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Das waren unsere Live-Erlebnisse 2023

Das waren unsere Live-Erlebnisse 2023

Das waren unsere Live-Erlebnisse 2023

Der Nordschleswiger
Der Nordschleswiger
Nordschleswig
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Gänsehaut-Erlebnisse gab es für die Angestellten des „Nordschleswigers“ in den vergangenen Monaten mehrere (Symbolbild). Foto: Ritzau/Scanpix

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Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des „Nordschleswigers“ schreiben über ihre live erlebten Höhepunkte des Jahres 2023 – von rauschenden Konzerten bis zu stillen Stunden im Wald.

Simon Kvamm schafft es immer wieder, mit neuen Ideen im Rampenlicht zu stehen. Foto: Martin Sylvest/Ritzau Scanpix

Gwyn Nissen: Das Multitalent Simon Kvamm

Kennst du das Gefühl, etwas verpasst zu haben: Irgendwann ist die Band, die du anbetest, aufgelöst (also bis auf die Rolling Stones natürlich). Ich ärgere mich darüber, dass ich nie Queen in der Originalbesetzung gesehen habe. Ich habe Pink Floyd und Genesis verpasst und nie meine Helden aus den 80er-Jahren, Journey, erlebt.

In Dänemark war die Band Nephew weg, bevor ich die Elektromusik-Rocker um Simon Kvamm live erleben konnte. Die Band hat sich viel zu schnell aufgelöst. Zum Glück hat Kvamm eine neue Gruppe um sich gebildet: Hugorm (Deutsch: Kreuzotter) rockt jetzt in ganz Dänemark, und bevor die Band jetzt in den ganz großen dänischen Arenen auftreten wird, durfte ich das Rock-Trio in Sonderburg erleben.

Simon Kvamm ist ein musikalisches Multitalent und auch ein wenig schräg. Er hat Satire im dänischen Fernsehen gemacht und ist Juror bei der Talentshow X-Factor. Und dann ist er immer noch der beste Elektro-Rock-Musiker des Landes, der eine exzellente Show abliefern kann.

 

 

 
Ab ins Körbchen: Esskultur beginnt im Wald. Foto: Sara Eskildsen

Sara Eskildsen: Den Pilzen beim Wachsen zuhören

Mein Live-Erlebnis 2023 fand weder im Theater- noch im Kinosaal statt, sondern in der Quarser Heide. Seit Jahren trug ich den Wunsch mit mir herum, selbst Pilze zu sammeln. Im Oktober konnte ich diesen Wunsch endlich zusammen mit diversen schmierigen Butterpilzen und ein paar Maronen-Pilzen in einem Bastkörbchen ablegen.

Der Sozialdienst Fördekreis hatte die Pilztour organisiert, und in diesem Jahr kreuzte ich mir diesen Termin dick im Kalender an und schickte eine verbindliche Anmeldung ab. Zusammen mit einer Gruppe Pilz-Laien und einer Pilz-Kennerin schwärmte ich aus.

Der Duft des Mooses, die kindliche Freude, wenn man einen Pilz entdeckte, das leichte Säuseln des Windes in den Tannenwipfeln ­­– der Nachmittag im Wald war einfach wohltuend. Und ich bilde mir ein, dass ich den Pilzen beim Wachsen zuhören konnte.

Abends bereitete ich aus meiner Sammlung eine Pilzpfanne, und ein Hauch von Abenteuer umwehte meine Gabel, als ich sie in die erste Pilzscheibe stach und zum Mund führte.

Ich werde mich auch in den nächsten Jahren im Herbst immer wieder aufmachen, um Pilze zu sammeln. Mein Naturkulturgut des Jahres ist, dass ich jetzt Pilze sammeln kann.

 
Newcomer-Band Zar Paulo, 2023 Foto: Zar Paulo

Anna-Lena Holm: Zar Paulo – Hingucker für die Ohren

Es begann mit einem bestimmten Lied, das mir mein Mann bereits seit Wochen immer wieder vorspielte. Der ungewöhnliche Name der dazugehörigen Band: Zar Paulo. Der Song „Stop Believing“ wurde, so kann man es wohl nennen, unser Frühlingshit. 

Laut aufgedreht sangen wir den Text mit, wenn wir uns im Auto auf den Weg zur Fünschen Küste machten, um die ersten wärmeren Spaziergänge zu unternehmen. (Ich lebe in Odense.)

Zar Paulo ist eine aus Aarhus stammende Band, die New-wave-Pop-Rock-Musik macht. Sie singen auf Dänisch. Auch wenn der oben genannte Titel des Liedes Englisch ist. Seit 2022 haben die fünf Freunde einen Raketenstart hingelegt.

Weil man dann doch gelegentlich One-Hit-Wondern begegnet und mir nicht selten eher einzelne Lieder als das ganze Werk einer Künstlerin oder eines Künstlers gefallen, habe ich mich erst mal nicht weiter für die Band hinter dem Lied interessiert.

Das änderte sich im Juli. Zufällig sahen wir eines Tages, dass Zar Paulo am Abend in Svendborg spielen würde. Wir hatten frei, die Laune war gut und so entschieden wir uns kurzfristig dafür hinzufahren.

Es wurde ein unvergessliches Konzert. Die Bühnenpräsenz des Frontsängers ist so besonders und fesselnd, dass man den Blick kaum von ihm lösen kann. Seine ausdrucksstarke Mimik und Gestik unterstreichen die Texte seiner Lieder perfekt, lassen ihn mitunter geradezu verrückt wirken. 

Und nicht nur die visuelle Darbietung überzeugte. Alle Lieder hatten Ohrwurm-Potenzial. Das Publikum jedenfalls war an diesem Abend nicht zu halten. Es war ein einziges Auf- und Ab-Gehüpfe und In-die-Hände-Klatschen. Diese Band einmal live zu sehen, ist ein großartiges Erlebnis und eine klare Empfehlung meinerseits (und die meines Mannes)!

Seitdem ist es nicht mehr nur unser Frühlingshit, der bei uns zu Hause gerne immer wieder gespielt wird. 

 

 
Tenacious D
Tenacious D bei ihrem Konzert in Hamburg im Juni 2023 Foto: Gerrit Hencke

Gerrit Hencke: Bühnenspektakel und Klassiker zum Mitsingen

Ob Kyle Gass (63) und Jack Black (54) in naher Zukunft wieder nach Hamburg kommen, ist nicht sicher. Weil meine Frau und ich Tenacious D schon immer mochten, auch weil Black ein sehr humorvoller Schauspieler ist, schenkte ich uns die Tickets im vergangenen Jahr zu Weihnachten. Ein halbes Jahr später standen wir Anfang Juni zusammen mit 6.500 weiteren Anhängern des Comedy-Rock-Duos in der Sporthalle – und es wurde ein Fest.

Die meisten Zuhörerinnen und Zuhörer konnten in den 90 Minuten die größten Hits bis auf die letzte Textzeile mitsingen. Dazu kam eine beeindruckende Bühnenshow. Medienkritik, wonach die Songs der Band die Raffinesse von Nickelback-Albumfüllern haben und die Solos technisch mittelklassig, kann ich nicht nachvollziehen. Ja. Vielleicht. Aber bei Tenacious D geht es nicht um das letzte Quäntchen Technik, sondern um Humor, Herz, gute Laune und die Erinnerungen an die eigene Jugend. Das erste Album der Band kam immerhin vor 22 Jahren in die Regale.

Der Rausschmeißer war „Good times, bad Times“ von Led Zeppelin. Musikalisch ein Feuerwerk. Und so fühlten wir uns an diesem Abend gut unterhalten und hatten auch auf der Rückfahrt noch einmal die Playlist an. 

 
Cari Cari bei einem Auftritt auf einer etwas größeren Bühne ein Berlin Foto: Cari Cari

Walter Turnowsky: Energisches Indie-Duo aus Österreich in Kopenhagen

Mit Alexander Köck an der Gitarre, Stephanie Widmer am Schlagzeug und mit beiden singend ist die Indierock-Band Cari Cari so etwas wie eine österreichische Version der „White Stripes“. Allerdings mit dem Unterschied, dass Stephanie auch noch das Aboriginal-Instrument Didgeridoo spielt.

Vom Energieniveau beim Konzert her können die beiden auch durchaus Meg und Jack White das Wasser reichen. Im August spielten sie ihr erstes Konzert in Dänemark und Skandinavien in der kleinen Kopenhagener Konzertstätte „Stengade“.

Als sich die Band vorstellte, klang noch eine gewisse Nervosität ob des Auswärtsauftritts, doch im selben Moment, als Stephanie die Schlägel wirbeln ließ und Alexander in die Saiten griff, schien die wie verflogen. Man befürchtete fast, der schlaksige Gitarrist würde bei seinen Luftsprüngen in dem niedrigen Raum mit dem Kopf an die Decke stoßen.

Die beiden behaupten, sie hätten die Band mit dem Ziel gegründet, dass Quentin Tarantino ihre Musik in einem seiner Filme verwenden sollte. Sein Filmuniversum hat die inspiriert, und selbstverständlich haben sie ihm auch einen Song gewidmet.

Cari Cari ist eine typische Liveband, die im Vergleich zu den Videos erst auf der Bühne ihr volles Potenzial entfaltet. Eindeutig empfehlenswert, vorbeizuschauen, wenn sie mal in der Nähe auftreten. Die Band ist regelmäßig in Deutschland auf Tournee.

 

 
Sønderborg Gospel Choir beim ersten Konzert zum 30-jährigen Bestehen Foto: Ilse Marie Jacobsen

Ilse Jacobsen: Gospel eine Vitamintablette

Ich mag Gospelkonzerte. Nicht nur, weil die Musik das Herz berührt. Sie schenkt dem Publikum viel mehr. Gospel ist eine gute Botschaft, ein Hoffnungsschimmer, eine Hilfe – und nicht zuletzt eine ordentliche Portion frische Energie.

Ein einzigartiges Erlebnis war vor vielen Jahren ein Gospelkonzert in einer Kirche im New Yorker Stadtteil Harlem. In den Kirchen der Schwarzen in den USA begann der Gospel einst als kirchliches Musikelement. Seither haben die Spirituals sich mithilfe von Blues, Pop und Rock zu einem eigenen inspirierenden Stil entwickelt.

Eine gelungene Überraschung war das Jubiläum zum 30-jährigen Bestehen des Sønderborg Gospel Choir in Sonderburg im September. Die 30 Sängerinnen und Sänger und die professionelle Chorleiterin Johanna Løhde Nielsen machen nie halbe Sachen. Die Leiterin verlangt von den Singenden, dass sie immer ihr Bestes geben. Und das können sie. Der Chor riss das Publikum im voll besetzten Saal des Sønderborghus von Anfang bis Ende mit.

Die Zuhörenden – ob Erwachsene oder Kinder – verfolgten zwei Stunden lang das unterhaltsame Treiben auf der Bühne, bei dem nicht nur mit einer immensen Stimmengewalt gesungen wurde. Die Begeisterung des Chors schwappte hinunter zu den Zuhörenden.

Einige der Sängerinnen erzählten, was diesen Chor für sie zu einer ganz besonderen Gemeinschaft macht. Über die vielen verschiedenen Nationalitäten, die Kuchenfreude – und die für alle so wichtige Gemeinsamkeit. Sie sind füreinander da. Für die Sängerinnen und Sänger ist Gospel etwas, was sie nicht missen wollen: Sie sind oft viele Jahre dabei.

Das gut gelaunte Treiben schloss mit einem Abschiedslied, nicht auf der Bühne, sondern zwischen den Tischen der Zuhörenden. Dem Chor wurde nach dem Gospelkonzert mit einem tosenden Beifall gedankt. Dieses Dankeschön hatten sie verdient!

 
Der isländische Singer-Songwriter Axel Flóvent geht meist mit seiner Gitarre auf die Bühne. Foto: Karin Riggelsen

Amanda Klara Stephany: Axel Flóvent in der Christianskirche Altona 

Normalerweise besuche ich die Kirche in meiner Freizeit nicht. Doch für mein Kultur-Highlight ging es für mich am 11. Mai zum Konzert in die Christianskirche in Hamburg-Altona. Und auch der Künstler, der dort auftrat, hatte nicht wirklich etwas mit Religion zu tun. Doch im Rahmen der „Pop Seasons“, einer Konzertreihe in Zusammenarbeit von popup booking und der Kirchengemeinde Ottensen öffnet die Stadtkirche ihre Türen für Konzerte.

Ein tolles Konzept, das mich endlich dazu brachte, Axel Flóvent live zu erleben. Der isländische Folk-Künstler begleitet mich schon seit geraumer Zeit und findet sich in vielen meiner Playlists wieder, die ich bei einem schwedischen Musik-Streaming-Dienst akribisch erstelle. Es war ein kleines, intimes Konzert, das der Sänger solo performte. Axel Flóvent war witzig, sorgte für einige Lacher zwischen seinen Liedern, die melodisch, emotional und vielleicht schon etwas nostalgisch sind. Die Kirsche (nicht Kirche, wobei das wohl auch) auf dem Sahnehäubchen war aber auf jeden Fall auch die Atmosphäre und Umgebung, die das Konzert so besonders machte.

Wer selbst gerne mal bei dem Sänger aus einem isländischen Fischerdorf reinhören möchte, dem empfehle ich meine beiden Lieblingslieder „Forest Fires“ und „City Dream“.


 

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