Kulturkommentar

„Iglu oder PIRLS – gut ist beides nicht“

Iglu oder PIRLS – gut ist beides nicht

Iglu oder PIRLS – gut ist beides nicht

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Apenrade/Aabenraa
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Mit den Lesefertigkeiten von Kindern geht es bergab. Büchereidirektorin Claudia Knauer empfiehlt Eltern und anderen Erwachsenen: Häufiger mal vorlesen.

Die jüngste Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung, kurz Iglu, bzw. auf Englisch PIRLS (Progress in International Reading Literacy Study) hat es an den Tag gebracht: Schülerinnen und Schüler in der vierten Klasse können immer schlechter lesen. Das gilt in Dänemark ebenso wie in Deutschland. Rund ein Viertel der Kinder kann nicht verstehend einen Text lesen. Das heißt, sie nehmen die Worte höchstens oberflächlich, wenn überhaupt, auf, erfassen den Inhalt nicht und können ihn später auch nicht wiedergeben.

Das Wehklagen ist jetzt auf allen Ebenen groß. Und auch eine schnelle Erklärung ist zur Hand: Die Untersuchung von 400.000 Viertklässlern/innen aus 65 Staaten und Regionen, deren Ergebnisse jetzt vorliegen, fand 2021 während der Coronazeit statt. Aber das ist es nicht allein. Die Fähigkeiten nehmen konstant – und zwar weitgehend überall – seit Beginn der Studien 2001 ab. Die tüchtigen Leseratten bleiben engagiert, aber es werden immer mehr schwache Lesende.

 

 
In Dänemark ist man sich darüber schon länger im Klaren und unternimmt gemeinsame Anstrengungen. Im Haushalt 2021 wurden rund 25 Millionen eingeplant, um Kinder und Bücher wieder einander näherzubringen. Ganz konkret wurden Bücher für Kindergärten, Schulfreizeitordnungen und Krippen beziehungsweise Tagesmütter oder -väter eingekauft. Wenn keine Bücher da sind, wird nicht gelesen. Junge und ganz junge Menschen müssen von Büchern umgeben sein, damit das Lesen und Vorlesen überhaupt Thema wird. 

 

 
Wir können es uns nicht leisten, auf lesende Menschen zu verzichten. Wer nicht – vernünftig – lesen kann, kann unsere Welt, die es nötig hat, nicht retten, denn er oder sie entwickelt die Fantasie, die dafür notwendig ist, ohne das gedruckte Wort nur unter Mühen. 
 

 

Ohne Lesefertigkeiten hilft auch die schönste App nichts. Lesen ist eine Kunst, ohne die es nicht geht. Um sie zu meistern, sind Bücher die Voraussetzung. Das Material kann man übrigens, wie schon mehrfach an dieser Stelle erwähnt – aber Wiederholung ist ja die Mutter der Weisheit - hervorragend in den Büchereien entleihen. Hier wird zudem ein engagierter Einsatz für das Lesen geleistet, zum Beispiel mit den Lesepatinnen in der deutschen Bücherei in Tingleff (Tinglev). Davon brauchen wir mehr.
 

 

Liebe Erwachsene: bitte lest vor, nehmt euch die Zeit. Sie ist enorm gut investiert. Es liegt an uns, den Kindern das Lesen und die Freude an Büchern beizubringen.
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