Kulturkommentar

„Modell Grenzland?“

Modell Grenzland?

Modell Grenzland?

Harro Hallmann
Apenrade/Aabenraa
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In einem Kulturkommentar befasst sich Harro Hallmann, Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen und Kommunikationschef des Bundes Deutscher Nordschleswiger, mit dem Grenzland als Modellregion. Er geht darauf ein, wann es angebracht ist, gute Ratschläge mit Bescheidenheit und Zurückhaltung zu geben.

2019 war ich zweimal in der Ukraine in Verbindung mit einem von der EU finanzierten und vom ECMI (dem Minderheitenforschungsinstitut in Flensburg) geleiteten Projekt. Ziel war die Unterstützung der Dezentralisierungsmaßnahmen und dies speziell auf dem Gebiet der Minderheitenpolitik. Ich durfte über die Erfahrungen des deutsch-dänischen Grenzlandes berichten.

Letzten Endes habe ich gewiss mehr gelernt als die Ukrainer, die mir zuhörten. Ich bin bescheidener geworden, was die Anwendung unserer Erfahrungen aus dem Grenzland in anderen Regionen betrifft. So ist es auch bewusst, dass wir in der Bewerbung an die Unesco für die Anerkennung des Zusammenlebens im Grenzland nicht so sehr von Modell sprechen, sondern von einem minderheitenpolitischen Werkzeugkasten, aus dem man gezielt passende Werkzeuge heraussuchen kann.

Dass die Bewerbung scheiterte, ist ärgerlich, vor allem weil ich überzeugt bin, dass sie bei Behandlung nach dem 24. Februar akzeptiert worden wäre.

Eine der Erfahrungen, die man – so meinen viele – einbringen könnte, sind die Volksabstimmungen von 1920. Aber auch das ist – aus vielen Gründen – nicht so einfach. Hier sollen nur zwei angeführt werden: Schleswig war im ersten Halbjahr 1920 de facto ein selbstständiger Staat, regiert von einer internationalen Kommission (CIS) mit eigenem Machtapparat, Regeln, Briefmarken etc. Unter der Leitung der CIS konnte die Volksabstimmung vorbereitet und durchgeführt werden und das so gut, dass es praktisch keine Klagen über den Ablauf gegeben hat. Und trotzdem hat unter anderem die deutsche Minderheit das Ergebnis der Abstimmung nicht akzeptiert.

Auch das zeigt, dass wir unsere guten Ratschläge mit Bescheidenheit und Zurückhaltung geben sollten.

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