Schleswig-Holstein & Hamburg

Nicht zum Spachteln: 23 Tonnen Kokain gefunden

Nicht zum Spachteln: 23 Tonnen Kokain gefunden

Nicht zum Spachteln: 23 Tonnen Kokain gefunden

dpa
Hamburg
Zuletzt aktualisiert um:
Das Blaulicht an einem Polizeiauto leuchtet. Foto: Patrick Pleul/dpa/Symbolbild

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Von wegen Spachtelmasse: Bei Kontrollen in Hamburg und Antwerpen haben Zollfahnder ein ganz anderes weißes Pulver in Rekordmenge entdeckt. Damit muss die organisierte Kriminalität Verluste in mehrfacher Milliardenhöhe hinnehmen.

Die bislang für europäische Verhältnisse unvorstellbare Menge von über 23 Tonnen Kokain haben Zollfahnder in Hamburg und Antwerpen sichergestellt. Allein im Hamburger Hafen hätten die Beamten am 12. Februar mehr als 16 Tonnen Rauschgift in fünf Containern aus Paraguay entdeckt, teilten das Zollfahndungsamt und die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in der Hansestadt mit. Es handele sich um die größte jemals in Europa sichergestellte Kokainmenge. Auch weltweit gehöre diese Menge zu den größten Einzelsicherstellungen.

Im Rahmen der Ermittlungen hätten die Behörden im belgischen Hafen Antwerpen am Sonntag noch einmal mehr als 7,2 Tonnen beschlagnahmt. Am Mittwochvormittag sei in den Niederlanden ein Mann aus Vlaardingen bei Rotterdam festgenommen worden. Der 28-Jährige sei verdächtig, für die Einfuhr der insgesamt über 23 Tonnen Kokain verantwortlich zu sein. Die enorme Menge an Kokain hätte nach Angaben des Zollfahndungsamts im Straßenverkauf mehrere Milliarden Euro eingebracht.

Zum Vergleich: Die gesamte Menge an Kokain, die die deutschen Behörden im Rekordjahr 2019 sicherstellten, belief sich auf gut zehn Tonnen. Für 2020 erwarten Bundeskriminalamt und Zoll ein ähnliches Ergebnis. Den bislang größten Einzelfund in Deutschland hatten Beamte im Juli 2019 im Hamburger Hafen gemacht. Damals entdeckten die Zöllner 4,5 Tonnen Kokain mit einem Straßenverkaufswert von rund einer Milliarde Euro. Versteckt waren die Drogen in 211 schwarzen Sporttaschen. Vor Gericht gilt bereits der Besitz von mehr als 99 Milligramm Kokain als nicht geringe Menge, die eine Bestrafung zur Folge haben kann, wie aus einem Papier des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hervorgeht.

Im aktuellen Fall hätten mehrere europäische Zollbehörden zunächst eine aufwändige Risikoanalyse gemacht, hieß es. In der Containerprüfanlage des Zolls in Hamburg-Waltershof seien die fünf Container untersucht worden. Angeblich sollten sie Dosen mit Spachtelmasse enthalten. Tatsächlich seien einige direkt hinter der Containertür damit befüllt gewesen. Doch dann stießen die Beamten auf über 1700 Blechkanister, die jeweils acht Kokainpakete mit mehr als 9 Kilo Gewicht enthielten.

Der festgenommene 28-Jährige sei der Inhaber einer Firma in den Niederlanden gewesen, an die die Lieferungen gehen sollten, sagte der Leiter des Zollfahndungsamts Hamburg, René Matschke. Die Firma sei erst vor einem Jahr gegründet worden, «vielleicht nur für diesen Zweck». Die Sicherstellung werde wahrscheinlich Auswirkungen auf den Preis und die Verfügbarkeit der Droge sowie auf die Struktur der Hintermänner haben. «Die dahinterstecken werden von der Sicherstellung nicht begeistert sein», vermutete Matschke.

Zum neuen Rekordfund erklärte der für den Zoll zuständige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Rolf Bösinger: «Mit diesem Schlag gegen die organisierte Rauschgiftkriminalität - auch dank der vorbildlichen Zusammenarbeit mit den europäischen Partnerbehörden - hat der deutsche Zoll seine Schlagkraft erneut eindrucksvoll bewiesen.» Die weiteren Ermittlungen würden im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hamburg und in enger Abstimmung mit den niederländischen Kollegen durch das Zollfahndungsamt Hamburg geführt. Die Hamburger Staatsanwaltschaft sei bislang nur im Rahmen der Rechtshilfe tätig geworden, sagte eine Sprecherin.

In den Niederlanden führte unterdessen eine weitere internationale Ermittlungsoperation zur Beschlagnahmung von 1,5 Tonnen Heroin. Es handle sich um einen der größten Heroin-Funde in der Geschichte Europas, wie die National Crime Agency (NCA) in London am Mittwoch mitteilte. In Großbritannien hätten damit auf der Straße etwa 150 Millionen Pfund (174 Millionen Euro) erzielt werden können, hieß es in der Mitteilung der NCA. Beschlagnahmt wurde das Heroin demnach am 9. Februar am Hafen von Rotterdam, versteckt in einem Container mit Himalaya-Salz. Fünf Männer seien in Verbindung mit dem Drogenfund festgenommen worden.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, vermutete, «dass wir wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges sehen». Die Sicherheitsbehörden müssen personell und strukturell in die Lage versetzt werden, das Thema Organisierte Kriminalität besser anzugehen. «Des Weiteren muss die Bekämpfung der Geldwäsche höchste Priorität haben, um eine Infiltrierung legaler Wirtschaftsbereiche durch Kriminelle zu unterbinden.»

Mehr lesen