Brüdergemeine Christiansfeld

Früherer Kommunalchef weckt Hotel aus dem Dornröschenschlaf

Früherer Kommunalchef weckt Hotel aus dem Dornröschenschlaf

Früherer Kommunalchef weckt Hotel aus dem Dornröschenschlaf

Christiansfeld
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Helge Gellert im „Kongens Kælder": Das Gewölbe beherbergt das Restaurant des Hotels. Foto: Ute Levisen

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Eigentlich könnte Helge Gellert aus Hadersleben seit sieben Jahren seinen Ruhestand genießen. Weit gefehlt! Die Brüdergemeine in Christiansfeld hat den 72-Jährigen aus dem Otium geholt. Der frühere Kommunalchef soll ihr 250 Jahre altes Traditionshotel aus dem Dornröschenschlaf wecken.

Der Anruf der Brüdergemeine kam im vergangenen Herbst. Am Apparat war Jørgen Bøytler, Pastor der Brüdergemeine in Christiansfeld: Ob er nicht Lust hätte, Hoteldirektor zu werden?

„Zwei Stunden später hatte ich den Job", berichtet Helge Gellert.

Er hat in seinem 72-jährigen Leben vieles gemacht und eine kommunale Karriere par excellence hinter sich. „Hoteldirektor“, stellt er vergnügt fest, „das war ich noch nie.“

Helge Gellert (rechts) und sein Team. Es besteht aus Restaurantchef Anette Juhl, „Oldfrue" Else-Marie Jacobsen und Küchenchef Per Højgaard. Foto: Ute Levisen

Vom Kommunalchef zum Hoteldirektor

Jetzt managt Gellert bereits seit einem halben Jahr das Hotel der Brüdergemeine in Christiansfeld, die in diesem Jahr ihr 250-jähriges Bestehen feiert.

Ebenso alt ist das erste Hotel am Platze: An der Kongensgade geben sich die Gäste seit zweieinhalb Jahrhunderten die Klinke in die Hand.

Und es dürfen gern noch mehr sein. Darum hat der Vorstand der Brüdergemeine den früheren Kommunalchef an Bord geholt. Er soll das altehrwürdige Hotel fit für die Zukunft machen.
 

Maître de Cuisine Per Højgaard hält in der Küche das Zepter in der Hand. Foto: Ute Levisen

Alles neu macht der Mai

„Wir stehen vor einem Turnaround, einer grundlegenden Umwälzung“, verheißt der frischgebackene Hoteldirektor bei einem Interview im Mai: neue Webseite, neues Buchungssystem, neue Organisationsstruktur – und damit eine höhere Effizienz.

Dabei habe er, wie Gellert betont, im ersten Vierteljahr als Hoteldirektor „nicht ein Komma“ verändert. Wohlfühlen sollen sich die etwa 20 Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz. Auch wenn sich seither einiges im Hotelbetrieb geändert habe: Die vormittägliche Kaffeepause mit allen Angestellten des Hauses ist gekommen, um zu bleiben.

Else-Marie Jacobsen (links) sorgt dafür, dass im Hotel alles nach Plan verläuft. Foto: Ute Levisen

Meister im Effektivieren

Im Laufe seiner langjährigen Karriere in den obersten Führungsetagen – zunächst der damaligen Kommune Christiansfeld und später in Hadersleben – hat Gellert das Fusionieren und Effektivieren gelernt: „Einen Orden verdient man sich damit gewiss nicht“, stellt der frühere Arbeitsmarktchef von Hadersleben nüchtern fest.

Auch nach seiner Pensionierung vor sieben Jahren hat er landesweit Workshops in öffentlicher Verwaltung durchgeführt. Jetzt, jenseits der 70, ist er erstmals privat angestellt.

„Es gefällt mir, etwas zu bewegen", sagt Gellert.


 

Jedes der 18 Hotelzimmer erzählt eine eigene Geschichte. Foto: Ute Levisen

Fokus auf deutschen Gästen

In der kurzen Zeit seines Wirkens im Hotel der Brüdergemeine und trotz seiner Behinderung durch Kinderlähmung von Kindesbeinen an bewegt sich Gellert wie ein Wiesel durch den langen Gang des alten Hotels, das barrierefrei eingerichtet ist und über einen Fahrstuhl verfügt. Vom Gang aus gehen die prächtig ausgestatteten Zimmer ab: das Zimmer der Waffenruhe, etwa, wo den Gast schon beim Betreten der sanfte Flügelschlag der Geschichte streift.

Das Hotel ist in den vergangenen Jahren umfassend restauriert worden. Gellert soll es fit für die Zukunft machen. Foto: Ute Levisen

Großes hat Gellert vor: Im Hotel soll auch außerhalb der Hochsaison Betriebsamkeit herrschen. In Deutschland sieht er ein großes, bislang nicht ausgeschöpftes Gästepotenzial für die 18 geschichtsträchtigen Zimmer des Hotels: „Viele unserer Gäste kommen aus Deutschland“, verrät er.

Der Blaue Saal des Hotels, ausgestattet mit einem voll funktionstüchtigen, echten Christiansfelder Kachelofen Foto: Ute Levisen

Neue Kooperationen in der Herrnhuter Gemeinschaft

In Zukunft sollen in der Stadt der Herrnhuter die Kultureinrichtungen der Brüdergemeine eng zusammenarbeiten. So wird das Hotel etwa bei Veranstaltungen im Schwesternhaus der Brüdergemeine für das leibliche Wohl sorgen.

„Jetzt wollen wir uns aber erst einmal auf die Saison konzentrieren, in der es genug zu tun gibt“, kündigt Helge Gellert an.


 

Das Hotel der Brüdergemeine beschäftigt etwa 20 Angestellte – und „sie sollen sich an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen“, sagt ihr Chef. Foto: Ute Levisen

Alle Hände voll zu tun

Das Weinfestival in Christiansfeld steht bevor – und die Feierlichkeiten zum 250-jährigen Bestehen der Brüdergemeine ebenso.

Im Herbst werden die neue Webseite und das Buchungssystem online gehen – und die digitalen Errungenschaften der Neuen Welt somit auch in das altehrwürdige Hotel der Brüdergemeine Einzug halten: Eine neue Ära hat begonnen.


 

Helge Gellert soll das Hotel der Brüdergemeine, gelegen an der Kreuzung Kongensgade/Lindegade, in die Zukunft führen. Foto: Ute Levisen

Von der Oberlausitz nach Christiansfeld

Die Herrnhuter Brüdergemeine ist eine protestantische Freikirche, die Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf im 18. Jahrhundert gründete. Herrnhut, zwischen Löbau und Zittau in der Oberlausitz gelegen, gilt als Gründungsort der Herrnhuter Brüdergemeine.

Eine ihrer bekanntesten Siedlungen ist Christiansfeld in Dänemark, wo die Gemeinemitglieder eine geordnete und industrielle Lebensweise pflegten. Die Siedlung ist heute eine von sieben Unesco-Weltkulturerbe-Stätten Dänemarks, bekannt für ihre architektonisch einzigartigen Gebäude und den Erhalt des ursprünglichen Stadtplans.

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