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IfW-Präsident kritisiert deutsches Krisenmanagement

IfW-Präsident kritisiert deutsches Krisenmanagement

IfW-Präsident kritisiert deutsches Krisenmanagement

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Foto: Frank Molter/dpa

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Der neue IfW-Präsident ist ein Freund klarer Worte: Schularick moniert deutlich den Umgang Deutschlands mit Krisen. Vom Ministerpräsidenten bekommt er ein besonderes Angebot.

Der Ökonom Moritz Schularick hat den Umgang Deutschlands mit Krisen bemängelt. «Deutschland ist nicht gut im Krisendenken, Deutschland ist nicht gut im Krisenmanagement», sagte der neue Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) am Donnerstag bei einem Festakt zu seiner Amtseinführung mit Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Als Beispiel nannte er den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Die Gefahr, die von Russland für den Frieden in Europa sowie für die soziale und ökonomische Stabilität Deutschlands ausging, sei bis zuletzt unerkannt geblieben. Es sei um drei Fragen von überragender Bedeutung gegangen: «Würde Russland die Ukraine angreifen? Würde sich die Ukraine erfolgreich verteidigen können? Und war Deutschland durch die Gasabhängigkeit von Russland ökonomisch und politisch erpressbar?», sagte Schularick. Die Antworten der Berliner Politik hätten Nein, Nein, Ja gelautet. «Die richtige Antwort wäre gewesen: Ja, Ja, Nein - wir lagen dreimal falsch». Es habe Zeit gekostet und viel Vertrauen verspielt, diese Fehleinschätzungen in den folgenden Monaten zu korrigieren.

Berlin sei von Putins Drohungen und von Warnungen einiger nationaler Interessenverbände sichtlich beeindruckt gewesen. Diese seien nicht eingetroffen, sagte Schularick unter Hinweis auf die gesicherte Gasversorgung. «Der Markt produziert Wissen, und wir haben in Deutschland in der Krise diesem Mechanismus misstraut - wir haben Krisenpolitik, nicht komplett, aber teilweise, unter falschen Vorzeichen gemacht.» Deutschland sei auch ohne russisches Gas mit einigermaßen vollen Speichern durch den Winter gekommen.

«Unter dem Strich sind wir mit einem blauen Auge davongekommen, aber nicht, weil wir besonders große Kompetenz in Krisenmanagement hatten», sagte Schularick. In zentralen Fragen sei Deutschland im vergangenen Jahr von falschen Prämissen ausgegangen. «Unser Handeln war geleitet von fehlerhaften Annahmen.» Mangelnde Krisenkompetenz sei aber extrem teuer, sagte Schularick und fügte in Abwandlung einer alten Fußballerweisheit hinzu: «Nach der Krise ist vor der Krise.» Politische Reaktionen auf Krisen beschäftigten ihn sehr, sagte der IfW-Präsident. Krisenforschung sei ein besonders wichtiger Arbeitsschwerpunkt des Instituts.

Ministerpräsident Günther sagte Schularick enge Zusammenarbeit und Unterstützung zu. «Wir freuen uns sehr, dass wir mit Ihnen einen international herausragenden und mit renommierten Forschungspreisen ausgezeichneten Wissenschaftler gewinnen konnten», sagte er. Mit seinem Forschungsprofil und seinen Zukunftsplänen passe Schularick perfekt zum Institut, zur Kieler Universität und zu Schleswig-Holstein.

«Wir stehen hinter Ihnen, wenn es darum geht, die internationale Sichtbarkeit des IfW zu erhöhen», sagte Günther. Das gelte auch für das Ziel, das politische Gewicht des Instituts und des Forschungsstandorts Schleswig-Holstein in Berlin zu erhöhen. Günther bot dem IfW-Präsidenten einen kurzen direkten Draht zur nahegelegenen Staatskanzlei an - und Gespräche auch mal bei einem Fischbrötchen am Förde-Ufer.

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