Musikvereinigung Nordschleswig

Von der Vertretung zur Musikkonsulentin: Monika Merz ist gekommen, um zu bleiben

Von der Vertretung zur Musikkonsulentin: Monika Merz ist gekommen, um zu bleiben

Monika Merz ist gekommen, um zu bleiben

Apenrade/Aabenraa
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Zum Abschied hat Monika Merz von jedem Chormitglied der Musikvereinigung Nordschleswig eine Blume geschenkt bekommen. Foto: Privat

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Zweimal ist Monika Merz als Chorleiterin bei der Musikvereinigung Nordschleswig als Schwangerschaftsvertretung eingesprungen. Im August gibt sie den Taktstock an Susanne Heigold zurück. Warum die Rheinland-Pfälzerin der Minderheit trotzdem nicht den Rücken kehrt, verrät sie im Interview.

Zur Person

Monika Merz ist studierte Chorleiterin und Stimmbildnerin aus Zornheim bei Mainz. Sie kann auf fast 40 Jahre Berufserfahrungen zurückblicken. Auf Facebook hatte sie zum ersten Mal von der Schwangerschaftsvertretung bei der Musikvereinigung Nordschleswig erfahren. Ihre erste Vertretungszeit begann sie im Januar 2020. Aufgrund der Corona-Pandemie war Monika Merz gezwungen, diese im März 2020 abzubrechen. Von August bis Dezember 2021 sprang sie erneut als Chorleiterin bei der Musikvereinigung ein. Seit Januar 2022 ist sie als Musikkonsulentin beim Bund Deutscher Nordschleswiger angestellt und will Musik über Generationen hinweg in die deutsche Minderheit bringen.

Eigentlich hatte sich „Der Nordschleswiger“ mit Monika Merz zu einem Interview über ihren Abschied aus Nordschleswig verabredet, weil ihre Vertretungszeit als Chorleiterin bei der Musikvereinigung Nordschleswig zu Ende geht. Doch schnell wurde klar, dass es sich bei dem Gespräch um alles andere als ein Abschiedsinterview handelte.

Du bist zum zweiten Mal als Schwangerschaftsvertretung bei der Musikvereinigung Nordschleswig als Chorleiterin eingesprungen. Ist die Vertretungszeit jetzt zu Ende? Wie geht es für dich weiter?

„Die Musikvereinigung Nordschleswig geht in die Sommerpause, wenn die vorbei ist, kommt Susanne Heigold im August zurück, deshalb ist meine Vertretungszeit nun beendet. Das macht mich etwas wehmütig. Ich habe mich sofort willkommen geheißen gefühlt bei der Musikvereinigung. Mir ging es ab dem ersten Moment hier in der Gegend einfach gut. In der Zeit von August bis Dezember bin ich zwischen Dänemark und Deutschland gependelt, weil ich dort auch noch Projekte hatte. Das habe ich für mich zum Anlass genommen, um zu gucken: Wie fühlt es sich an, wenn ich nach Hause fahre. Es hat sich aber immer gut angefühlt, wieder nach Nordschleswig zu fahren, so dass ich dachte, ich kann es mir vorstellen hier zu bleiben. Dann habe ich es mit meiner Frau und meinen drei erwachsenen Kindern abgeklärt, ob das für die okay ist. Und jetzt bin ich seit Januar Musikkonsulentin der Minderheit und bis August vorrangig in der Musikvereinigung tätig.“

An welchen Projekten habt ihr in den Chören gearbeitet?

„Wir haben die Weihnachtskantate für Chor, Soli und Orchester von Josef Rheinberger vorbereitet, ebenso Stücke aus dem Weihnachtsoratorium BWV 248 von Johann Sebastian Bach. Ich hoffe, dass Susanne gut daran anknüpfen und mit den Chören weiterarbeiten kann.“

Wie war der Abschied von der Musikvereinigung?

„Es gab ein Abschiedssommerfest, das extra für mich organisiert wurde. Ich war sehr bewegt, das war eine tolle Sache und etwas ganz Besonderes für mich. Wir waren im Apenrader Ruderverein. Das ist eine sehr schöne Location, direkt am Meer. Wir waren 65 Leute und ich habe mich sehr geehrt gefühlt. Wir haben gut gegessen und getrunken, uns gut unterhalten und natürlich auch zusammen gesungen. Jeder hat sich nochmal persönlich von mir verabschiedet und mir eine Blume aus seinem Garten mitgebracht. Das herrliche Blumenmeer duftet nun in meiner Wohnung.“

Die Musikvereinigung Nordschleswig besteht aus den Chören in den Kommunen Apenrade, Tondern und Hadersleben. Viele Mitglieder waren zum Ruderverein Apenrade gekommen, um sich von Monika Merz zu verabschieden. Foto: Privat

Aber eigentlich bleibst du ja in Nordschleswig?

„Es ist aber gefühlt ein Unterschied. Ich bin sonst montags, mittwochs und donnerstags immer in den Chören gewesen. Das fällt dann jetzt weg. In Tondern und Hadersleben komme ich nicht mehr einfach vorbei. Das ist schon etwas anderes.“

Welche Projekte hast du dir als Musikkonsulentin vorgenommen?

„Geplant ist, dass ich in die Kindergärten gehe und da mit den Kindern Musik mache – oder auch Fort- und Weiterbildungen für Pädagogen. Musik und insbesondere das Singen sind für die Entwicklung des Kindes sehr wichtig. Und das mit verschiedenen Ideen in die Praxis umzusetzen, ist eine meiner Aufgaben und Ziele. Gerne möchte ich auch in den Schulen Projekte machen. Eine Idee ist, einen Kinderchor zu etablieren. Auch habe ich vor, einen jungen gemischten Chor zu gründen. Mit der Zielgruppe von 14 bis 27 Jahren, der deutsche Lieder in neuen Pop Jazz Arrangements singt. Ideen gibt es also genug.“

Ich glaube, jeder Mensch singt gerne, die Frage ist nur, warum er das nicht tut und wie wir das wieder etablieren können, dass es Freude macht.

Monika Merz, Musikkonsulentin

Worauf legst du bei deinen Projekten in der Minderheit deinen Fokus?

„Für mich ist es wichtig, dass alle Generationen beteiligt sind. Es ist wichtig, die deutsche Kultur und Tradition zu erhalten. Ob es unsere alten Volkslieder sind oder Schlager, Deutschrock oder Pop, die Klassik nicht zu vergessen – wir haben eine gute und wertvolle deutsche Musikkultur, die gilt es zu erhalten, weiterzugeben und zu erweitern. Es gibt einen Bedarf zum Singen, denn Rhythmus, Singen, Bewegung sind uns angeboren, das ist etwas Natürliches. Meine Erfahrung ist, dass die Menschen sich nach dem Singen einfach besser fühlen und mehr Energie haben. Ich glaube, jeder Mensch singt gerne, die Frage ist nur, warum er das nicht tut und wie wir das wieder etablieren können, dass es Freude macht.“

Immer im Rhytmus: Monika Merz vor dem Apenrader Chor. Foto: Malte Cilsik

Gibt es da einen Unterschied zwischen Deutschland und Dänemark?

„Es scheint, dass es in Deutschland eine größere Hemmschwelle gibt zu singen. Das hat viele Gründe, aus meiner Sicht auch einen geschichtlichen Hintergrund. Durch den Krieg wurden aus bestimmten Gründen viele Volkslieder mit anderen Texten versehen. Es gibt eine große Angst und Vorsicht bei den Deutschen, wenn es um Volkslieder geht. Die Dänen lieben es, gemeinsam zu singen. Ich war auf einem Konzert bei The Savage Rose. Bevor die Band spielen durfte, wurde mit den Konzertbesuchern erstmal gemeinsam ein Lied gesungen. Danach begann das Konzert. Das war toll. Und diesen „Fællessang“ möchte ich auch gerne in der Minderheit mit deutschen Liedern etablieren. Das ist dann ein Offenes Singen, bei dem jeder mitsingen kann.“  

Was hat das für Vorteile?

„Beim Offenen Singen gibt es im Gegensatz zum Chor keine Erwartungen, dass man gut singen können muss. Das kann helfen, die Hemmschwelle abzubauen. Es ist bekannt, dass sich das Singen positiv auf das Immunsystem und das Nervensystem auswirkt. So könnte man zum Beispiel vor Schulbeginn gemeinsam Lieder singen. Damit hätten alle einen guten Start in den Schulalltag. Das könnte man auch in jedem Verein der Minderheit vor Dienstbeginn machen. Und wenn wir das in unserer Sprache tun, identifizieren wir uns, entwickeln ein Gemeinschaftsgefühl und erhalten, fördern und entwickeln die Sprache.“

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