Gesundheitswesen

Kritik an Übernahmen von Arztpraxen durch Unternehmen

Kritik an Übernahmen von Arztpraxen durch Unternehmen

Kritik an Übernahmen von Arztpraxen durch Unternehmen

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Zu Arztuntersuchungen gehört auch das Vertrauen des Patienten. Foto: Martin Ballund/Scanpix-Ritzau

Der SP-Politiker Gösta Toft hält Nahkrankenhäuser für die bessere Lösung. Der früherer Arzt und Ärztevertreter Ernst August Hansen meint, dass kein Arzt-Patienten-Verhältnis aufgebaut werden könne.

Vier  Arztpraxen in Nordschleswig konnten in den vergangen Monaten nicht mit  Ärzten besetzt werden. Deshalb hat die Region sie vorübergehend an Unternehmen  vermietet,   die sie ihrerseits mit angestellten Ärzten betreibt.  Das bedeutet zum Beispiel für Patienten in Tondern, dass sie nun von bis zu vier wechselnden  Ärzten betreut werden, statt von einem  gewohnten Hausarzt.

Gösta Toft, von der Schleswigschen Partei hält das für keine gute Lösung. Er findet weiterhin, dass die sogenannten Nahkrankenhäuser eine bessere Lösung für Patienten – und auch Ärzte –  sind.

„In  den Nahkrankenhäusern, könnten  unter anderem die chronisch Kranken behandelt werden. Sie bekommen dort schnell Hilfe und die Hausärzte werden dadurch entlastet und können diese Patienten weiterhin behandeln. Es käme nicht dazu, dass die Menge der Patienten reduziert werden müsste. Das könnte sogar dazu führen, dass sie mehr Patienten aufnehmen könnten”, erklärt Toft.

Er räumt allerdings ein, dass die Region – im bisherigen Rahmen – den richtigen Weg gegangen ist und versteht auch die jungen Ärzte, die sich aufgrund ihrer familiären Situation nicht dazu entscheiden, eine Arztpraxis zu übernehmen, sondern als Angestellte arbeiten möchten. „Schade ist jedoch, dass die Praxen von einem Unternehmen von der Region angemietet wurden. Das unternehmerische Ziel ist es doch, Gewinn zu machen”, stellt er fest.

Arzt-Patienten-Verhältnis kann nicht aufgebaut werden

Auch Ernst August Hansen, der bis vor vier Jahren eine Praxis in Hadersleben betrieb und viele Jahre im Praxienausschuss in Nordschleswig aktiv war, schaut ebenfalls skeptisch auf die Entwicklung. „Ein Arzt-Patienten-Verhältnis kann bei einem solchen ,Ambulatorium’ gar nicht aufgebaut werden. Das ist schade, denn ein großer Teil unserer Arbeit fußt auf dem Wissen über den Patienten, zum Beispiel über seine familiäre Situation”, erklärt er seine Zweifel an dem Konzept.

Zwei Gründe nennt er für die Entwicklung: Die Politik schaue mit ökonomischen Augen auf die Ärzteversorgung und die jungen Ärzte wollten sich nicht mehr an eigene Praxen binden, wollten lieber als Angestellte ihr Geld verdienen.

Kein Arzt wollte die Praxen übernehmen 

Keine Ärzte für die Praxen In der Kommune Apenrade und nun auch in Tondern konnten die Praxen, die frei wurden, weil die jeweiligen Ärzte in Pension gehen oder gingen, nicht mit neuen Medizinern besetzt werden. Das geht aus einer Antwort der Region Süddänemark an den Nordschleswiger hervor. Deshalb – und so will es die Übereinkunft mit dem Ärzteverband sowie das Gesundheitsgesetz – wurde eine  Ausschreibung gemacht.

Die lokalen Ärzte wollten die 2.200 Patienten nicht übernehmen, da   sonst mit einem Aufnahmenstopp zu rechnen wäre.  Deshalb blieb der Region nur der Ausweg über eine Ausschreibung, um den Bürgern die zugesicherte ärztliche Versorgung zu gewährleisten und die Patientenzahl bei den Ärzten nicht zu überschreiten. Die wurde in Tondern  von „alles Lægeklinik A/S” einer Tochter von Wecare, einem Unternehmen, das wiederum zu Falck gehört, gewonnen. In Apenrade sind  es Nordic Medicare, die das beste Angebot gemacht hatten und den Zuschlag der Region bekommen haben.

Tondern: Nachfolge für Arztpraxen in neuer Regie geregelt

Unter den in der Praxis Nord im Tonderner Krankenhaus angesiedelten Hausärzten ist die Nachfolge geregelt, wenn die Ärztinnen Dorte Støy und Kirsten Andreasen in Kürze in den Ruhestand wechseln. Beide Praxen werden von dem Unternehmen „Alles Lægehus A/S“ übernommen. Zu dieser Lösung  ist es durch eine öffentliche Ausschreibung der Region Süddänemark gekommen. Die Region entschied sich zu diesem Schritt, da keiner der übrigen niedergelassenen Ärzte in Tondern  Interesse daran hatte, die Patienten von Støy und Andreasen zu übernehmen, wie die Region in einer Pressemitteilung schreibt.

Somit sei die ärztliche Versorgung der 2.200 Bürger gewährleistet, die derzeit den beiden  Hausärztinnen angeschlossen sind. Außer den zwei Praxen von Støy und Andreasen gibt es in „Tønder Lægehus Nord“ auch die Praxis der drei Ärzte Susan Smits, Grith Eckkhoff und Thomas Berthou.

Der neue Betreiber übernimmt die Räumlichkeiten, und mit der langjährigen Krankenschwester Jonna Mortensen gibt es weiterhin ein bekanntes Gesicht, wenn die Patienten „Alles Lægehus Tønder“ frequentieren. Die neue Vereinbarung greift ab 1. Dezember. Die Region hat sich ausbedungen, dass nach einer dreimonatigen Phase der Inbetriebnahme höchstens vier verschiedene Ärzte dort tätig sein dürfen. Der Wechsel für die betroffenen Patienten, denen eine neue Gesundheitskarte zugestellt wird, erfolgt automatisch. Wer einen anderen Hausarzt wünscht, kann  den Wechsel auf www.sundhed.dk bewerkstelligen. „Alles Lægehus Tønder“ wird Teil der WeCare-Gruppe, da diese Gruppe Falck Lægehuse A/S aufgekauft hat, die zu „Alles Lægehus A/S“ umgetauft werden.

Ein Empfang findet am Montag, 3. Dezember von 14 bis 16 Uhr für Patienten und Geschäftspartner statt.

 

Mehr lesen