Leitartikel

„Was ist die SP Sonderburg ohne Stephan – was wird Stephan ohne Stadtrat?“

Was ist die SP Sonderburg ohne Stephan – und was wird Stephan ohne Stadtrat?

Was ist die SP Sonderburg ohne Stephan?

Sonderburg/Sønderborg
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Stephan Kleinschmidt ist seit der Kommunalwahl 2005 als Stadtratspolitiker im Sonderburger Rathaus tätig. Foto: Karin Riggelsen

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Die Schleswigsche Partei in Sonderburg muss ab der Kommunalwahl 2025 ersteinmal ohne Stephan Kleinschmidt auskommen. Was macht das mit der Partei? Eine Analyse von Lokaljournalistin Sara Eskildsen.

Was wird aus der Schleswigschen Partei (SP) in Sonderburg ohne Stephan Kleinschmidt? Nachdem dieser am 6. Dezember bekannt gegeben hatte, bei der Kommunalwahl 2025 nicht wieder antreten zu wollen, war der Schreck groß. Denn das S in SP stand viele Jahre inoffiziell auch für Stephan. Stephans Partei.

Kleinschmidt war seit 2005 der große Stimmenfänger bei der Kommunalwahl. Bei der jüngsten Wahl 2021 entfielen von den 3.239 Stimmen der SP 2.040 auf ihn. 2017 war der Stephan-Effekt noch größer: Von den 5.793 Stimmen gingen 4.944 persönlich an Kleinschmidt.

Wie viele Stimmen kann die SP in Sonderburg ohne Stephan holen?

Auch wenn Stephan im Interview versicherte, die SP Sonderburg sei nicht gleich Stephan Kleinschmidt – ohne den charismatischen Parteisprecher hätte die SP in den vergangenen Wahlperioden nicht so gut, ja bei Weitem nicht so gut abgeschnitten.

Die große Frage ist also: Wie viele Stimmen kann die SP in Sonderburg ohne Stephan holen? 

Christel Leiendecker, Kirsten Bachmann und Stephan Kleinschmidt machen für die Schleswigsche Partei Stadtratsarbeit in Sonderburg. Das Bild zeigt das Trio im Dezember 2021. Foto: Karin Riggelsen

Zusammen mit Stephan machen seit 2018 Kirsten Bachmann und Christel Leiendecker Stadtratspolitik für die SP. Seit Januar 2022 sind beide Frauen Vorsitzende wichtiger Ausschüsse: Kirsten leitet den Ausschuss für Technik, Stadt und Wohnen, wo entscheidende Weichen für unter anderem Bauprojekte gestellt werden. Christel ist als Vorsitzende des Ausschusses für Kultur, Sport und Mitbürgerschaft nah dran an den Bürgerinnen und Bürgern und deren Bedürfnissen.

Als Partei ist die SP respektiert, als Brückenbauer längst unersetzlich. Wäre die SP – wäre Stephan – in den vergangenen zwei Jahren nicht derart darauf bedacht gewesen, die große Koalition zu hüten wie ein Hütehund seine Schafherde, die Koalition wäre längst wie eine Glaskugel zerschellt. Und zwar an der Lautstärke der Streitigkeiten, die von Bürgermeister Erik und Venstre-Anführerin Ellen Trane Nørby verbissen ausgetragen werden.

Christel und Kirsten können mit jahrelanger Erfahrung glänzen

Bleibt also abzuwarten, ob diese Brückenbauer-Funktion vor allem Stephan zugeschrieben wird, oder der SP als Partei. Die Aufgabe der SP wird es in den kommenden zwei Jahren bis zur Kommunalwahl sein, die Kandidatinnen und Kandidaten als brückenbauwillige und kompetente Stadtratsmitglieder in Stellung zu bringen. Christel und Kirsten können mit jahrelanger Erfahrung glänzen und 2024 und 2025 im Amt nochmal Vollgas geben, um zu zeigen, was sie an Routine und Kompetenz zu bieten haben.

Dann wird es spannend, welche anderen Kandidaten sich für die SP aufstellen lassen. Können beispielsweise ein selbstbewusster und lokal verankerter Tom Holden Jensen oder ein Nikolai Hartmann wieder in Position gebracht werden und als dynamische Politiker Stimmen einbringen?

Wird die SP eine eigene Bürgermeisterkandidatin oder einen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen schicken und wenn ja, wen? Mit einem Erik Lauritzen, der sich zum 4. Mal zum Bürgermeister wählen lassen will (das Volk gähnt) und einer Ellen Trane Nørby, die bei der letzten Wahl zwar Stimmen holen konnte, aber nicht so viele wie erhofft, stehen die Chancen auf einen Bürgermeister aus der dritten oder vierten Reihe gut wie nie.

Bin ich der einzige Mensch in Nordschleswig, der Stephan für eine Perfektbesetzung hält, wenn Hinrich Jürgensen 2026 als Hauptvorsitzender aus dem Amt ausscheidet?

Sara Eskildsen

Mit dem Wegfallen von Stephan Kleinschmidt, der seit 2005 im Sonderburger Stadtrat sitzt, wird alles anders. Die aktuell bunt gemischten Karten im Stadtrat werden völlig neu gemischt – und in der neuen Wahlperiode möglicherweise in den Farben der Blöcke wieder gegeneinander ausgespielt. Die SP als Partei der Mitte wird sich zwischen den Stühlen und Blöcken behaupten müssen.

 

Nach dann 20 Jahren ist es Stephan mehr als gegönnt, ein Leben ohne Ausschusssitzungen und Stadtratsrunden, ohne stundenlangem Durchlesen von Unterlagen oder Verwaltungspamphleten, ohne Eröffnungen von Sportveranstaltungen und Kantinen und ohne das Zerschneiden von anderweitigen roten Bändern zu führen.

Stephan hält sich die Hintertür zum Sonderburger Rathaus langfristig gesehen sperrangelweit offen. Er nennt es eine „Pause“ von der ehrenamtlichen Stadtratspolitik. Die Chancen stehen gut, dass er zurückkehrt, sobald seine Kinder das ABC lesen und schreiben können. Sobald er als Familienvater wieder mehr Zeit und Raum für seine politische Arbeit hat.

Welche Rolle Stephan sonst noch spielen könnte …

Ob er von der Stadt Flensburg im Frühjahr 2024 erneut zum Dezernent für Projektkoordination, Dialog und Image gewählt wird – denn das macht Stephan hauptberuflich – davon wollte der 46-Jährige seine Entscheidung in Sachen Kommunalwahl nicht abhängig machen. Wie so oft ging es Stephan auch in diesem Fall zunächst einmal um die Sache, nicht um seine Person.

Nicht uninteressant wird bei der Frage zu Stephans lokalpolitischer Zukunft, ob er mittelfristig eine andere wichtige Rolle innerhalb der deutschen Minderheit spielen wird. Beim Bund Deutscher Nordschleswiger beispielsweise. Bin ich der einzige Mensch in Nordschleswig, der Stephan für eine Perfektbesetzung hält, wenn Hinrich Jürgensen 2026 als Hauptvorsitzender aus dem Amt ausscheidet? Sicherlich nicht.

Ob Stephan zur Kommunalwahl 2029 oder 2033 wieder antreten wird, oder nicht, wird man sehen. In der Zwischenzeit und bis auf Weiteres muss die SP Sonderburg beweisen, dass sie mehr ist als Stephan Kleinschmidt. Und zur Kommunalwahl 2025 können die Wählerinnen und Wähler einer Partei die Stimme geben, die ohne Populismus und Gezanke seit 20 Jahren solide Stadtratspolitik mit Ambitionen führt.

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