70. Geburtstag

Jørgen Nissen: Trautes Heim mit ungebetenen Gästen

Jørgen Nissen: Trautes Heim mit ungebetenen Gästen

Jørgen Nissen: Trautes Heim mit ungebetenen Gästen

Süderwilstrup/Sønder Vilstrup
Zuletzt aktualisiert um:
Die Tasse stammt von einem Besuch in einer New Yorker Bibliothek vor zwölf Jahren – und dient als schmückendes Beiwerk für diesen Geburtstagsartikel. Selbst leidenschaftlicher Hobby-Fotograf, möchte sich Jørgen Nissen nicht fotografieren lassen. Foto: Ute Levisen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Mit Argusaugen wacht Jørgen Nissen über seine Blaubeeren, die das begehrte Ziel ungeladener Gäste sind. Im Wettstreit mit den Amseln rettet der stellvertretende Zentralbüchereileiter a. D., was zum Retten übrig bleibt. Zeit dafür hat der Süderwilstruper inzwischen. Am 22. August wird er 70 Jahre.

„Schon wieder!“ – Jørgen Nissen seufzt an diesem sonnigen Donnerstag. Nicht zum ersten Mal: Erneut hat sich eine Amsel unter das große, grüne Netz verirrt, das seine Blaubeeren vor tierischem Zugriff schützen soll.

Regelmäßig öffnet Nissen das Netz – und entlässt die Vögel in die Freiheit. Unter freiem Himmel, in dem wunderschönen Garten des Familienhofes Ravnsgaard, genießt Jørgen Nissen das Rentnerdasein: Am Montag, 22. August, wird der frühere stellvertretende Direktor der Deutschen Zentralbücherei Apenrade 70 Jahre.

Zum Nichtstun verurteilt

Zeit genug habe er gehabt, sich auf das Ende einer langen Karriere in Diensten des nordschleswigschen Büchereiwesens vorzubereiten, sagt der Jubilar.

Im Herbst des Vorjahres haben ihn seine Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand verabschiedet.

Dem vorausgegangen war allerdings eine lange Zeit, in der Jørgen Nissen aufgrund eines gebrochenen Handgelenks zur Inaktivität verdammt war: „Damals hatte ich genug Muße, meinen weiteren Lebensweg zu überdenken.“

 

Die Arbeit in dem großen Garten nimmt viel Zeit in Anspruch. Foto: Ute Levisen

Vom Pech verfolgt

Auch nach seiner Pensionierung war der Noch-69-Jährige vom Pech verfolgt. Seit dem Winter hat er immer wieder mit hohem Fieber zu kämpfen, oft tagelang – vermutlich eine Nebenwirkung der 3. Impfung gegen das Corona-Virus: „Was ich mit dem 4. Stich mache, ist somit die große Frage“, sagt er.

Um wieder in Form zu kommen, joggt Jørgen Nissen ein- bis zweimal wöchentlich. Zehn Kilo Gewicht hat er seit Beginn des unerklärlichen Fiebers eingebüßt.

Der Gesundheitszustand hat vor allem seine ersten Monate in Rente geprägt: Müde und abgeschlagen habe er sich oft gefühlt. Erst im Vorsommer habe er sich wieder unter Menschen gewagt, erinnert sich das Geburtstagskind. Das ist auch ein Grund dafür, dass die Familie seinen runden Geburtstag im engsten Kreis feiern wird: Sicher ist sicher.

Eine große Familie

Obwohl: So klein ist der Familienkreis des Jubilars nicht: Fünf Kinder gehören zur Familie, sieben Enkelkinder haben sich inzwischen dazugesellt, „und zwei sind unterwegs“, verrät Jørgen Nissen.

Während seine Frau Bente täglich zur Arbeit ins Apenrader Krankenhaus fährt, wo sie als Logopädin arbeitet, vergeht Jørgen Nissens Alltag auf Ravnsgaard mit Gartenarbeit. Im Haus und auf dem Hof fällt auch immer etwas an. Zudem interessiert sich der pensionierte Bibliothekar für Literatur und die Fotografie. Etwa 80.000 Fotos nennt er sein Eigen.

Die ersten Monate des Rentnerdaseins waren von unerklärlichen Fieberanfällen überschattet. Foto: Ute Levisen

Die Vergangenheit als Hobby

 Zu seinem breit gefächerten Spektrum an Interessen gehört auch die Vergangenheit. Jørgen Nissen ist langjähriger Vorsitzender des lokalhistorischen Vereins von Süderwilstrup und zugleich Vorsitzender von „Samvirket for Arkiv & Museumsområdet“ der Kommune Hadersleben: „Wenn man ein solches Amt erst einmal innehat, wird man es so schnell nicht wieder los“, sagt er lachend. Aufgabe dieses Gremiums ist es, die Kulturgeschichte und das kulturelle Erbe der Kommune zu erhalten und zu vermitteln.

Auch daheim lässt Jørgen Nissen die Vergangenheit nicht ruhen: Alte Handwerkstraditionen aus dem 14. Jahrhundert wendet er bei der Restaurierung auf Ravnsgaard an: „Diese traditionellen Arbeitsmethoden haben unsere Kirchen bis heute bewahrt. Das hält auch auf Ravnsgaard.“

 

 

Mehr lesen

Leserinnenbeitrag

Meinung
Kirsten Nørgård Christensen
„Genbrugspladser også i landdistrikter“