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Familienberaterin: „Die Zeit ist wie im Flug gegangen“

Familienberaterin: „Die Zeit ist wie im Flug gegangen"

Familienberaterin: „Die Zeit ist wie im Flug gegangen"

Tondern/Tønder
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Ilka Jankiewicz wirkt seit 14 Jahren als Familienberaterin. Foto: Monika Thomsen

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Ilka Jankiewicz hat seit 25 Jahren ihren Arbeitsplatz bei der deutschen Minderheit. Der Kontakt zu den Menschen gefällt der gebürtigen Ostberlinerin besonders an ihrer Tätigkeit als Familienberaterin.

„Ich weiß gar nicht, wo die Zeit geblieben ist. Sie ist unheimlich schnell vergangen“, sagt Familienberaterin Ilka Jankiewicz bei einer Stippvisite in der Lokalredaktion des „Nordschleswigers“ in Tondern.

„Die Zeit“, sind in diesem Zusammenhang die 25 Jahre, die sie mittlerweile im Dienst der deutschen Minderheit in Dänemark steht. Erst beim Deutschen Schul- und Sprachverein für Nordschleswig und dann beim Sozialdienst Nordschleswig.

Aus der Großstadt aufs nordschleswigsche Land

Im Sommer 1996 brachen die Ostberlinerin und ihr Mann Rainer mit ihrer sechs Jahre alten Tochter Lisa ihre Zelte in Treptow im Ortsteil Johannisthal in der deutschen Hauptstadt ab und ließen sich in der Nähe von Lügumkloster (Løgumkloster) in Nørre Hede auf dem Lande nieder.

Mittlerweile leben sie bald seit 26 Jahren in Nordschleswig. Die Tochter Lisa ist 31 Jahre alt und hat die Familie um den zweieinhalb Jahre alten Jonte erweitert.

„Wenn mich jemand heute fragen würde, ich würde den Schritt wieder tun“, so Ilka Jankiewicz, die derzeit auch beruflich mit Deutschen, die nach Dänemark auswandern, zu tun hat.

Gut vorbereitet ins Abenteuer

„Wir waren gut vorbereitet und haben uns auf das Abenteuer eingelassen. Wir wollten gerne beide Kulturen leben. Nach einem halben Jahr sprach Lisa fließend Sønderjysk. Damals gab es 14 Kinder in Nørre Hede“, berichtet die 57-Jährige.

„Wir hatten nach der Wende eigentlich die Nase voll von Berlin. Zum einen wegen der Schnelllebigkeit und zum anderen, da die Stadt eine Riesen-Baustelle war. Außerdem hatte Lisa asthmatische Tendenzen, und die Kinderärztin empfahl uns die Nordsee-Region.“

Wenn mich jemand heute fragen würde, ich würde den Schritt wieder tun.

Ilka Jankiewicz, Familienberaterin

 Durch Verwandte, die in Norderlügum (Nr. Løgum) Urlaub machten, kam die Familie Jankiewicz auch auf den Geschmack.

„1994 machten wir das erste Mal Urlaub hier. 1995 waren wir zu jeder Jahreszeit hier. 1996 sind wir dann umgezogen, und alle sagten ‚mein Gott‘“, erinnert sich Ilka lachend. Überaus große Hilfe hätten sie damals durch die Westerterper Margrethe und Anders Andersen erfahren.

Ilka Jankiewicz auf einer Versammlung in Hoyer Foto: Volker Heesch

Die Arbeit mit Menschen lockte

Um auszuloten, ob ihr Nordschleswig-Abenteuer das Wahre war, wohnten sie die ersten zwei Jahre zur Miete, bevor sie den Resthof kauften.

 In der Anfangszeit arbeitete die ausgebildete Wirtschaftskauffrau als Reinigungskraft. In ihr schlummerte aber schon seit Längerem der Wunsch, mit Menschen zu arbeiten.

Über Umwege hatte sie sich im Laufe der Jahre weiterqualifiziert. Ihr Wunsch erfüllte sich ab 1. Mai 1997 als Mitarbeiterin im Club des deutschen Kindergartens in Tondern. Dort machte ihr die Arbeit mit den Kindern Freude.

„Eine vielfältige Arbeit"

Irgendwann war die Zeit aber reif, sich anderweitig zu orientieren ,und am 1. Juni 2008 fing sie mit Lebenserfahrung im Gepäck beim Sozialdienst Nordschleswig als Familienberaterin an. „Das ist bis heute eine unheimlich interessante, vielfältige und zu Zeiten auch aufwendige Tätigkeit“, so Ilka Jankiewicz.

„Ich versuche, den Menschen Unterstützung zu geben und vermittle Hilfe zur Kommune oder Selbsthilfegruppen."

2015 wurden beim Wohnort die Weichen neu gestellt, da der Umzug von Nørre Hede an die Nordseeküste bei Ballum erfolgte. „Das haben wir nicht bereut. Dort haben wir die Nähe zum Wasser und zur Natur“, so Ilka.

Wohfühlzeit für Kids: Während ihrer Tätigkeit im Club des Kindergartens gab Ilka Jankiewicz den Kindern zeitweise Massage. Foto: Brigitta Lassen

In Hoyer und Lügumkloster auf Achse

Als sie beim Sozialdienst anfing, war sie für die Bereiche Tondern, Hoyer und Lügumkloster zuständig. Inzwischen umfasst ihr Revier Lügumkloster und Hoyer.

„Mit Karin Müller hatte ich eine fantastische Zusammenarbeit. Wir haben gemeinsam viel aufgebaut und in Gang gesetzt“, berichtet sie in Gedanken an ihre Kollegin in Tondern.

Mittlerweile sei sie gut dabei, eine Zusammenarbeit mit Müllers Nachfolger, Regin Hansen, aufzubauen, der in der Corona-Zeit anfing. „Ich finde es wichtig, dass wir uns austauschen, wenn wir in der gleichen Kommune tätig sind.“

Überhaupt findet sie den Austausch im Kreis des Kollegen und der Kolleginnen wertvoll. „Auch weil wir alle so verschieden sind", sagt sie.

Der zwischenmenschliche Aspekt

„Die Menschen“, kommt die Antwort auf die Frage, was ihr an ihrer Arbeit am besten gefällt, prompt. „Das, dass man so dicht am Menschen dran ist. Da handelt es sich um ein Vertrauensgefühl von beiden Seiten. Es geht um die Geschichten, die dahinter iegen“, berichtet sie.

Lernarbeit gab es für sie mit dem Prozess, nach Feierabend von der Arbeit abzuschalten. „Dann stelle ich mir auch immer die Frage, mache ich genug?“
 Eine Herausforderung sei es auch gewesen, trotz Corona die Nähe zu den Menschen zu finden.

Ilka Jankiewicz und ihre Chefin, Abteilungsleiterin Ursula Petersen, auf der Generalversammlung des Sozialdienstes in Hoyer Foto: Volker Heesch

„Die Rosine im System"

„Ich bezeichne uns als die Rosine im dänischen System. Wir sind so dicht dran an den Menschen, so dicht kommt keine Kommune ran“, sagt die Wahl-Nordschleswigerin, der man die berlinerische Herkunft anhört.

Die Arbeit habe sich nicht nur im Laufe der Jahre verändert. „Sie verändert sich eigentlich jährlich. Es ist sehr unterschiedlich, wie lange die einzelnen Menschen begleitet werden“, erklärt sie.

Zu Hause hält ihr ihr Mann Rainer, mittlerweile in der Rolle als Senior-Pensionist, den Rücken frei.

„Ich bin ein sehr empathischer Mensch, und das ist mir auch in meiner Arbeit sehr wichtig. Man kann nicht immer alles verstehen, es ist aber wichtig, dass man Zugang zu denjenigen findet, die Bedarf für Hilfe oder Gespräche haben“, erwähnt sie.

Erholung in der Natur

 Entspannung findet die Naturliebhaberin unter freiem Himmel und insbesondere direkt vor der Haustür am Wattenmeer in Ballum. „Oder wir fahren nach Röm rüber oder fahren Fahrrad. Wir sind viel draußen an der Natur. Und ich liebe es, in meinem Garten herumzutüddeln. Außerdem ist mir die Familie wichtig“, so die Mutter und Oma.

Sie freut sich, dass ihre Eltern näher herangerückt sind und seit dem vergangenen Jahr in Wassersleben wohnen. Ilka Jankiewicz schwingt sich auch nach wie vor gerne hinter ihrem Mann auf das Motorrad.

 

 

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