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Tschentscher am 6. Mai vor «Cum-Ex»-PUA: Urteil in Bonn

Tschentscher am 6. Mai vor «Cum-Ex»-PUA: Urteil in Bonn

Tschentscher am 6. Mai vor «Cum-Ex»-PUA: Urteil in Bonn

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Peter Tschentscher (SPD). Foto: Marcus Brandt/dpa

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Ein Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft soll eine mögliche politische Einflussnahme fürhrender SPD-Politiker auf eine in die «Cum-Ex»-Affäre verstrickte Privatbank klären. Auch der heutige Bürgermeister soll aussagen. Derweil wird in Bonn Recht gesprochen.

Bürgermeister Peter Tschentscher soll am 6. Mai vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft (PUA) zum «Cum-Ex»-Skandal aussagen. Nach Terminunstimmigkeiten im Ausschuss habe sich das Gremium nun auf dieses Datum verständigt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus PUA-Kreisen. Zuvor hatte der NDR darüber berichtet. Der Ausschuss soll einen möglichen Einfluss führender Hamburger SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der in den «Cum-Ex»-Skandal verwickelten Warburg Bank klären.

Hintergrund sind Treffen von Tschentschers Vorgänger, dem heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), mit den Mitinhabern der Bank, Max Warburg und Christian Olearius, in den Jahren 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals schon Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Nach den ersten Treffen hatte das Finanzamt für Großunternehmen 2016 mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verzichtet. Eine weitere Forderung in Höhe von 43 Millionen Euro wurde 2017 erst auf Anweisung des Bundesfinanzministeriums vor der drohenden Verjährung erhoben. Tschentscher war damals Finanzsenator.

Scholz hat bereits vor dem Ausschuss ausgesagt und angegeben, sich an die Treffen mit Warburg und Olearius nicht mehr erinnern zu können, jede Einflussnahme aber ausgeschlossen. Auch Tschentscher hat bereits mehrfach erklärt, dass es keinen politische Einfluss auf die Entscheidungen des Finanzamtes gegeben habe.

Bei «Cum-Ex»-Geschäften ließen sich Finanzakteure mit einem ausgeklügelten Verwirrspiel von Finanzbehörden Kapitalertragssteuer erstatten, die nie gezahlt wurde. Dafür wurden Aktien mit («cum») und ohne («ex») Dividendenanspruch in großen Paketen rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben, bis keiner mehr einen Überblick hatte. Die Gewinne wurden aufgeteilt. Die Warburg Bank hat zwischenzeitlich 176 Millionen Euro an den Fiskus gezahlt, versucht aber, das Geld auf juristischem Wege zurückzuholen.

Am Mittwoch wurde ein früherer Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Privatbank M.M. Warburg vom Landgericht Bonn wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Der 63-Jährige soll mit den Geschäften, in die er involviert war, für einen Steuerschaden von 109 Millionen Euro gesorgt haben. 

Mit dem Schuldspruch blieb das Gericht deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die für sieben Jahre Haft plädiert hatte. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe für angemessen gehalten. Bei der Strafzumessung habe die Kammer das umfassende Geständnis des Angeklagten berücksichtigt, sagte eine Gerichtssprecherin (Aktenzeichen 62 KLs 3/20).

Das Bonner Landgericht und die Kölner Staatsanwaltschaft spielen bei der Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte eine zentrale Rolle, weil das Bundeszentralamt für Steuern seinen Sitz in der ehemaligen Bundeshauptstadt hat. An dem Landgericht fand 2019 und 2020 der erste Cum-Ex-Strafprozess statt, der mit einem Schuldspruch gegen zwei ehemalige Aktienhändler endete. Ein weiteres Bonner Verfahren mündete später ebenfalls in der Verurteilung eines Angeklagten.

Milan Pein, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion und Obmann im PUA, nannte das jüngste Urteil konsequent, da es «sehr deutlich macht, dass Cum-Ex-Geschäfte schwere Verbrechen sind». Die Beteiligten müssten sich ihrer strafrechtlichen Verantwortung stellen. «Klar ist aber auch, dass das Warburg-Verfahren nur ein Anfang ist: Justiz und Ermittlungsbehörden müssen weiterhin allen Spuren nachgehen, damit die massiven Betrügereien der Geldinstitute aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.»

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