Namensänderung

Kein Platz für Heimatdichter mit braunen Ansichten

Kein Platz für Heimatdichter mit braunen Ansichten

Kein Platz für Heimatdichter mit braunen Ansichten

Nordschleswig/Sønderjylland
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Vier Sitzungsräume im Haus Nordschleswig erhalten neue Namen, weil ein Namensgeber mit dem Nationalsozialismus flirtete. Foto: Karin Riggelsen

Vergangenheitsbewältigung: Hans Schmidt-Gorsblock hat sich für die deutsche Minderheit in Nordschleswig verdient gemacht. Aber er war auch vom Gedankengut der Nazis geprägt. Daher bekommt der Sitzungsraum „Schmidt-Gorsblock-Zimmer“ im Haus Nordschleswig nun einen neuen Namen.

Vier Sitzungszimmer im Haus Nordschleswig bekommen neue Namen. Auslöser ist die kritische Auseinandersetzung mit dem Namensgeber des Schmidt-Gorsblock-Zimmers, Hans Schmidt-Gorsblock, der zwar Mitunterzeichner der Gründungserklärung des Bundes Deutscher Nordschleswiger war und so 1945 dem dänischen Königshaus, dem Staat und der deutsch-dänischen Grenze seine Loyalität zusagte. In seiner Literatur kam bei dem Heimatdichter Schmidt-Gorsblock aber auch nationalsozialistisches Gedankengut rüber.

Daher trennte sich der deutsche Lehrerverein in Nordschleswig bereits 2013 vom Namen Gorsblocks im „Schmidt-Gorsblock-Fonds“ und änderte den Namen in „Literaturfonds“.

Im Jahr zuvor hatte die deutsche Minderheit den Ehrenhain auf dem Knivsberg in Gedenkstätte geändert, weil es keine Ehre sei, für Hitler und Nazi-Deutschland im Krieg gekämpft und gefallen zu sein.

Hans Schmidt-Gorsblock Foto: Privat

Schmidt-Gorsblocks Nähe zum Nationalsozialismus

Lehrer Hanns Peter Blume aus Tingleff war lange im Vorstand und auch Vorsitzender des „Schmidt-Gorsblock-Fonds“. Er hat mehrmals auf eine Namensänderung des Schmidt-Gorsblock-Zimmers im Haus Nordschleswig gepocht. Dies hätte schon früher passieren müssen, meint er. Das Gemälde des Fondsstifters wurde bereits vor einigen Jahren abgehängt.

„Immerhin hat Hans Schmidt-Gorsblock in einigen seiner Werke seine Nähe zum Nationalsozialismus erkennen lassen und sich nie davon distanziert“, erklärt Hanns Peter Blume.

Hanns Peter Blume verweist darauf, dass Schmidt-Gorsblock am 20. April 1938 zum 50. Geburtstag Hitlers das Gedicht „Dem Führer zum Gruße“ schrieb, 1941 auf „Führertagen“ der Deutschen Jungenschaft Nordschleswig in Tondern las und 1943 die revisionistische Novelle „Der neunte April“ veröffentlichte.

Gorsblock-Novelle: Sinnvoller Opfertod

In der Novelle werden in Angesicht der Niederlage der deutschen Armee bei Stalingrad junge Menschen zum Opfertod auf dem Schlachtfeld aufgerufen. Schmidt-Gorsblock bezeichnet hierin den Opfertod als etwas Sinnvolles, während der Feind so dargestellt wird: „Wir kämpfen gegen den Feind, gegen Menschen, die uns vernichten wollen und die dabei so elend und grausam sind, so jeder menschlichen Würde entkleidet...“

Blume verweist unter anderem auf Torben Mayer (Falshöft), der seine wissenschaftliche Arbeit „Der lange Weg der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der deutschen Minderheit“ bereits 2013 bei einer Tagung der Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft vorgestellt hatte und damals besonders auf Schmidt-Gorsblock einging.
Der Historiker Peter Hopp zwischen Prof. Dr. Oliver Auge (r.) von der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel und Frank Lubowitz vom BDN Archiv/Historische Forschungsstelle 2019 im Haus Nordschleswig. Foto: Paul Sehstedt

Poetische Leidenschaft in der „Jungen Front“

„Der Lehrer und Schriftsteller Hans Schmidt-Gorsblock begleitete den Nationalsozialismus mit poetischer Leidenschaft und flankierte von 1939 bis 1944 die fanatischen Veröffentlichungen der „Jungen Front“ mit seinen Gedichten und Geschichten, die in mehr als einem Dutzend Ausgaben erschienen. Über viele Jahre der NS-Zeit war Schmidt-Gorsblock Herausgeber des ebenfalls nazifizierten Jahrbuches „Deutscher Volkskalender für Nordschleswig“. Am Tag des Einmarsches der Wehrmacht in Österreich verfasste Schmidt-Gorsblock ein Gedicht, in dem es am Ende heißt: „Früher ein Beten, nun Jubel zugleich: Ein Volk und ein Führer und ewig ein Reich!“, erklärte Torben Mayer.

Hans Schmidt-Gorsblock habe sich von diesen Werken nie distanziert, so Hanns Peter Blume.

2019 präsentierte der Historiker Peter Hopp im Haus Nordschleswig seine Forschungsresultate über eine andere Führungskraft der Minderheit in den 40ern, Pastor Johannes Schmidt-Wodder. In dem Zusammenhang sagte Hopp, dass auch die Gesinnung von Schmidt-Gorsblock „intensiv durchleuchtet werden müsse“.

 

 

Lubowitz: „Ehrlichkeit uns selbst gegenüber“

Schmidt-Gorsblock war, so der Historiker Frank Lubowitz von der Historischen Forschungsstelle der deutschen Minderheit „ein enger Gefolgsmann“ Schmidt-Wodders.

Über Schmidt-Gorsblock sagt Lubowitz, dass es „allemal schwierig ist, einen in seiner Haltung als deutscher Nordschleswiger über viele Jahre vor der nationalsozialistischen Zeit und ebenso danach als Mitunterzeichner der Gründungserklärung des BDN prägenden Menschen aus unserer heutigen Sicht zu verurteilen.“

„Wenn allerdings Äußerungen desselben Menschen während des Nationalsozialismus – und seien sie auch literarisch verbrämt – diesen begrüßen und preisen, dann ist es Gästen aus Deutschland und aus Dänemark nicht zu erklären, dass wir einen Sitzungssaal nach ihm benennen. Es gehört auch zur Ehrlichkeit uns selbst gegenüber, dass wir eine klare Unterscheidung machen und deutlich erklären, dass wir eine Verherrlichung der NS-Zeit nicht zu unserer Traditionslinie hinzufügen wollen“, sagt Frank Lubowitz.

 

Der Blick aus der Pyramide (nun der Sitzungsraum „Tondern“) in den ehemaligen Emil-Nolde-Saal (nun „Apenrade“). Foto: Gwyn Nissen

Zimmer tragen die Namen der Kommunen

Der Hauptvorstand des Bundes Deutscher Nordschleswiger hat auf einer Hauptvorstandssitzung nun beschlossen alle Namen der Sitzungsräume im Haus Nordschleswig zu ändern.

Sie bekommen stattdessen die Namen der vier nordschleswigschen Kommunen. „Wir wollen uns nicht zum Richter machen, aber wir führen jetzt eine einheitliche, neutrale Benennung der Sitzungszimmer ein“, sagt Uwe Jessen, Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger.

Aus dem kleinen Sitzungsraum „Schmidt-Gorsblock-Zimmer“ wird nun „Sonderburg“, aus dem großen Sitzungsraum, dem „Emil-Nolde-Saal“ wird „Apenrade“, der Sitzungsraum im Keller heißt in Zukunft „Hadersleben“, und die Pyramide trägt nun den Namen „Tondern“.

„Es kann immer diskutiert werden, ob eine Umbenennung früher hätte vollzogen werden sollen, aber ich freue mich, dass der Hauptvorstand nun unserem Vorschlag für neue Bezeichnungen der Räume im Haus Nordschleswig einstimmig beschlossen hat. Es ist ein weiterer Schritt in unserer Vergangenheitsbewältigung“, sagt Uwe Jessen.

 

Hans Schmidt-Gorsblock

Hans Schmidt-Gorsblock stammte vom Hof Gorsblock nahe Lügumkloster. Er wurde 1889 geboren und starb 1982.

Er ließ sich in Tondern/Tønder zum Lehrer ausbilden und arbeitete danach in Norburg/Nordborg, bevor er den elterlichen Hof übernahm. Daneben unterrichtete er weiterhin, und außerdem schrieb er Aufsätze, Gedichte und Erzählungen, vornehmlich zu nordschleswigschen Themen. 1930 wurde er Herausgeber des Deutschen Volkskalenders für Nordschleswig.

Schmidt-Gorsblock war nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 Mitunterzeichner der Gründungserklärung des Bundes Deutscher Nordschleswiger, der neuen Dachorganisation der deutschen Minderheit in Dänemark, in der die Minderheit eine Loyalitätserklärung gegenüber dem dänischen Königshaus, dem Staat und gegenüber der deutsch-dänischen Grenze abgab.

Er war einer der führenden Vertreter der Minderheit, die nach dem Zusammenbruch 1945 für die weitere Existenz der deutschen Minderheit in Nordschleswig gearbeitet und gekämpft haben. So hielt er unter anderem die Hauptrede beim ersten Deutschen Tag der Minderheit 1948. 1950 kandidierte er für die Schleswigsche Partei bei der Folketingswahl.

Quellen: Nordschleswig-Wiki

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