Kommunalpolitik

Tondern zahlt an Gastfamilien von Geflüchteten

Tondern zahlt an Gastfamilien von Geflüchteten

Tondern zahlt an Gastfamilien von Geflüchteten

Tondern/Tønder
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Die Initiative Tønder-Ukraine hat mehrere Abholtransporte für Geflüchtete organisiert, die privat einquartiert sind (Archivfoto). Foto: Monika Thomsen

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Der Finanzausschuss setzt sich für eine Bezuschussung mit rückwirkender Kraft zum 5. April ein. Ein Mitglied des neunköpfigen Gremiums votierte gegen die finanzielle Förderung.

Der Finanzausschuss der Kommune Tondern hat auf einer Sondersitzung mehrheitlich grünes Licht für die finanzielle Unterstützung an Privatleute gegeben, die Flüchtlinge bei sich aufnehmen. Im Vergleich zur Entscheidung des Arbeitsmarktausschusses gibt es dabei eine Erweiterung.

„Wir haben beschlossen, dass diese Regelung rückwirkend ab 5. April gilt“, berichtet Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei) im Anschluss an die Online-Sitzung des Gremiums. Es wird für getätigte Ausgaben kompensiert.

Das online getagt wurde, hängt weder mit Corona noch Osterurlaub zusammen. „Da wir nur den einen Punkt auf der Tagesordnung hatten, hielten wir es für sinnvoller, als wenn alle Ausschussmitglieder ins Rathaus kommen sollten“, so Popp Petersen zu dem Erfahrungswert aus der Corona-Zeit.

Aufnahmeverfahren zieht sich in die Länge

Die Politiker haben sich nun zur finanziellen Förderung entschieden, da es sich mit dem Verfahren für die Aufenthaltsgenehmigung für die ukrainischen Flüchtlinge in die Länge zieht.

„Bislang hatten wir das Sicherheitsnetz, dass die Kommune einspringt und die Betreuung der Flüchtlinge übernimmt, wenn Privatleute diese Aufgabe nicht mehr stemmen können“, so Popp Petersen.

Am 5. April ging die Regelung in Verlängerung, dass es den Kommunen bis zum Eilgesetz für ukrainische Geflüchtete frei obliegt, inwieweit sie die private Einquartierung finanziell fördern wollen. Das Eilgesetz soll nach Ostern im Folketing verabschiedet werden.

Die Kommune Tondern schätzt, dass 200 Geflüchtete im Rahmen privater Maßnahmen untergebracht worden sind. Foto: Hans Otto Sørensen

Viele unterschiedliche Modelle

„Mit der Aufenthaltsgenehmigung können die Flüchtlinge öffentliche Zahlungen empfangen“, so Popp Petersen.

Er weist darauf hin, dass es von den gegenwärtig praktizierten Auszahlungen her nahezu so viele unterschiedliche Modelle wie Kommunen gibt. Er kennt auch Beispiele, wo die Höhe des Betrags wieder herabgestuft worden ist.
 

Bislang hatten wir das Sicherheitsnetz, dass die Kommune einspringt und die Betreuung der Flüchtlinge übernimmt, wenn Privatleute diese Aufgabe nicht mehr stemmen können.

Jørgen Popp Petersen, Bürgermeister

Die Kommune Tondern zahlt an Gastfamilien, die einen festen Wohnsitz in der Kommune Tondern haben, pro Tag 75 Kronen je erwachsenen Flüchtling und 50 Kronen pro Kind für Verpflegung und Unterkunft.

Indem das Geld an die Familien gezahlt wird, kann es elektronisch überführt werden. Dies sei nicht möglich, wenn es an die Geflüchteten ausgezahlt werden sollte, so der Bürgermeister. Dann hätte als Zahlungsform Bargeld gewählt werden müssen.  

Im Bürgerservice vorstellig werden

Um das Geld zu erhalten, ist es eine Voraussetzung, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt beziehungsweise bei der Ausländerbehörde einen Termin für die Beantragung gebucht haben.

Die Gastgeberinnen und Gastgeber, die finanzielle Unterstützung wünschen, müssen mit ihren Gästen im Bürgerservice vorstellig werden.

Die Verwaltung schätzt, dass zurzeit etwa 200 Vertriebene aus der Ukraine privat in der Kommune Tondern einquartiert sind. Vorausgesetzt, dass alle Gastfamilien an einer Bezuschussung interessiert sind, würden umgerechnet auf 80 Erwachsene und 120 Kinder für die Kommune monatliche Ausgaben in Höhe von 360.000 Kronen anfallen.

Lücken trotz Ausgleichszahlung möglich

Der Staat stellt als Ausgleich für die Kommunen bei den Blockzuschüssen – berechnet nach Einwohnerzahl – 50 Millionen Kronen zur Verfügung. Tonderns Anteil würde 0,65 Prozent und somit 325.000 Kronen betragen.

Daher könne eine Situation entstehen, wo die Finanzierung nicht die faktischen Ausgaben begleichen könne, heißt es in dem Tagesordnungspunkt.

Aus den Unterlagen geht hervor, dass die finanzielle Kompensation auf einem Niveau festgesetzt ist, dass sie als Ausgangspunkt nicht den Betrag übersteigt, den die Ukrainer nachfolgend als öffentliche Leistungen für die Selbstversorgung oder Heimreise beziehen können.  

Neue Bürgerliche dagegen

Der Finanzausschuss hat beschlossen, dass die Bezuschussung aus der Kasse finanziert werden soll. Allan Svendsen (Neue Bürgerliche) votierte gegen die finanzielle Unterstützung. Er ist der Auffassung, dass allen Geflüchteten durch das bestehende Asylsystem geholfen werden solte.

Außerordentliche Möglichkeit in Esbjerg

Geflüchtete aus der Ukraine in der Kommune Tondern, die im Rahmen des Sondergesetzes eine Aufenthaltsgenehmigung in Dänemark beantragen wollen, haben am Donnerstag, 21. April (9-18 Uhr), und Freitag, 22. April (8-18 Uhr), eine außerordentliche Möglichkeit der erforderlichen biometrischen Erfassung im Bürgerservice an der Torvegade 74 in Esbjerg.

Das teilt die Kommune Tondern auf ihrer Facebookseite mit. Eine Terminbuchung ist erforderlich. Die Sondermaßnahme gilt nur für Menschen aus der Ukraine, die sich in den Kommunen Tondern,  Esbjerg und Varde aufhalten.

Der Artikel wurde um 13 Uhr um den letzten Absatz ergänzt.

 

Der Finanzausschuss:
• Vorsitzender: Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei)
• Zweiter Vorsitzender: Vizebürgermeister Martin Iversen (Venstre)
• Leif Høeg Jensen (Venstre)
• Henrik Frandsen (Tønder Listen)
• Allan Svendsen (Neue Bürgerliche)
• Torben Struck (Sozialdemokratie)
• Hans Schmidt (Konservative)
• Thomas Ørting Jørgensen (Borgerliste)
• Bjarne Lund Henneberg (Sozialistische Volkspartei)

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