Politik

Neue Ära für Aase – Segelboot statt Politik

Neue Aera für Aase – ohne Politik und mit Segelboot

Neue Aera für Aase – ohne Politik und mit Segelboot

Augustenburg/Augustenborg
Zuletzt aktualisiert um:
Aase Nyegaard in ihrem großen Garten in Augustenburg Foto: Karin Riggelsen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die frühere Bürgermeisterin in Augustenburg und Sonderburg wird am 8. Juli 70 Jahre alt. Seit 24 Jahren mischt die Fælleslisten-Politikerin Aase Nyegaard an oberster Stelle mit. Aber nun bereitet sie sich auf ein anderes Dasein vor.

Die Politikerin Aase Nyegaard ist als Vorsitzende des Technischen Ausschusses engagiert, nett und immer gut vorbereitet. Sie legt großen Wert auf eine Zusammenarbeit mit Bürgern und Bürgerinnen,  übernimmt immer die Verantwortung und empfängt auch die Kritik von Bürgern, obwohl eigentlich der Verwaltung ein Fehler unterlaufen ist. Und sie ist ein ausgeprägter Familienmensch. Das bescheinigt Dieter Jessen von der Schleswigschen Partei der Vorsitzenden des Ausschusses. Seit vier Jahren sitzen unter anderem diese beiden in dem Gremium.

Seit 24 Jahren in der Politik

Aber Aase Nyegaard hat vor ihrem 70. Geburtstag am Donnerstag, 8. Juli, einen Entschluss gefasst. Sie wird im November ihre politische Karriere im Stadtrat an den Nagel hängen. Sie geht nach 24 Jahren in der Kommunalpolitik nicht wieder an den Start. Diesen Entschluss traf sie kurz vor Weihnachten 2020.

„Damit bin ich ganz abgeklärt. Ich war 24 Jahre dabei. 1997 wurde ich gefragt, ob ich bei der neuen Liste mitmachen wollte. Ich hatte drei kleine Kinder und reiste in die ganze Welt. Ich war zehn Jahre lang Schulvorstandsvorsitzende. Die Partei Fælleslisten war das einzig Richtige für mich, weil ich weder Konservative noch Sozialdemokratin war. Viele meinen, dass ich Bürgermeisterin werden wollte. Aber das stimmt nicht“, stellt Aase Nyegaard lächelnd fest. 

Sie hat immer Sprachen geliebt

Aase Nyegaard kommt aus Filskov bei Grindsted. Nach ihrer Ausbildung zur wirtschaftssprachlichen Korrespondentin ging sie drei Jahre in der Schweiz. Sie hat immer Sprachen geliebt. Einige ihrer Bekannten wollten nach Amerika.

„Aber da wollte ich nicht hin. Ich habe immer Latein und Deutsch gemocht, wollte aber nicht nach Deutschland. Da wurde es die Schweiz.“ In Zürich machte sie neben ihrem Au-Pair-Job ein Deutsch-Studium. Anschließend zog sie nach Sonderburg (Sønderborg), um sich zur Korrespondentin ausbilden zu lassen. „Und Sonderburg ist ja eine gute Ausbildungsstadt“, wie sie zufrieden feststellt.  In dem Kollegium traf sie ihren Mann Aksel, der aus Jels kommt. Und so blieb Aase Nyegaard in Sonderburg. Sie bekam einen Job in der Marketingabteilung von Danfoss. Im Januar 1978 wurde sie Marketingchefin bei Agramkow A/S in Sonderburg.

„It’s once in a lifetime"

Sie wollte es eigentlich nicht – die Spitzenkandidatin bei der nächsten Kommunalwahl werden. „Es lagen unangenehme Aufgaben an, und wir hatten drei kleinere Kinder. Ich habe Aksel damals gefragt. Alle kennen alle, und man wird nicht nur populär. Da sagte er: Wenn du das gerne willst – dann tu es. It’s once in a lifetime“, so Aase Nyegaard. Ihr Mann Aksel Jepsen hat  Aase immer voll unterstützt.

Aase Nyegaard saß bis Ende 2021 im Sonderburger Kommunalparlament, zur Wahl 2021 trat sie nicht erneut an. Seit Kurzem ist sie Vorsitzende des Vereins KunstPunkt. Foto: Sara Eskildsen

„Bürgermeister sein kann man nur, wenn der andere mitmacht. Ich habe damals 24/7 gearbeitet“, stellt die Politikerin fest. Sie war von 2002 bis 2007 in Augustenburg, von 2010 bis 2013 Bürgermeisterin in Sonderburg.

Als sie das Stadtoberhaupt von Augustenburg wurde, schickte ihr der Bürgermeister aus der Nachbarkommune Sonderburg, A. P. Hansen, eine Bürgermeisterkette –  aus Büroklammern. „Wir hatten ja keine Bürgermeisterkette in Augustenburg“, kommt es von der lachenden Aase Nyegaard.

„Wir waren zu klein"

Für die Bürgermeisterin waren die vier Jahre in Augustenburg eine spannende Zeit. „Wir hatten eine richtige gute Zusammenarbeit mit den anderen sechs Kommunen. Ich habe schon immer gemeint, dass wir wohl eigentlich zu klein waren. Mehrere der sieben Kommunen hätten nicht durchhalten können. Außerdem konkurrierte man immer ein bisschen, wo die Dinge hinkommen. Das haut ja eigentlich auch nicht hin. Man muss ja zusammenstehen, damit etwas klappt. Aber wir waren der Konkurrent der anderen. Wir wünschten uns alle, dass in genau unserer eigenen Kommune etwas passiert“, meint sie.

Aase Nyegaard Foto: Karin Riggelsen

Immer die Bürger miteinbeziehen

Aase Nyegaard ist eine Befürworterin der Einbeziehens der Bürger. Als über den künftigen Hafen in Augustenburg diskutiert werden sollte, wurde eine Bustour für 70 Personenin verschiedene andere Orte Dänemarks arrangiert. Die Fahrt führte unter anderem nach Nyborg, wo der ganze Bereich zum Wasser hin völlig abgeblockt worden war.

„So sollte das ja nicht bei uns sein, nur weil einige am Hafen lebten“, so Nyegaard. Es wurden anschließend Arbeitsgruppen gebildet. Eine Architektin informierte über die Möglichkeiten, und im Supermarkt wurden Unterschriften gesammelt.

Ein wichtiges Stück Geschichte

„Mein größer Traum ist es, dass der Master Fonds – ich darf ja noch keinen Namen nennen – etabliert wird - mit unserer Geschichte mit den deutschen Herzogen. Wir haben was zu erzählen, mit den Häusern, die nach und nach renoviert werden. Das wird ganz einzigartig. Überall müssen dann noch die Geschichte und der Tourismus miteinbezogen werden“, so Aase Nyegaard.

Aase Nyegaard hat in ihrem geschmackvoll und modern eingerichteten Eigenheim viel Kunst an den Wänden. Dass Augustenburg im früheren Rathaus und Posthaus ein Künstler-Paradies in der Stadtmitte erhielt, findet sie immer noch gut. „Ich freue mich, dass Lars Tholander sich an mich wandte. Solche Gebäude können wir ja nicht verkaufen. Die hätten dann einfach jahrelang öde dagelegen. Wir wurden uns einig, den Künstlern alles zu überlassen. Das ist eine fantastische Sache: Kunstpunkt, Kunstværket und in der Feuerwache.

Das Hafen-Projekt macht sie stolz

Auf die Frage, was sie am stolzesten gemacht macht, muss sie nicht lange überlegen.

Aase Nyegaard in dem großen Park hinter ihrem Eigenheim Foto: Karin Riggelsen

„Ich gehöre seit 2007 zur Hafen-Gesellschaft. Schau dir an, was unten am Hafen alles passiert ist. Hätten wir Bitten & Mads Clausen Fonds und PFA nicht gehabt, was wäre dann gewesen? 2014 hat mich Asger Enggaard angerufen. Er arrangierte ein Treffen mit PFA, die sich über die Zusammenarbeit in der Kommune informieren wollten. Kein Fonds, keine Stiftung und kein  Unternehmen wollte in Sonderburg investieren, wenn auf den Titelseiten der Zeitungen nur über Konflikte berichtet wird“, so Aase Nyegaard, die den wichtigen Gästen erklärte, wie es in Sonderburg läuft: „Wir können uns über alles streiten. Aber über die großen Dinge sind wir uns immer einig.“

Ein Herz für alte Gebäude

Bürgermeister Erik Lauritzen wünschte sich einst, dass das Ewers-Silo am Hafen abgerissen werden sollte. „Da sagte ich: Das wird es nicht. Dem werde ich nie zustimmen. Dann können wir nicht mehr zusammenarbeiten. Wir können doch nicht einfach alles abreißen. Wir haben hier ein Stück Geschichte“, so Aase Nyegaard. Den Abriss des früheren Technikums am Blegen findet sie immer noch schade.

Das Deutsche Museum Nordschleswig erhält von ihr ein großes Lob: „Es ist unser Museum. Das ist einfach so schön geworden. Neu und alt kann auf vorzügliche Weise vereint werden. Ein solches Gebäude liegt vielleicht 100 Jahre an der Stelle, und wir sollen es uns jeden Tag anschauen“, so Aase Nyegaard.

Die Politikerin freut sich auch über die frühere Kunstschule und das Missbrauchszentrum, die im Augenblick in attraktive Eigentumswohnungen verwandelt werden. „Wir hatten ja eine deutsche Zeit, und wir haben so viele Gebäude von damals. Die sind so schön. Man muss solche Sachen wertschätzen.“

Kein Angst vor Verantwortung

Nyegaard gehörte als Bürgermeisterin zur Region Sønderjylland-Schleswig. Sie findet nicht, dass es in den vergangenen Jahren zu mehr Kooperation zwischen Deutschland und Dänemark gekommen ist. „Auf deutscher Seite muss viel mehr geredet werden als hier bei uns. Und so ist es nunmal. Unsere Kultur ist nunmal unterschiedlich. Und sie hatten nicht viel Geld dabei“, meint die Politikerin.

Das Beste in der Politik seien Resultate. Der Technische Ausschuss ist ein gutes Beispiel dafür. „Wir zeigen, dass wir alle zusammenarbeiten können, trotz unserer Unterschiedlichkeit. Wir haben nichts gemein, und sind uns doch ziemlich einig. Andere Auffassungen sind ja auch in Ordnung“, so Aase Nyegaard.

Politik geht auf und ab

Sie hat nie Angst gehabt, viel Verantwortung zu übernehmen. „Das hatte ich eigentlich nie. Auch nicht als Bürgermeisterin. Ich wusste, dass ich das hinkriegen würde. In Sonderburg wurde es schwer für Fælleslisten. Wir waren acht, als wir anfingen. Vier Männer und vier Frauen. Aber so ist das ja. Die anderen Parteien meinen ja auch, dass es nach oben und nach unten geht.“  Heute ist Aase Nyegaard das einzige Fælleslisten-Mitglied im Sonderburger Stadtrat.

Die drei Kinder Anne Louise, Anders und Anne Sofie wohnen alle in Kopenhagen in einem überschaubaren Abstand von lediglich einem Kilometer. Die Eltern fahren regelmäßig in die Hauptstadt. Im Juni haben Aksel Jepsen und Aase Nyegaard in Kopenhagen eine schöne Feuerstelle mit Chausseesteinen angelegt. Zur Familie gehören auch mehrere Enkel.

Sie bleibt in den Vorständen

Wenn Aase Nyegaard ab November plötzlich mehr Zeit hat, was hat die immer aktive Frau eigentlich auf der Agenda?

„Ich sitze im Vorstand der Mühle Elstrup. Wir haben 100.000 Kronen von Sydbank, und können die Mühle kaufen. Bei den Stiftungen können wir ja keine Gelder für eine private Mühle beantragen“, so Aase Nyegaard, die auch im Vorstand vom „Købmandsgaarden“ sitzt. Dort wird Spätgehirngeschädigten geholfen. Nyegaard sitzt außerdem im Vorstand des Norburger Reitklubs.

Nun mit Segelboot und Sommerhaus

„Und wir haben auch ein Boot gekauft. Ich konnte merken, dass Aksel das gerne wollte. Er war selbst rund um Seeland und Fünen gefahren. Aber ich will nun gern dabei sein und alles lernen. Wir fanden plötzlich eine ‘Bianca 107‘ in Ebeltoft. Ich stelle 10.000 Fragen, und Aksel muss alles beantworten. Ich muss das lernen – steuerbord und backbord“, so Nyegaard.

Aase Nyegaard Foto: Karin Riggelsen

Im Garten des gemütlichen Zuhauses betreut sie die Blumen. Den großen Park mit den hohen alten Bäumen und Beeten pflegt ihr Mann. Nyegaard hat eigentlich immer viel gelesen. Im vergangenen Dreivierteljahr hat ihr Job als Leiterin des Technischen Ausschusses aber ganz viel Zeit geraubt.

Ein weiteres Projekt ist das Klavier in der Stube, das aber erst noch gestimmt werden muss. Das Klavierspielen wollte sie schon immer lernen. Hinzu kommt das neue Sommerhaus an der Westküste. Die Familie hat jahrelang nach Sommerhäusern Ausschau gehalten. „Ein Haus in Skovmose und Mummark ist schön. Aber dort oben gibt es Dünen, und das Haus liegt 250 Meter vom Strand entfernt, bei Bjerregaard und nah bei Tange. Wir waren total geliefert. Es wurde 1994 gebaut und hat 111 Quadratmeter mit Sauna, Spa und einer neuen Küche“, kommt es von einer begeisterten Stadtratspolitikerin, die sich nicht zuletzt auch auf eine Pause mit einem guten Buch freut.

Radeln gehört dazu

Aase Nyegaard war schon immer eine begeisterte Radsportlerin. Das hat selbst ein schwerer Unfall am 21. September 2008 nicht geändert. Bei Eken (Egen) stürzte die Politikerin nach dem Freiwilligenfest in Norburg mit ihrem Rad.  Eine Woche lang lag sie in einem künstlichen Koma.  

Das Ehepaar radelt beträchtliche Strecken, unter anderem nach Fehmarn, um die 80 bis 100 Kilometer am Tag. Sie meldete sich bei dem Projekt Team Rynkeby an, musste aber vor der Fahrt nach Paris aufgeben. „Das ging einfach nicht. Da habe ich mich wohl verrechnet“, gibt die Politikerin zu. Ihr Rennrad von damals nutzt sie aber immer noch.

Das Ehepaar geht auch zu Fitness und macht Spaziergänge. Und jetzt das Segelboot. „Das wird toll, und wir werden den kleinen Grill mitnehmen und essen gehen“, meint Aase Nyegaard, die sich einen Joke nicht verkneifen kann.

Ich kann ja nicht von Bord springen

„Meine größte Besorgnis: Wie sollen wir uns bloß so lange aushalten. Ich kann ja nicht mal vom Boot springen“, meint sie verschmitzt lachend.

Sie freut sich auf mehr Freizeit - mit den Kindern und ihrem Mann Aksel Foto: Karin Riggelsen

Aber auch sie hat in der Corona-Pandemie etwas gelernt. „Wir haben ja vorher fast nie zusammen gespeist. Aber plötzlich haben wir lange Spaziergänge gemacht und jetzt laufe ich, wozu ich früher nie Lust hatte. Ich laufe vier bis fünf Kilometer. Jetzt bin ich ganz besessen davon. Ich will die fünf Kilometer in 30 Minuten schaffen. Wenn ich gelaufen habe, fühle ich mich mental irgendwie stärker –  und ich erlebe dabei die tolle Sonderburger Natur“, so die frühere Bürgermeisterin.

Mehr lesen