Minderheitenmodell

Deutsch-dänisches Grenzland ist UNESCO-Kulturerbe

Deutsch-dänisches Grenzland ist UNESCO-Kulturerbe

Deutsch-dänisches Grenzland ist UNESCO-Kulturerbe

cvt
Apenrade/Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: dpa

„Beispielhaft für ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen in Grenzgebieten“: Nord- und Südschleswig sind jetzt Kulturerbe. BDN-Chef Jürgensen freut sich über den „Rückenwind“, um kulturelle Vielfalt zu pflegen.

Das deutsch-dänische Grenzland ist in Deutschland als „immaterielles Kulturerbe“ anerkannt worden. Dies haben die deutsche UNESCO-Kommission und die Kultusministerkonferenz mitgeteilt. „Das Expertenkomitee würdigt diesen Vorschlag als beispielhaft für ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen in Grenzgebieten“, heißt es in einem Schreiben der deutschen UNESCO-Experten an den Sydslesvigsk Forening (SSF), und den Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN).

Die beiden Organisationen der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein und der deutschen Minderheit in Süddänemark hatten Anfang 2018 gemeinsam in Deutschland und Dänemark beantragt, das Zusammenleben von Mehrheiten und Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland als immaterielles Kulturerbe anzuerkennen.

Es wird nun als „gutes Praxisbeispiel“ in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Dänemark hat es bereits auf die nationale Liste gesetzt. 

„Wir freuen uns enorm. Mit dem Minderheitenmodell im deutsch-dänischen Grenzland haben wir etwas erreicht, das sich wirklich sehen lassen kann. Es ist unseren Vorfahren gelungen, eine Kluft zu überwinden, die in vielen anderen Teilen Europas und der Welt unüberwindlich erscheint. Der Kulturerbe-Status schafft Aufmerksamkeit dafür, dass so etwas möglich ist“, erklärt der Vorsitzende des kulturellen Hauptverbands der dänischen Minderheit, SSF, Jon Hardon-Hansen.

Jürgensen: Rückenwind für kulturelle Vielfalt

Der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen ergänzt: „Unser friedliches und konstruktives Zusammenleben ist in den letzten vielen Jahrzehnten stetig gewachsen und lässt die gewaltsamen und unversöhnlichen Konflikte früherer Zeiten für jüngere Generationen unwirklich erscheinen. Deshalb ist es immer wieder wichtig daran zu erinnern, wo wir herkommen und dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Mit dem Kulturerbestatus bekommen wir nochmals Rückenwind, um die Pflege unserer kulturellen Vielfalt auch in kommenden Generationen zu sichern.“

Der Status des immateriellen Kulturerbes schützt besondere „kulturelle Ausdrucksformen“. Seit 2014 ist bereits die friesische Tradition des Biikebrennens in Deutschland als immaterielles Kulturerbe anerkannt.

Der SSF und der BDN hoffen nun, dass die Regierungen in Deutschland und Dänemark gemeinsam einen Schritt weiter gehen und das nationale immaterielle Kulturerbe bei der UNESCO zur internationalen Anerkennung vorlegen werden. 

Das Schreiben der deutschen UNESCO-Kommission im Original:

Immateriell, national, UNESCO: Der Fragen-Fakten-Überblick

Das Grenzland als Weltkulturerbe?

Nein, der Titel Weltkulturerbe wird nur an materielle Besonderheiten verliehen. Für immaterielle Kultur wird die Bezeichnung Kulturerbe verwendet. Also ohne „Welt” …

Was ist immaterielles Kulturerbe?

Das Grenzland ist immateriell. Das heißt, es sind die lebendigen kulturellen Ausdrucksformen, die Identitäten prägen und den Zusammenhalt von Gruppen und Gemeinschaften stärken, die ausgezeichnet werden. Beispiele sind Geigenbau im italienischen Cremona, Yoga aus Indien, die kubanische Rumba oder der Zaouli-Tanz in Côte d’Ivoire.

Wer entscheidet, was auf die immaterielle UNESCO-Liste kommt?

Es gibt einen zwischenstaatlichen Ausschuss der UNESCO, der einmal im Jahr neue immaterielle Kulturformen sowie Gute Praxisbeispiele in die drei internationalen Listen aufnimmt. 2018 wurden 39 Kulturformen und Modellprogramme in die Listen aufgenommen. Beispielsweise aus Frankreich das Wissen und Können bei der Herstellung von Parfüm in Pays de Grasse.

Was für drei Listen sind das?

Die „Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit"

Die „Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes"

Das „Register Guter Praxisbeispiele der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes"

 

Wie viele Einträge haben die Listen derzeit?

Die drei UNESCO-Listen für immaterielle Kulturerbe weisen derzeit 509 Einträge auf.

Wird die UNESCO das deutsch-dänische Grenzland als Kulturerbe aufnehmen?

Das entscheidet sich im Frühjahr 2019. Derzeit liegt ein Antrag darauf zur Weitersendung beim dänischen Kulturministerium. Das entscheidet nämlich, welche „Kandidaten” Dänemark dem UNESCO-Ausschuss vorschlägt. Das dänische Kulturministerium muss seine Vorschläge bis zum 1. April in Paris eingereicht haben.

Warum reicht Deutschland den Vorschlag nicht an die UNESCO weiter?

Die deutsche „Kandidatenliste” steht bereits fest, und zwar ohne deutsch-dänisches Grenzland darauf. Deutschland will einen möglichen dänischen Vorschlag des deutsch-dänischen Grenzlandes aber unterstützen.

Und was bezeichnet die UNESCO als Weltkulturerbe?

2018 führte die UNESCO 1.092 Weltkulturerbe-Stätten in 167 Ländern. Beispiele für Weltkulturerbe sind die Kaiserpaläste der Ming- und Qing-Dynastien in Peking und Shenyang, der Kölner Dom, die Akropolis von Athen oder die Grabhügel, Runen und Kirche von Jelling.

Wofür steht UNESCO nochmal?

Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Sie ist eine von 15 Sonderorganisationen der Vereinten Nationen.

Mehr lesen