Sommeruniversität

Deutsch-dänische Grenzregion unter der Lupe

Deutsch-dänische Grenzregion unter der Lupe

Deutsch-dänische Grenzregion unter der Lupe

Judith Reicherzer
Judith Reicherzer
Knivsberg /Knivsbjerg  
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Welche Bedeutung haben Medien für Minderheiten? Dieser und anderen Fragen gehen Studierende verschiedener Disziplinen auf dem Knivsberg, der Bildungsstätte der deutschen Minderheit, nach. Foto: Judith Reicherzer

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Für eine Woche lang raus aus dem Studienalltag. „Der Nordschleswiger“ hat nachgehorcht. Was hat die jungen Menschen zum Beispiel am Grenzland überrascht?

Aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten die Dozierenden der Sommerschule die Grenzregion. Die Studierenden sollen einen Einblick in die facettenreiche Thematik erhalten, denn viele der 22 Teilnehmenden haben sich zuvor nicht mit dem Thema auseinandergesetzt.

Neben Vorträgen und Exkursionen bietet das einwöchige Programm auch Diskussionsrunden, in denen kritische Fragen gewollt und sogar gewünscht sind. Ihre Gedanken zur deutsch-dänischen Grenzregion verarbeiten die jungen Menschen in kleinen Gruppen zu Podcasts, die dann am Sonnabend vor allen Teilnehmenden präsentiert werden. 

Den Teilnehmenden gefällt der Ausblick von der Bildungsstätte Knivsberg. Foto: Judith Reicherzer

Gelerntes vertonen

Am Montag erfolgte eine Einführung in die Materie Podcast, und dann konnten sich die Studierenden zu Kleingruppen zusammenfinden. Die Themenwahl ist ein bunter Mix, und eine Gruppe beschäftigt sich mit dem Thema Minderheiten aus vier Perspektiven: China, Ukraine, Deutschland und Dänemark.

„Die Zusammenarbeit klappt wirklich gut, und mir gefallen vor allem die gemeinsamen Ausflüge. Wir haben uns auch das Gebäude des ‚Nordschleswigers‘ angeschaut“, sagt David Haensell aus Bayern, der seine Dänischkenntnisse bei der Reise festigen möchte.

Und auch die Dozierenden sind mit der Gruppenarbeit zufrieden: „Das gemeinsame Arbeiten funktioniert gut“, so Thomas W. Friis, Associate Professor für neuere Geschichte an der Süddänischen Universität und Leiter des Zentrums für das Studium des Kalten Krieges und Gastwissenschaftler an der Universität Flensburg.

An seiner Seite hat er unter anderem den Nordschleswiger Jon Thulstrup, selbst einmal beim „Nordschleswiger“ angestellt und heute Forscher an der Süddänischen Universität, wo er sich mit der Erinnerungskultur der deutschen Minderheit beschäftigt.

Zu Fuß über die Grenze

Die deutsch-dänische Grenzregion ist geschichtsträchtig und war nicht immer so friedlich. Heute gilt das Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit als Vorbild für ganz Europa. Eine Exkursion führt die Gruppe nach Flensburg (Flensborg), und die Grenze wird symbolisch zu Fuß überschritten, davon sind die Studierenden beeindruckt.

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Die Teilnehmerin Maria Gabriela Trompetero war bei ihrer Einreise nach Dänemark überrascht von den strengen Kontrollen im Zug. Foto: Judith Reicherzer

Was überrascht an der deutsch-dänischen Grenzregion?

Die Teilnehmerin Maria Gabriela Trompetero hätte bei ihrer Einreise nach Dänemark mit dem Zug nicht mit einer Kontroll gerechnet: „Ich war sehr erschrocken, und es hat mich überrascht, dass ich meinen Ausweis vorzeigen musste. Wir sind in Europa, und Dänemark ist sogar in der EU.“

In ihrem Podcast, den sie zusammen mit anderen Studierenden vorbereitet, beschäftigt sie sich damit, was Europa für Minderheiten bedeutet. 

„Es gibt hier keine Sprachprobleme. Ich komme aus Südamerika und an der Grenze Venezuela und Kolumbien ist es ganz anders“, erzählt Maria Gabriela Trompetero, die es verwundert, dass die Minderheiten finanziell unterstützt werden. 

Mette Rix Bløcher hat eine Freundin, die zur deutschen Minderheit in Dänemark gehört, und sie hat selbst ein Jahr in Deutschland gelebt: „Man merkt hier in der Grenzregion die Nähe zu Deutschland. Es wird zum Beispiel viel mehr mit Bargeld bezahlt – das ist eigentlich untypisch für Dänemark.“

Die Chefredakteure Jørgen Møllekær (links) von „Flensborg Avis“ und Gwyn Nissen (rechts) vom „Nordschleswiger“ diskutieren über Minority Media. Hedwig Wagner (mitte) führt die Diskussion. Foto: Judith Reicherzer

Minderheiten und Medien 

Am Dienstagabend diskutierten die Chefredakteure Jørgen Møllekær von „Flensborg Avis“ und Gwyn Nissen vom „Nordschleswiger“ über Minderheiten Medien. Hedwig Wagner, Professorin für Europäische Medienwissenschaft an der Universität Flensburg, leitete das Panel. 

Im Zentrum der Diskussion stand die Digitalisierung der Zeitungen. „Der Nordschleswiger“ wagte vor eineinhalb Jahren den Sprung zur digitalen Zeitung und hat nur noch alle 14 Tage eine gedruckte Ausgabe. 

Anders sieht es bei „Flensborg Avis“ aus, die erscheint nach wie vor vor allem als Printmedium, und das hat einen Grund: „In Deutschland wird immer noch gern Papierzeitung gelesen, und deshalb ist es denkbar, dass es die Zeitung vielleicht noch über 25 Jahre im Print gibt. Das Durchblättern und Lesen hat in Deutschland noch einen Wert“, erklärt Chefredakteur Jørgen Møllekær.

Gwyn Nissen führt aus, welche Vorteile die Digitalisierung birgt: „Wir wissen jetzt, was die Leute lesen und können darauf reagieren.“

Die Chefredakteure beantworten Fragen zur Finanzierung, den Mitarbeitenden und der deutsch-dänischen Sprache im Zeitungsalltag. „Flensborg Avis“ fasst die dänischen Artikel beispielsweise oft mit einem deutschen Resümee zusammen.

Beide sind sich aber dahingehend einig, dass sie ihre Zielgruppe, die deutsche beziehungsweise die dänische Minderheit, in den Fokus stellen: „Ich schreibe für die deutsche Minderheit, das ist unsere DNA“, sagt Gwyn Nissen. 

Bunte Teilnahme

Die Studierenden kommen aus unterschiedlichen Bereichen und Institutionen. Es ist eine Kooperationsveranstaltung des Internationalen Wirtschaftskommunikationsstudiums und des Zentrums für Grenzregionsstudien der Süddänischen Universität, des Instituts für Hessische Landesgeschichte der Philipps-Universität Marburg, der Abteilung für Regionalgeschichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, des Friesischen Seminars und des Studiengangs European Cultures and Societies der Universität Flensburg, der Ausländerförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung, des Bundes Deutscher Nordschleswiger und der Dänischen Zentralbibliothek für Südschleswig.

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