Kunstausstellung
So schön kann das Thema Tod sein
So schön kann das Thema Tod sein
So schön kann das Thema Tod sein
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Im Sonderburger Schloss hat am Donnerstag die neue Sonderausstellung „Makabre Meisterwerke“ eröffnet. Gezeigt wird Schmuck zum Thema Tod. Goldschmied Oliver Baiker hat eines der Ausstellungsstücke gefertigt und es persönlich im Schloss abgeliefert.
Selten war das Thema Tod so schön wie in der neuen Ausstellung im Sonderburger Schloss, die das Museum Sønderjylland in dieser Woche eröffnet hat. Die Sonderschau „Makabre Meisterwerke“ spiegelt das Verhältnis der Menschen zum Tod mittels Schmuckstücken und Kunstobjekten wider.
40 Schmuckschmiede aus Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Finnland, aus der Schweiz, Polen, Frankreich und Island stellen dem Museum ihre Werke zur Verfügung, wo sie zusammen mit historischen Gegenständen ausgestellt werden.
Goldschmied Oliver Baiker hat sein Kunstobjekt am Mittwoch persönlich im Schloss abgeliefert, wo es vom Konservator in eine Vitrine gesetzt wurde. Der Künstler aus Karlsruhe hat ein „Momento Mori“ geschaffen – ein zerbrechliches Ei als Vanitas-Objekt, als Erinnerung an die eigene Sterblichkeit.
„Angefangen damit habe ich 2008. Ich habe das eigentlich nur für mich gemacht, es war nie die Intention, es zu zeigen oder auszustellen“, so der 55-Jährige Schmuckgestalter.
Ich glaube, wir haben heute das Thema Tod outgesourct. Schmerzen, Krankheit und Leid – das will man am liebsten gar nicht mehr haben.
Oliver Baiker, Goldschmied
Gab es einen Anlass, sich eine Erinnerung an die eigene Sterblichkeit zu schaffen? „Ich habe früher schon welche gemacht, das war das einzige Ei, das überlebt hat. Vielleicht liegt es in meiner Natur, vielleicht lag es damals auch an dem Eindruck der Finanzkrise, ich war recht aufgewühlt und wütend, und man hatte den Eindruck, dass wir alle in die falsche Richtung laufen.“
Als Bodil Binner – eine der Initiatorinnen hinter der Ausstellung – zu Besuch bei dem Goldschmied in Karlsruhe ist, sieht sie das Werk in der Werkstatt und lädt Oliver Baiker ein, das Stück im Rahmen der Ausstellung zu zeigen.
Tod und Schmuckstücke – aus der Tradition heraus eine alte Verbindung, sagt der Goldschmied.
„Es gab schon im Mittelalter und der Renaissance Ringe, in denen Totenköpfe eingearbeitet waren. Später gab es Trauerschmuck, bei dem man auch Haare von Verstorbenen verarbeitet hat. Aber eben auch als Vanitas-Symbol, um sich den Tod auch im Alltag bewusst zu machen. Viele Leute wollen das Thema lieber verdrängen. Aber für mich ist es ein Werkzeug zur Erinnerung. Es ist immer der letzte Schluck Wein, der am besten schmeckt, nur weil wir wissen, dass es der letzte ist. Das hilft mir, die täglichen Momente viel besser wertzuschätzen. Ich glaube, wir haben heute das Thema Tod outgesourct. Schmerzen, Krankheit und Leid – das will man am liebsten gar nicht mehr haben.“
Die Ausstellung zeigt, wie Menschen Schmuck nutzen, um sich zu trösten. Aber auch, um die Sterblichkeit zu verdrängen, Erinnerungen an Verstorbene festzuhalten oder die Hoffnung an ein Leben im Jenseits zu bestärken.
Die Hand eines Hingerichteten liegt in einer Vitrine
Das wohl makaberste Ausstellungsstück ist ein Werk des Künstlers Marco Evaristti: eine echte Menschenhand, die ein Diamantarmband trägt. Die Hand gehörte Gene Hathorn, einem in Texas hingerichteten Gefangenen. Evaristti und der zum Tode Verurteilte vereinbarten, dass der Künstler den toten Körper nach der Hinrichtung verwenden durfte. 24 Jahre lang wartete Hathorn im Todestrakt täglich auf seine Hinrichtung. Nun liegt seine Hand im Sonderburger Schloss – mit einer Handfessel aus Weißgold für ewig mit dem Tod verbunden.
Künstlerin Karin Castens zeigt mit ihrem Beitrag ein Stück deutsche Minderheitengeschichte in Nordschleswig. Karin Castens‘ Urgroßmutter Helene spendete im Ersten Weltkrieg eine goldene Uhrenkette, die als Inspiration für das kriegerische Schmuckstück diente. Durch die Spende erhoffte Helene, ihren Mann, den Arzt Peter Meyer, und ihre beiden Söhne, Otto und Hans Oluf, nach dem Krieg wieder heil in Hadersleben begrüßen zu können. Doch nur zwei der drei kehrten zurück.
„Ante Bellum“ – ein Stück Minderheitengeschichte
Das Werk „Ante Bellum“ von Karin Castens besteht aus oxidiertem Silber, Gelbgold und Rubinen. Für die 3D-Zeichnungen wurde sie von ihrem Bruder unterstützt. In ihrem Blog beschreibt die Künstlerin ihre Arbeit näher: www.castens.com
Auch eine „Sanduhr“, in der statt Sand 2.000 Diamanten durch die Glasmitte rieseln, lässt innehalten und regt wie die gesamte Ausstellung zum Nachdenken an, wie kostbar das Leben ist – und welchen Wert der Mensch dem Leben zumisst.