Wohnformen im Alter
Grethes Lebensmodell: Alt werden im trauten Heim
Grethes Lebensmodell: Alt werden im trauten Heim
Grethes Lebensmodell: Alt werden im trauten Heim
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„Pflegeheim im eigenen Haus“ – so lautet eines der sozialen Pilotprojekte in der Kommune Hadersleben. Es ist ein Wohnmodell fürs Alter und wendet sich an betagte Menschen, die trotz Pflegebedarfs im trauten Heim wohnen bleiben möchten. Grethe Pedersen ist 96 Jahre. Sie genießt ihr viertes Lebensalter in jenem Haus, das seit 64 Jahren ihr Mittelpunkt ist.
Grethe Pedersen ist überwältigt: In ihrer guten Stube baut sich ein Kameramann vor der 96-Jährigen auf. Schon stehen auch die Gäste auf der Schwelle, wo ihre Tochter Bente Pedersen die Ankömmlinge willkommen heißt.
Hoher Besuch im trauten Heim
Die fast 97-jährige Seniorin sitzt in ihrem Rollstuhl und freut sich über den hohen Besuch: Seniorenministerin Mette Kierkgaard von der Partei der Moderaten gibt sich an diesem Tag die Ehre. Bürgermeister Mads Skau und der Vorsitzende des Ausschusses für Senioren und Gesundheit, Allan Emiliussen (beide Venstre), begleiten die Ministerin.
Kierkgaard ist auf Stippvisite in der Kommune Hadersleben, denn die Domstadtkommune hat gleich drei Pilotprojekte im sozialen Bereich initiiert. Mit dem „Pflegeheim in den eigenen vier Wänden“ stellt sie ein Lebensmodell für das dritte und vierte Lebensalter auf den Prüfstand. Zurzeit wird es in einem kommunalen Pflegedistrikt getestet.
Drei Pilotprojekte in kommunaler Regie
Damit ist Hadersleben ein Pionier auf diesem Gebiet. Die Initiative aber ist aus der Not geboren: Der Pflegesektor lechzt nach Fachkräften.
Der zunehmende Anteil älterer Menschen im Alter von 80+ nimmt in den kommenden Jahren dramatisch zu: Laut einer Prognose des Onlineportals Statista wird der Anteil der über 80-Jährigen an der dänischen Gesamtbevölkerung von etwa fünf Prozent (2020) auf etwa neun Prozent im Jahr 2050 wachsen. Neue Wohn- und Lebensmodelle sind daher gefragt.
„Es war unsere Rettung“
„Für uns war dieses Projekt die Rettung“, sagt Bente Pedersen. Nach einer Krankheit sei ihre Mutter zunehmend gebrechlich geworden: „Aber in ein Pflegeheim wollte sie nicht – auf gar keinen Fall.“
Das Projekt „Pflegeheim im eigenen Haus“ kam für Grethe Pedersen und ihre Familie daher wie gerufen. Damit ist es ihr vergönnt, ihren vierten Lebensabschnitt in den eigenen vier Wänden zu verbringen, in jenem Haus, das sie und ihr Mann Ende der 50er-Jahre gemeinsam bauten.
Festes Pflegeteam
Kein Wunder, dass die betagte Dame ihr Heim nicht missen möchte: Das Wohnzimmer ist groß und besteht zur Hälfte aus einem kleinen botanischen Garten, in dem sich exotische Pflanzen an der Decke entlangschlängeln. Ein frischer, blumiger Duft durchströmt die gute Stube. Dort steht auch das Seniorenbett. Ein kleines, festes Team von Pflegekräften sorgt täglich dafür, dass es Grethe Pedersen an nichts fehlt.
Guten Mutes
Die Mitarbeiterinnen der kommunalen Heimpflege, die ihr Fürsorge in den eigenen vier Wänden angedeihen lassen, sind ein Grund dafür, dass Grethe Pedersen, ungeachtet körperlicher Einschränkungen im Hinblick auf ihre Beweglichkeit, guten Mutes ist: Fröhlich erzählt sie ihren Gästen, wie sie ihren Mann kennenlernte, eine Familie stiftete und wie beide das Häuschen bauten, das für viele Jahre zu ihrem gemeinsamen Lebensmittelpunkt wurde.
Glücklich im eigenen Zuhause
Es sei eine glückliche Zeit gewesen, schwärmt Grethe Pedersen – bis zu jenem Tag, als ihr Mann starb. Er wurde nur 67 Jahre alt: „Aber man kann offenbar nicht alles haben“, seufzt sie.
Ihren Lebensmut hat sie dennoch nicht verloren. Als die Rentnerin krank wurde, zog ihre Tochter, die auf Fünen lebt, wieder bei ihr ein. Sie war wie ihr Bruder in dieser schweren Zeit an der Seite der Mutter: „Sie ist glücklich darüber, dass sie ihren Lebensabend zu Hause verbringen kann.“