Kommunalpolitik

Zwangsenteignung als letzter Ausweg

Zwangsenteignung als letzter Ausweg

Zwangsenteignung als letzter Ausweg

Hadersleben/Haderslev
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Seit neun Jahren ist Benny Bonde (Neue Bürgerliche) der kommunale Mann für Enteignungen. Auf seine bisherige Erfolgsrate von 100 Prozent ist er stolz. Diesmal aber, so sagt er, werde es schwierig. Foto: Ute Levisen

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Einmütig hat das Haderslebener Kommunalparlament auf seiner jüngsten Sitzung entschieden, grünes Licht für ein Enteignungsverfahren in Arnum zu geben. Damit soll der Weg für eine Straße von Sondertransporten für die Windkraftindustrie zum Industriegebiet geebnet werden. Dennoch hofft die Politik, eine Enteignung wider Willen vermeiden zu können.

Der Kommunalvorstand hat auf seiner Sitzung am Dienstagabend grünes Licht für die Einleitung eines Enteignungsverfahrens am Arnum Nørremark in Arnum gegeben. Damit soll der Weg für die Sondertransporte frei gemacht werden, die in regelmäßigen Abständen das Arnumer Industriegebiet zum Ziel haben. Dort residiert eine Niederlassung des Unternehmens „DanCoat“, das sich auf die Oberflächenbehandlung von Windturbinen spezialisiert hat.

Entsprechend oft fahren Sondertransporte durch das Wohnviertel am Stensbækvej in Arnum, dessen Bewohnerinnen und Bewohner seit Jahren wider Willen damit leben müssen.

Die „billigste“ Lösung

Eine Umgehung über den Arnum Nørremark soll Abhilfe schaffen. Dazu müssten allerdings etwa 800 Quadratmeter Feldfläche enteignet werden.

Dagegen wiederum sperrt sich einer der betroffenen Grundeigentümer, Thorkild Gaarde Nissum. Seine Begründung: Mit dem Ausbau des Feldweges würde man das Problem lediglich verlagern, denn auch bei dieser Lösung müssten Einwohnerinnen und Einwohner künftig mit an ihren Häusern vorbeifahrenden Schwerlasttransportern leben. Nissum hatte angekündigt, bis zur letzten gerichtlichen Instanz gegen eine eventuelle Enteignung vorgehen zu wollen.

 

Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei ist seit elf Monaten Vorsitzender des Ausschusses für Technik und Klima. Seine Aufgabe ist es nun, die Beschlüsse des früheren Stadtrates mit umzusetzen. Foto: Ute Levisen

Politisches Dilemma

Die Kommunalpolitik steht somit vor einem Dilemma. Der alte Stadtrat hatte sich bereits im Sommer des Vorjahres für die preisgünstigste Lösung entschieden, die einen Ausbau von Arnum Nørremark in Höhe von 1,5 Millionen Kronen vorsieht. Bei der Wahl der teuersten Alternative, Kostenpunkt 3,5 Millionen Kronen, hätte die Kommune eine neue Umgehung anlegen müssen. Im Gegenzug wären davon keine Anrainer betroffen.

Keine guten Karten

Eine juristische Einschätzung verweist darauf, dass die Kommune bei einem Gerichtsprozess mit einer Niederlage rechnen muss, gerade weil es Alternativen zu einer Enteignung gibt.

„Wir hoffen, dass wir uns mit den betroffenen Grundeigentümern gütlich im Rahmen eines Enteignungsverfahrens einigen können – und eine Lösung finden, mit der alle zufrieden sind“, sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Technik und Klima, Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei, am Mittwoch: „Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.“

Er hoffe, so Leth, dass sein Ratskollege Benny Bonde mit Blick auf dessen bisherige Erfolgsrate den gordischen Knoten in Arnum wird lösen können.

„Blutendes, liberales Herz"

Ausschussmitglied Benny Bonde (Neue Bürgerliche), der zugleich Vorsitzender des kommunalen Enteignungsausschusses ist, wird demnächst bei einem Ortstermin mit den Grundeigentümern sprechen – und dies mit „blutendem, liberalem Herzen“, so der Politiker, der seit neun Jahren der politische Mann für kommunale Enteignungsverfahren – und stolz auf seine bisherige Erfolgsquote von 100 Prozent gewesen ist: „In diesem Fall aber wird es schwierig – und ich bin mir des Erfolgs diesmal keineswegs gewiss.“

 

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