ganzes Viertel von Kiel wurde deshalb zeitweise von einem Großaufgebot der Polizei abgeriegelt.

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. Dann soll auch der Scheidungsanwalt der Ehefrau gehört werden. Auch er fühlte sich nach eigenen Angaben von dem Angeklagten bedroht und fürchtete um seine Mandantin, für die er gerade die Gewaltschutzanordnung gegen ihren Mann verlängert hatte. 

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