Kunst

Plötzlich saß ein Hamburger in der kalten Sonderburger Zelle

Plötzlich saß ein Hamburger in der kalten Sonderburger Zelle

Plötzlich saß ein Hamburger in der kalten Sonderburger Zelle

Ulkebüll/Ulkebøl
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Das Kunstwerk von Peter K’ im Viadukt bei der Schule in Ulkebüll. Foto: Karin Riggelsen

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Für einen 22-Jährigen wurde seine Graffiti-Kunst zu einem schockierenden Erlebnis: Der junge Mann wurde festgenommen und erst nach Begleichen eines Bußgeldes wieder freigelassen. Was er erlebt hat, berichtet er dem „Nordschleswiger" in einem Gespräch.

Für den 22-jährigen Hamburger Peter K. (*) ist der Besuch in Sonderburg immer noch unfassbar.

Peter K. malt seit vielen Jahren Graffiti, und mithilfe einer digitalen Map „Legal Wall“ findet er die Orte, wo er sich seinem ganz eigenen grafisch strengen Stil legal und mit gutem Gewissen widmen kann.

Kunst bei der Schule

Genau das wollte der Hamburger auch in Sonderburg tun, wo er einen unterirdischen Tunnel an der Schule in Ulkebüll mit einem seiner großen Werke verzieren wollte. Am Mittwoch, 24. November, machte er sich an die Arbeit.

Zuerst wurde die Wand mit dem neutralen graugelben Hintergrund versehen. Am zweiten Tag malte er das Wort „zwar“ an die Wand. Immer wieder sprachen ihn Fahrradfahrer oder Fußgänger an. „Die waren alle begeistert“, meint er.

Am Donnerstag kam dann eine ältere Frau vorbei, die nachfragte, wer ihn für diese Aufgabe angeheuert habe. „Ich erzählte ihr, dass niemand das getan hatte. Aber ich versicherte ihr, dass ich nichts Illegales mache“, so Peter. Eine halbe Stunde später rückte die Streife an.

Er war sich keiner Schuld bewusst

Der Hamburger zeigte den uniformierten Polizisten die digitale Homepage der Legal Wall.

Legall Wall mit einem Kommentar der süddänischen Polizei, dass Graffiti an öffentlichen Plätzen in Dänemark nicht erlaubt ist. Foto: Ilse Marie Jacobsen

„Ich war mir wirklich keiner Schuld bewusst. Ich bin gut erzogen worden“, wie der 22-jährige aus Hamburg im Nachhinein feststellt. Mit den Polizisten verständigte der Graffiti-Künstler sich auf Englisch. Alles ging ruhig und besonnen vonstatten.

Er musste mit auf die Wache

Das nützte dem jungen Hamburger aber wenig: Ihm wurde Vandalismus zur Last gelegt. Seine Farben und die Leiter wurden in den Streifenwagen gepackt, und er musste auf dem hinteren Sitz des Polizeiwagens Platz nehmen.

Auf der Sonderburger Wache wurde der 22-Jährige erneut verhört. Seine Körpergröße wurde gemessen, Fingerabdrücke wurden genommen – die Polizisten machten sogar einen DNA-Test.

Ohne Schuhe und Jacke eingesperrt

Dann passierte etwas, womit er überhaupt nicht gerechnet hatte. Peter K. musste den Polizisten seine Jacke und Schuhe geben und anschließend landete er in einer Zelle.

„Ich hatte keine Uhr und kein Handy. Ich schätze, dass ich bestimmt zwei Stunden dort verbracht habe. Hinzu kam: In der Zelle war es ziemlich dreckig. Ich habe mich gefühlt wie ein Mörder“, versichert der 22-Jährige.

Angst und Unsicherheit

Die Zelle war für ihn ein erschütterndes Erlebnis. „Als Deutscher soll man so etwas nicht im Ausland tun. Ich bekam Angst, weil ich die Gesetze in Dänemark ja nicht kannte. Für mich war plötzlich alles ganz unklar“, erinnert sich der junge Mann.

Die Graffiti im Viadukt Foto: Karin Riggelsen

Seine Eltern hatten bis vor Kurzem noch ein Häuschen in der Sonderburger Gegend, die Familie hat sich deshalb oft in Nordschleswig aufgehalten. „Ich habe in Dänemark sonst immer nur nette Bekanntschaften gehabt. Unser Haus in Dänemark war ja eine Art Urlaubshaus“, wie Peter K. erklärt.

Bußgeld muss sofort beglichen werden

Nach dem Aufenthalt in der Zelle erhielt Peter K. eine Rechnung: Er musste sofort 1.500 Kronen Bußgeld zahlen. Da der Kreditkartenterminal bei der Polizei nicht funktionierte, wurde der Hamburger von den Polizisten zu einer Bank gebracht. Dort hob er das Geld mit seiner Kreditkarte ab. Dann war er wieder ein freier Mann.

Für den Hamburger wurde der Ausflug ins schöne Sonderburg nicht nur wegen des Bußgelds eine teure Angelegenheit. Farben und Leiter bleiben nun in Besitz der dänischen Polizei. Auf diese Dinge hat er keinen Anspruch mehr, so der Hamburger. Das wundert ihn: „In Deutschland darf man so etwas nach einigen Wochen wieder abholen“, sagt der 22-Jährige.

Seine Leiter und die ganz neuen Spraydosen haben einen Wert von rundgerechnet 120 Euro, was 900 Kronen entspricht.

Er macht weiterhin Graffiti

Für den Hamburger ist Sonderburg immer noch ein schöner Ort – trotz des ernüchternden Erlebnisses. Er hat mittlerweile die Festnahme und den Aufenthalt in der Zelle abgehakt.

„Ich glaube, dass man mit Graffiti leider nicht immer hundertprozentig auf der sicheren Seite sein kann und hin und wieder etwas Risiko dabei ist. Mit der Zahlung der Strafe ist die Sache für mich mittlerweile erledigt“, so Peter K.

Ein dänischer Polizist in Uniform (Symbolfoto) Foto: Kim Matthai Leland/Reichspolizei

Sein Hobby Graffiti wird er auch künftig nicht missen wollen. „Ich werde auf jeden Fall weiterhin Graffiti machen. Mit der Website Legal Walls hatte ich bisher noch nie Probleme. Graffiti ist für mich mehr als ein Hobby“, meint er.

Keine offizielle Seite

Polizeikommissar Thomas Berg bestätigt auf Anfrage des „Nordschleswiger", dass Legal Walls eine Adresse ist, die die Interessenten selber ausfüllen.

„Es ist keine offizielle Seite, wenn man sie selbst redigieren kann“, so Berg.

Peter K. musste mit auf die Polizeiwache, weil er als deutscher Staatsbürger ein Ausländer in Dänemark ist. Ausländer müssen Bußgelder immer sofort begleichen, und normalerweise passiert dies auf der Polizeiwache. Das klappte dann im Falle Peter K.’s nicht, weil der Kreditkartenterminal nicht funktionierte.

*Anonymisierter Name. Der richtige Name ist der Redaktion bekannt.

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