Mobilität

Dänische und deutsche Straßenverkehrsbehörden wollen mehr voneinander lernen

Dänische und deutsche Straßenverkehrsbehörden wollen mehr voneinander lernen

Straßenverkehrsbehörden wollen mehr voneinander lernen

Pattburg/Padborg
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Jens Holmboe, Direktor der dänischen Verkehrsbehörde und Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH.
Jens Holmboe, Direktor der dänischen Verkehrsbehörde (l.), und Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH, unterzeichnen die Absichtserklärung. Foto: Gerrit Hencke

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Baustellenkoordination, digitales Verkehrsmanagement und nachhaltigere Straßenbauprojekte: „Die Autobahn GmbH des Bundes“ und die dänische Straßenverkehrsbehörde (Vejdirektorat) wollen künftig noch enger zusammenarbeiten und haben dafür am Freitag in Ellund eine Absichtserklärung unterzeichnet. Beide Länder wollen nun Wissen und Erfahrungen in dem Bereich austauschen.

Am Freitagvormittag haben die dänische Straßenverkehrsbehörde (Vejdirektoratet) und das deutsche Pendant, „Die Autobahn GmbH des Bundes“, eine Absichtserklärung unterzeichnet, um die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen beiden Ländern zu stärken. 

Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich Jens Holmboe, Chef des Vejdirektorat, und Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH, auf dem Rastplatz Ellund direkt an der deutsch-dänischen Grenze.

Dies sei ein symbolischer Ort, sagte Krenz zur Begrüßung auf Englisch. „Die Autobahn E45 reicht von Norwegen bis nach Italien, und das zeigt deutlich, dass Straßen nicht an Grenzen enden.“ Daher brauche es auch ein effizientes grenzübergreifendes Verkehrsmanagement und eine Kooperation bei Zukunftsthemen. Die Vereinbarung zwischen den beiden Behörden bezeichnete er als „wichtigen Schritt zur Intensivierung der Zusammenarbeit“.

Die Autobahn E45 reicht von Norwegen bis nach Italien, und das zeigt deutlich, dass Straßen nicht an Grenzen enden.

Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH
Vejdirektorat Autobahn GmbH
Ein symbolischer Ort für eine Absichtserklärung: der Rastplatz Ellund direkt an der deutsch-dänischen Grenze Foto: Gerrit Hencke

Zusammenarbeit bereits am Grenzübergang

Die Worte dringen kaum bis zu den versammelten Journalistinnen und Journalisten durch, denn der Lärm ist direkt neben der Fahrbahn immens. Während dort die Autos in Richtung Süden vorbeirauschen, stockt der Verkehr in Richtung Norden am Grenzübergang immer wieder. Die neuen gelben Markierungen, die seit Ostern den Verkehrsfluss beschleunigen und verstetigen sollen, werden über den Sommer weiterhin getestet, sagt Klaus-Peter Sellmer von der Straßenmeisterei Schleswig, die bis zur Grenze zuständig ist, dem „Nordschleswiger“.

Die Maßnahme zum besseren Verkehrsfluss an der Grenze in Richtung Norden ist bereits ein erstes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen der dänischen und der deutschen Behörde. Schon kurz nach der Gründung der Autobahn GmbH 2021 gingen beide Länder aufeinander zu. Die Unterzeichnung der Absichtserklärung war an diesem Freitag daher eher ein symbolischer Akt. 

Die Ergebnisse des Tests an der Grenze werden im August ausgewertet. Sind die Spuren eine Lösung, werden sie dauerhaft aufgebracht, nachdem von August bis Oktober die Fahrbahndecke in Richtung Norden erneuert wird. Der Verkehr wird derzeit auf zwei Spuren an den zwei Kontrollhäuschen vorbeigeführt. Dabei sollen Lkw die rechte Spur nutzen, Pkw dürfen sie nutzen. Die linke Spur ist ausschließlich Pkw vorbehalten.

Menschen und Gütertransport im Fokus

Auch Jens Holmboe hält eine kurze Ansprache in englischer Sprache und stellt dabei die Menschen und den für Dänemark wichtigen Güterverkehr in den Vordergrund. „Es geht uns darum, Menschen sicher und effizient von A nach B zu bekommen und mit der Zusammenarbeit einen saubereren Verkehrsfluss zu schaffen.“ Dabei können Deutschland und Dänemark voneinander lernen. 

Dänemark teile die gesamte Landgrenze sowie mehrere Fährübergänge und die künftige Fehmarnbelt-Querung mit Deutschland. Daher sei eine Zusammenarbeit sowohl für den Tourismus als auch für die dänischen Exporte von großer Bedeutung.

Die Grenzkontrollen sind eine politische Entscheidung, wir kümmern uns darum, für die Umstände die bestmögliche technische Lösung zu finden.

Jens Holmboe, Direktor Vejdirektoratet

Nachhaltige Baustellen und CO2-Reduktion

Konkret lernt zum Beispiel Deutschland von Dänemark, wie man Baustellen nachhaltiger gestalten kann. In Dänemark nutzt man hierzu ein Modell namens „InfraLCA“, mit dem die CO2-Emissionen von Straßenbau- oder Instandhaltungsprojekten berechnet werden können.

„Das probieren wir aus, wenn wir nach dem Sommer die Oberfläche auf der A7 erneuern“, sagt Krenz, der als Flensburger das Grenzland gut kennt, dem „Nordschleswiger“. Bei der CO2-freundlichen Baustelle gehe es im Prinzip um die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft. „Abbruchmaterial müssen wir nicht quer durch Deutschland fahren und können zum Beispiel bei der Auswahl der Baumaterialien auf Umweltfreundlichkeit achten.“ 

Aber auch die Antriebswende sei ein entscheidender Faktor, sagt Krenz. „80 Prozent der Verkehre sind auf der Straße, nur 15 Prozent bei der Bahn. Wir müssen also nachhaltiger werden, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Wir müssen weg vom Verbrenner hin zu elektrischen Antrieben, zur Brennstoffzelle.“ Dafür brauche es aber auch entsprechende Ladeinfrastruktur, die massiv ausgebaut werde.

In Dänemark wurde über fast zehn Jahre ein neuer Asphalt entwickelt, der künftig überall im Land aufgebracht wird. „Dieser obere Fahrbahnbelag verringert den Rollwiderstand und kann so rund ein Prozent Kraftstoff einsparen“, sagt Holmboe dem „Nordschleswiger“.  Die durchschnittliche Lebenserwartung einer Asphaltdecke beträgt 16 Jahre.

Jens Holmboe (l.) und Stefan Krentz
Jens Holmboe (l.) und Stefan Krentz Foto: Gerrit Hencke

Digitales Verkehrsmanagement

In Dänemark ist man hingegen recht angetan vom deutschen Wissen über intelligente digitale Verkehrsmanagementsysteme. Hinter der etwas sperrigen Abkürzung C-ITS (Cooperative Intelligent Transport Systems) versteckt sich etwa die Idee, dass Fahrzeuge sich mithilfe digitaler Technologien gegenseitig über Verkehrs- und insbesondere Gefahrensituationen informieren sollen. In Deutschland wird derzeit der digitale Baustellenwarner eingeführt. Das System informiert die damit vernetzten Fahrzeuge frühzeitig über Tagesbaustellen.

„Es geht um praktische Lösungen, die nicht zu kompliziert sind“, sagt Holmboe und nennt auch digitale Verkehrsschilder und digitale Baustellenplanung als Beispiele, bei denen beide Behörden voneinander lernen können. 

Baustellenkoordination und EM 2024

Ein Schwerpunkt der künftigen Zusammenarbeit ist das Korridor- und Baustellenmanagement, um den Verkehr entlang der wichtigen Autobahn zu lenken und im Bedarfsfall grenzüberschreitend weiträumig umleiten zu können. Beeinflusst eine Baustelle den Grenzverkehr, sollen schon vor deren Einrichtung gemeinsame Lösungen entwickelt werden. 

So habe etwa eine Sperrung des Elbtunnels oder eine Erneuerung der Fahrbahndecke auf der A7 unmittelbar auch Auswirkungen auf den Verkehr von und nach Dänemark, sagt Krenz. Gerade der Grenzverkehr habe in den vergangenen Jahren zugenommen. Das betreffe den Gütertransport, aber auch Tourismus und Grenzpendelnde.

Bauarbeiten beidseits der Grenze sollen künftig besser abgestimmt werden. Mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland sei es beispielsweise wichtig, dass an einem Spieltag in Hamburg auf der A7 keine Baustellen sind, damit Gäste – auch aus Skandinavien – zu den Spielorten kommen.

Dass die Grenzkontrollen den Verkehrsfluss an diesem Freitag stören, wird während des Ortstermins sichtbar. „Die Grenzkontrollen sind eine politische Entscheidung, wir kümmern uns darum, für die Umstände die bestmögliche technische Lösung zu finden“, sagt Holmboe im Hinblick auf die neuen Markierungen. 

Verkehrsminister begrüßt Absichtserklärung

Dänemarks Verkehrsminister Thomas Danielsen (Venstre) zeigte sich laut einer Pressemitteilung erfreut, dass die beiden Straßenverkehrsbehörden ihre Zusammenarbeit nun auch auf dem Papier besiegeln. „Es ist ein großer Vorteil für die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer – und insbesondere für die Grenzgänger – dass es eine gute und konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Straßenverkehrsbehörden in Dänemark und Deutschland gibt“. Gleichzeitig gebe es in beiden Ländern viele gute Erfahrungen, die sinnvoll miteinander geteilt werden können. Ein Beispiel sei der Ideenaustausch zur Reduzierung von CO2-Emissionen bei der Instandhaltung von Straßen und Brücken.

Die beiden Behörden wollen sich künftig mindestens zweimal im Jahr in ihren verschiedenen Arbeitsgruppen treffen.

Zahlen und Fakten

Dänische Straßenverkehrsbehörde (Vejdirektorat)

  • dem Verkehrsministerium unterstellt
  • zuständig für rund 3.800 Kilometer Straßen, Schnellstraßen und Autobahnen
  • ca. 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Die Autobahn GmbH des Bundes

  • gegründet im Jahr 2021 als Zusammenschluss der Straßenbauverwaltungen der Bundesländer
  • zuständig für 13.000 Kilometer Autobahn und damit die größte Autobahnorganisation Europas
  • ca. 13.000 Beschäftigte

 

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