Kommunalpolitik

Einführung der 4-Tage-Woche bei der Kommune muss von unten wachsen

Einführung der 4-Tage-Woche muss von unten wachsen

Einführung der 4-Tage-Woche muss von unten wachsen

Tondern/Tønder
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Im Rathaus wäre eine 4-Tage-Woche noch möglich: Schwieriger sieht es unter anderem in Schulen, Kindergärten und in der Tagespflege aus (Archivfoto). Foto: Elise Rahbek Ohlsen

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Die Borgerlisten im Tonderner Stadtrat wollte einen Vorstoß im Kampf um Arbeitskraft wagen, fand aber keine Unterstützung bei den sieben anderen Fraktionen. Leitung und Mitarbeitervertretung arbeiten an der „Strategie für ein gutes Arbeitsleben“.

Der Kampf um Arbeitskraft macht auch vor den Kommunen nicht halt. Das weiß auch der Tonderner Stadtrat. So wagten Venstre und die Tønder Listen vor einigen Wochen einen Antrag zu stellen, wonach allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wunsch erfüllt werden sollte, von halbtags auf Vollzeit wechseln zu können.

Der Kommunalrat lehnte den Antrag nicht gänzlich ab. Er fließt in die schon seit 2022 laufende Arbeit zwischen der Leitung und Hauptvertretung der Angestellten (HMU) ein. Das Thema ist die Strategie für ein gutes Arbeitsleben.

 

Strategie für ein gutes Arbeitsleben

  1. Psychologische Geborgenheit (dem Einzelnen wird zugehört und Vorschläge werden anerkannt)
  2. Anerkennung seitens der Leitung
  3. Die sinnvolle Arbeit
  4. Der flexible Arbeitsplatz
  5. Kompetenzen und Fachlichkeit
  6. Mitbestimmung

Einen entsprechenden Erfolg erzielte die Borgerlisten nicht, als sie dem Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung eine Idee vorstellte. Die dreiköpfige Fraktion schlug vor, den Mitarbeitenden die Möglichkeit für eine 4-Tage-Arbeitswoche anzubieten.

Doch die sieben anderen im Kommunalrat vertretenen Parteien lehnten den Antrag ab, worauf die Borgerliste ihr Anliegen vom Tisch nahm. Die große Mehrheit hielt eine Einmischung der Politik für unangebracht. Durchgehender Tenor: Das muss von unten wachsen, also vom Personal und der Leitung kommen.

Vorschlag etwas überflüssig

Louise Thomsen Terp, Fraktionssprecherin der Schleswigschen Partei, meinte, dass dieses „Angebot“ nicht für alle Angestellten umsetzbar sei. Die Tagesmütter und -väter könnten nicht nur vier Tage in der Woche arbeiten. Für den Fünften müsse für 192 Kinder eine Ersatzkraft gefunden werden. Daher solle man als Partei vorsichtig sein, auf eigene Initiative (initiativret) Anträge im Stadtrat einzubringen. Der aktuelle sei etwas überflüssig, so die SP-Politikerin.

Allan Skjøth
Allan Skjøth, Borgerlisten, zog seinen Antrag zurück. Foto: Venstre

Als Sprecher der Borgerlisten meinte Allan Skjøth dennoch, mit dieser Flexibilität neue Arbeitskraft zu finden und jetzige bei der Stange halten zu können. In Kopenhagen und Aarhus sei die Einführung der 4-Tage-Woche eine rein politische Initiative gewesen. In der Kommune Odsherred seien die Krankentage bei den Sozialhelferinnen und -helfern um 50 Prozent gefallen und in Gentofte werde die Maßnahme als Riesenerfolg bezeichnet.

Homeoffice und flexible Arbeitszeit

Nicht nur die öffentlichen Arbeitgebenden, sondern auch die privaten Betriebe führten verstärkt die 4-Tage-Woche ein. Gleiches gelte für das Homeoffice und flexiblere Arbeitszeit. So bliebe auch mehr Zeit für die Familie bei einem freien Tag in der Woche. Es könne ein besseres Gleichgewicht zwischen Job und Freizeit geschaffen und mit einem verlängerten Wochenende auch die Zeit der Erholung vom Arbeitsalltag verlängert werden, nannte Allan Skjøth die Vorteile. Ein weiteres Plus sei weniger Verkehr auf der Straße, was gut für das Klima sei.

Schon im laufenden Jahr sollte den ersten Beschäftigten der Übergang in die Vier-Tage-Woche ermöglicht werden. Sie dürfe aber nicht die tägliche Arbeit beeinträchtigen und müsse natürlich auf dem Weg der Freiwilligkeit ermöglicht werden.

Doch Skjøths Argumente wurden nicht erhört. Die anderen Parteien konnte er nicht überzeugen. Denn diese arbeitszeitliche Flexibilität ist Gegenstand der Verhandlungen zwischen der Leitung und der Mitarbeitervertretung. 

Studie aus Großbritannien

Die bislang größte Untersuchung in Bezug auf die 4-Tage-Woche kommt aus Großbritannien: Die Themenstellung war wie folgt: 4-Tage-Woche, bei Reduzierung der Arbeitszeit um 20 Prozent bei unverändertem Lohn. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter verpflichten sich dazu, ihre/seine Arbeit so zu schaffen, dass sie der Menge bei voller Beschäftigung entspricht.

  •  73 Firmen unterschiedlichster Branchen mit 3.300 Angestellten nahmen teil.
  •  Die Universitäten Oxford, Cambridge und Boston werteten den sechsmonatigen Versuch aus.
  • 88 Prozent der Arbeitsplätze sprachen von einem guten Verlauf
  • 29 Prozent der Firmen erklärten, dass der Übergang zur 4-Tage-Woche „extrem einfach“ gewesen sei
  • 49 Prozent bezeichneten den Übergang als einfach
  • 20 Prozent schätzten die Frage eher neutral ein.
  • Die meisten Firmen hatten keinen Produktivitätsrückgang verzeichnet.
  • 46 Prozent der Firmen sprachen von gleichbleibendem Produktivitätsstand
  • 34 Prozent erlebten einen kleinen Zuwachs.
  • 15 Prozent verzeichneten einen markanten Produktivitätsanstieg
  • 85 Prozent der teilnehmenden Firmen bleiben bei der 4-Tage-Woche nach der sechsmonatigen Versuchsphase.
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