Massaker

Innensenator gedenkt der Opfer des Massakers von Józefów

Innensenator gedenkt der Opfer des Massakers von Józefów

Innensenator gedenkt der Opfer des Massakers von Józefów

dpa
Józefów (dpa/lno) -
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Andy Grote (SPD), Senator für Inneres. Foto: Marcus Brandt/dpa/Archivbild

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Seit über 20 Jahren fahren junge Hamburger Polizisten und Polizistinnen ins polnische Józefów, um der Opfer eines Massakers zu gedenken. Hamburger Polizeikräfte haben dies dort in der Nazizeit angerichtet. Zum 80. Jahrestag ist auch der Innens...

Erstmals in Anwesenheit eines Hamburger Innensenators ist im südostpolnischen Józefów den weit über 1000 Opfern eines Massakers gedacht worden, das Angehörige einer Hamburger Polizeieinheit dort im Zweiten Weltkrieg angerichtet haben. Am Mittwoch legten Innensenator Andy Grote und die für auswärtige Angelegenheiten zuständige Staatsrätin Almut Möller in einem Wald gemeinsam mit Angehörigen von Opfern und Vertretern der Stadt einen Kranz nieder. Dort hatten Angehörige des Hamburger Reserve-Polizeibataillons 101 nach der Einnahme der Stadt durch die deutsche Wehrmacht vor genau 80 Jahren rund 1500 jüdische Kinder, Frauen und Männer erschossen.

An einer Gedenkfeier vor der ehemaligen Synagoge der Kleinstadt nahmen laut Innenbehörde rund 300 Menschen teil, darunter Vertreter der Kirchen und der jüdischen Gemeinde. Auch Opferangehörige aus Israel und New York seien dazu nach Józefów gekommen.

«Diese Reise ist eine harte und schmerzhafte Konfrontation mit dem Ausmaß an Unmenschlichkeit, zu dem Menschen fähig sind», sagte Grote. «Dass junge Polizistinnen und Polizisten seit mehr als 20 Jahren hierher kommen, macht sie stärker und immuner gegen jede Form von Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit.»

Mit Grote war eine zwölfköpfige Delegation der Polizei nach Józefów gereist. Schon seit 2001 bietet die Polizei Hamburg jährlich eine Gedenkstättenfahrt für Nachwuchskräfte an.

«Im Wissen um die Gräueltaten der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg und in der Verantwortung, die Erinnerung an diese Verbrechen wach zu halten, bin ich dankbar, dass wir heute gemeinsam an einem starken Europa arbeiten», sagte die Hamburger EU-Beauftragte Möller. Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sei dies umso wichtiger. Józefów liegt knapp 50 Kilometer Luftlinie von der ukrainischen Grenze entfernt.

Bereits am Dienstag hatte die Hamburger Delegation das frühere deutsche Konzentrationslager Majdanek am Rande von Lublin besucht, das als erstes KZ im Jahr 1944 von der Roten Armee befreit wurde.

Nach Angaben der Akademie der Polizei Hamburg ist das Massaker von Józefów das erste und bis heute am besten dokumentierte Verbrechen des Reserve-Polizeibataillons 101.

Den Erkenntnissen von Historikern zufolge trieben Angehörige des Bataillons am frühen Morgen des 13. Juli 1942 Kinder, Frauen und Männer auf dem Marktplatz zusammen, nachdem sie den Befehl erhalten hatten, alle jüdischen Einwohner von Józefów zu töten. Bis auf rund 300 arbeitsfähige Männer, die als Zwangsarbeiter deportiert werden sollten, hätten die deutschen Polizisten die Menschen dann in das nahe gelegene Waldstück gebracht und dort der Reihe nach erschossen. Das Massaker dauerte den Angaben zufolge bis in den Abend. Die Leiche seien liegen gelassen worden.

Nur wenige Männer der Einheit hätten zuvor von dem Angebot des Kommandeurs Gebrauch gemacht, sich von den Erschießungen ohne weitere Konsequenzen freistellen zu lassen, hieß es. Insgesamt sollen Angehörige des Hamburger Bataillons während des Zweiten Weltkriegs Schätzungen zufolge mindestens 8000 Menschen ermordet haben und an mindestens 30 000 weiteren Morden und der Deportation von rund 50 000 Menschen in die NS-Vernichtungslager beteiligt gewesen sein.

Polizeibataillone waren den Angaben zufolge während der Nazi-Zeit Kampfeinheiten der NS-Ordnungspolizei von je 500 Mann, die sich aus Polizisten, aber auch Freiwilligen und Reservisten älterer Jahrgänge zusammensetzten, die für den Kriegsdienst meist zu alt waren.

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