Ehrenamt

Lese-Dackel Lucy sucht dringend nach einer Arbeitsvertretung

Lese-Dackel Lucy sucht dringend nach einer Arbeitsvertretung

Lese-Dackel Lucy sucht nach einer Arbeitsvertretung

Hadersleben/Haderslev
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Trotz des gemeinsamen Lesen, verstehen sich Dackelhündin Lucy und Schülerin Amra auch ohne Worte. Foto: Karin Riggelsen

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Nachwuchssuche: Amalie Elmgren und Lucy sind ein eingespieltes Team. Die Lehrerin und ihre Dackelhündin kommen einmal die Woche in die Bibliothek Hadersleben, um Kinder zum Lesen zu ermutigen. Doch nun pausiert Lesehund Lucy erst einmal für unbestimmte Zeit und Hadersleben sucht nach Ersatz – doch wer könnte das sein?

Lucy kennt sich aus im Gebäude des Kulturhauses Bispen. Die kleine Rauhaardackelhündin huscht zwischen den Bücherregalen umher, stets mit freundlichem Blick und wedelndem Schwanz.  

Viele der Besucherinnen und Besucher drehen sich um, eine Dame kneift ihrem Begleiter in die Schulter, um ihn auf Lucy aufmerksam zu machen. Der kleine, lange Hund mit kurzen Beinen erfreut die Menschen und das violette Lätzchen mit der Aufschrift „Læsehund“ (Lesehund) lässt auch die größten Hundekritikerinnen- und kritiker, denn sowohl im Kulturhaus als auch in der Bibliothek sind Hunde eigentlich verboten, verstummen.

Lucy darf hier sein, denn Lucy arbeitet hier. Ehrenamtlich wohlgemerkt. 

So wirklich kann niemand Lucys Blick widerstehen. Foto: Karin Riggelsen

Die Dackelhündin ist eine Mutmacherin

Lucy ist ein Lesehund. Heißt, ihre Arbeit besteht nicht nur aus knuffigem Aussehen und dem Dackelblick, sondern soll durch ihre Präsenz und Ruhe Kindern mit Leseproblemen helfen.

Besitzerin Amalie Elmgren, die stets immer dabei ist, weiß, warum Lucy so gut ankommt, bei den Kindern und bei den Gästen: „Lucy ist ein aufmerksamer, lieber Hund. In ihrem Job als Lesehund bewertet sie die Art zu Lesen nicht. Sie ist aber auch nicht nur still. Sie gibt den Kindern mehr Selbstbewusstsein und versucht, spielerisch mehr Lust an der Literatur zu vermitteln“, erklärt die Haderslebenerin und fährt fort: „Lucy ist einfach auch eine sehr gute Zuhörerin und gibt teilweise sogar Feedback in Form von Bellen.“

Kinder im Alter von etwa acht bis elf Jahren können sich bei der Bibliothek Hadersleben melden und mit etwas Glück bekommen sie sechs Stunden bei Lucy und Amalie gutgeschrieben. So ist auch Schülerin Amra an das Duo geraten.

Eine ganz besondere Freundschaft 

Amras große Schwester las vom Angebot in der Bibliothek und meldete die zehnjährige Schülerin an: „Meine Schwester war überzeugt, ich würde durch das Lesen mit Lucy wieder mehr Lust an der Literatur bekommen“, erklärt das Mädchen.

In der Vergangenheit griff Amra nämlich nur sporadisch zum Buch, doch mit Lucy an der Seite mache es ihr wieder mehr Spaß, Geschichten zu lesen – und zu erzählen: „Ich lese Lucy vor und oft darf sie auch aussuchen, was wir lesen. Letztens war es eine Geschichte über Tierarztbesuche, da war Lucy wohl nicht so begeistert“, lacht die Drittklässlerin. 

 

Oft darf auch Lucy aussuchen, was wir lesen. 

Amra, Schülerin
Während Amra liest, hört Lucy zu. Und manchmal gibt sie auch ihren Senf dazu. Foto: Karin Riggelsen

Lucy ist sehr beliebt 

Erst seit vergangenem Sommer ist Lucy als Lesehund tätig, doch die Nachfrage sei schon in den ersten Monaten groß gewesen: „Seitdem wir angefangen haben, in Hadersleben zu lesen, haben wir viele Anfragen gehabt“, weiß Besitzerin Amalie Elmgren.

Sie kann einmal die Woche kommen und jeweils ein Kind für einen bestimmten Zeitraum betreuen. Kapazitäten für mehr fehlen, auch wenn die Nachfrage da ist. Amalie und Lucy sind allein. Es gibt keinen anderen Lesehund in der Kommune.  Das nächste Lesehund-Mensch-Team findet man laut der Internetseite des Vereines für Lesehunde (Læsehunde) in Apenrade (Aabenraa), Sonderburg (Sønderborg) und Tondern (Tønder). 

Dabei bestünde eindeutig Interesse an einem zweiten, gar dritten Lesehund in Hadersleben und Umgebung – und da wäre auch noch etwas anderes: Amalie ist hochschwanger und geht bald in den Mutterschutz. 

 

Amalie Elmgren ist nun im Mutterschutz und für Lucy bedeutet das eine Pause vom Lesehund-Sein. Foto: Karin Riggelsen

Hadersleben sucht den neuen Super-Lesehund

Hadersleben hat demnach für unbestimmte Zeit keinen Lesehund mehr: „Mit Amras Abschlusszertifikat, welches die Kinder immer nach sechs Sitzungen bekommen, beendete ich erst einmal meine ehrenamtliche Arbeit in der Bibliothek“, erklärt die werdende Mutter. 

Im Hinblick auf die positive Resonanz ihrer Arbeit möchte sie aber gerne zurückkommen. Noch ist es ungewiss, wann: „Ich weiß natürlich nicht, wie sich alles entwickeln wird. Da muss sich ja auch alles erst einpendeln“, erklärt Amalie Elmgren. 

Besitzerin Amalie ermutigt Interessierte

Dabei ist die Ausbildung zum Lesehund gar nicht so schwierig. Die erste Voraussetzung ist, wer hätte es gedacht, ein Hund: „Es gibt eine gemeinsame Probe-Lesestunde mit dem Verein für Lesehunde und einem Kind und wenn alles stimmt, kann man anfangen. Die Rasse des Hundes ist erst einmal zweitrangig“, erklärt Amalie.

So hat es Lucy als Dackelhündin geschafft, unter den Lesehunden in ganz Dänemark findet man aber auch Deutsche Schäferhunde, Corgis, Mischlinge oder die allseits beliebten Labradore und Golden Retriever.

„Die Arbeit bewirkt etwas. Egal ob Kinder zuvor schon Kontakt zu Hunden hatten oder nicht“

Amalie Elmgren, Lehrerin und Besitzerin von Lesehund Lucy

Passendes Ehrenamt für Fans von Hunden und Literatur 

Und anders als viele vermuten mögen, benötigt es keines pädagogischen Hintergrundes seitens der Besitzerinnen und Besitzer, erklärt Amalie Elmgren. Dass sie selbst Lehrerin ist, sei Zufall. Oder eher ihrer großen Leidenschaft zu lehren geschuldet. 

Auch Hündin Lucy würde es genießen als Lesehund zu arbeiten, und sei nach getaner Arbeit immer fix und fertig: „Es ist Arbeit für ihren Kopf. Wenn wir nach Hause kommen, schläft sie wie ein Stein. Aber ein sehr glücklicher Stein“, lacht Elmgren.

Die baldige Mutter wünscht sich, dass es noch mehr Lesehunde gibt: „Die Arbeit bewirkt etwas. Egal, ob Kinder zuvor schon Kontakt zu Hunden hatten oder nicht“, erklärt die junge Frau.

Interessierten rät sie, sich beim Verein für Lesehunde zu melden. Auf der Website sind alle Voraussetzungen, etwa ein Mindestalter des Hundes, angegeben. 

Die drei waren ein eingespieltes Team. Für die Zukunft hofft Amalie Elmgren, wieder zurückzukommen. Foto: Karin Riggelsen
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