Kultur

„Bücherherbst“: Ein Abend voller Literatur-Highlights

„Bücherherbst“: Ein Abend voller Literatur-Highlights

„Bücherherbst“: Ein Abend voller Literatur-Highlights

Maylin Adomat
Apenrade/Aabenraa
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Annemarie Stoltenberg, hier beim Bücherherbst 2019 in Apenrade, hatte auch in diesem Jahr wieder viel lesenswerte Literatur im Gepäck. Foto: Jørgen Nissen

Der traditionelle „Bücherherbst” mit Annemarie Stoltenberg hat in diesem Jahr erstmals als Online-Veranstaltung stattgefunden. Diese Premiere ist gelungen, und Stoltenberg präsentierte eine ganze Reihe neuer und vielversprechender literarischer Werke.

Dieses Jahr war der „Bücherherbst” mit Annemarie Stoltenberg ein bisschen anders als in den vergangenen Jahren, denn wegen der aktuellen Corona-Situation konnte die Veranstaltung nicht wie sonst in der Deutschen Zentralbücherei in Apenrade stattfinden, sondern wurde in einer virtuellen Version abgehalten.

Dieses neue Format tat der Begeisterung für Literatur allerdings keinen Abbruch. Über 40 Gäste waren der Einladung der Bücherei gefolgt und nahmen am Mittwochabend an der Online-Veranstaltung teil. Da es auch keine nennenswerten technischen Probleme gab, konnte Annemarie Stoltenberg, die seit 2003 jedes Jahr am deutschen Buß- und Bettag ihre Bücherliste vorstellt, auch ohne Verzögerung mit der Vorstellung der von ihr ausgewählten literarischen Werke beginnen.

19 Bücher brachte Stoltenberg in diesem Jahr mit. Romane, Krimis, historische Romane, Geschichten mit realem Hintergrund und auch ein Sachbuch – für jeden Geschmack war etwas dabei.

„Ein Mann der Kunst”

Mit viel Begeisterung und guter Laune stellte Annemarie Stoltenberg ihre Bücherhighlights des Jahres 2020 vor. Eines dieser Highlights ist der Roman „Ein Mann der Kunst” von Kristof Magnusson. Der Roman handelt von einem Kunstverein, der sich besonders dem Künstler K. D. Pratz verschrieben hat. Dieser Kunstverein möchte dem von ihm verehrten Künstler einen eigenen Museumsbau widmen. Die Mitglieder des Fördervereins, die dem Bau zustimmen müssen, fordern im Gegenzug mehr Nähe zum Künstler. Das Problem dabei ist allerdings, dass K. D. Pratz ein überzeugter Einzelgänger ist, der zurückgezogen auf einer Burg lebt. Laut Annemarie Stoltenberg ist dieser Roman „sehr unterhaltend und auf humorvolle Weise geschrieben”. Sie bewundert vor allem, dass es dem Autor gelingt, „mit viel Witz und Charme die Kunstszene zu beschreiben, ohne sie zu diskriminieren”.

„Der letzte Satz”

Ein weiteres Werk, das Stoltenberg zu ihren Bücherhighlights zählt, ist „Der letzte Satz” von Robert Seethaler. Hier wird eine Geschichte des Komponisten Gustav Mahler erzählt, der sich, zusammen mit seiner von ihm distanzierten Frau Alma, auf einer Schiffsreise befindet. Der schwerkranke Komponist lässt auf dieser Reise sein Leben Revue passieren, denkt über seine Kompositionen, seine Ehe und seine letzten Jahre nach. Dieses Werk habe, so Annemarie Stoltenberg, sehr unterschiedliche Wirkungen auf die Leser gehabt. „Ich denke, wenn man etwas über Gustav Mahler erfahren möchte, dann wird man enttäuscht sein. Das große Thema dieses Romans ist das Abschiednehmen”, erklärt sie und ergänzt, dass sie dieses Buch sehr gerne gelesen habe.

„Was Nina wusste”

Den Roman „Was Nina wusste” von David Grossmann bezeichnete Annemarie Stoltenberg als „absolut größtes Buch” ihrer diesjährigen Auswahl. Die erzählte Geschichte beruht auf realen Begebenheiten: Am 90. Geburtstag von Vera, einer Frau aus Jugoslawien, die seit vielen Jahren in Israel lebt, fordert deren Tochter Nina, die zu ihrer Mutter ein sehr angespanntes Verhältnis hat, gemeinsam mit ihr an die Orte ihrer Kindheit in Jugoslawien zu reisen. Sie möchte auf diese Weise einem alten Familiengeheimnis auf die Spur kommen, das das Verhältnis zwischen ihr und ihrer Mutter seit jeher belastet. Annemarie Stoltenbergs Fazit dieses Buches ist eindeutig: „Dieser Roman ist einfach fantastisch. Schon auf der ersten Seite weiß man ganz genau, dass man das richtige Buch gewählt hat.”

„Sibiriens vergessene Klaviere”

Mit „Sibiriens vergessene Klaviere” von Sophy Roberts ist auch ein Sachbuch mit von der Partie. Die Autorin geht hier der Spur alter Klaviere nach, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts produziert wurden, in einer Phase, in der die Beliebtheit dieser Instrumente in Europa unglaubliche Ausmaße annahm, später als Pianomanie bezeichnet. Roberts reist nach Sibirien, wo es noch einige dieser alten Instrumente gibt, erforscht ihre Geschichte und lernt Musiker kennen, die sich heute noch mit diesen Klavieren beschäftigen. „Dieses Sachbuch ist ein ganz besonderes Erlebnis”, resümiert Annemarie Stoltenberg. „Es ist mit so viel Leidenschaft und musikalischer Kenntnis geschrieben, außerdem kann Sophy Roberts sich selbst wirklich gut auf die Schippe nehmen. Einfach wunderbar.”

Ein gelungener Abend und ein Wiedersehen im nächsten Jahr

Am Ende des Abends waren sich alle einig, dass der Bücherherbst trotz des neuen Formats wieder ein voller Erfolg war. Annemarie Stoltenberg wurde mit viel virtuellem Applaus bedacht, und viele Gäste schrieben im Anschluss Dinge in den Chat, wie: „Das war toll”, „Endlich etwas Kultur in diesen schweren Zeiten” und „Schöne Veranstaltung”.

Der nächste Bücherherbst wird am Buß- und Bettag 2021 stattfinden – dann vermutlich auch wieder als Präsenzveranstaltung.

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