Ausstellung
Apenrades Stadtgeschichte wird mit Pappe und Heißkleber lebendig
Apenrades Stadtgeschichte wird mit Pappe und Heißkleber lebendig
Stadtgeschichte wird mit Pappe und Heißkleber lebendig
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Der ausgebildete Maschinenbauingenieur Jens Closter verbindet sein Interesse für die Lokalhistorie mit der Leidenschaft fürs Basteln. Was er an seinem Esstisch im Wohnzimmer in vielen Stunden Präzisionsarbeit im Maßstab 1:87 fabriziert hat, zeigt er demnächst in der Deutschen Zentralbücherei Apenrade. Er hat allerdings jetzt die Qual der Wahl.
„Ich habe schon einmal eine Ausstellung in der Bücherei bestückt und war kürzlich dort auch bei einem Hobbytag mit einigen Exponaten vertreten“, erzählt Jens Closter, der an seinem Esstisch maßstabsgetreue Nachbauten bekannter historischer Häuser vornehmlich aus Apenrade und Umgebung herstellt.
Für die neue Ausstellung, die ab dem kommenden Dienstag, 14. Februar, bis Dienstag, 14. März, läuft, plant er, ausschließlich Gebäudemodelle mitzubringen, die die Nutzerinnen und Nutzer der Bücherei bislang noch nicht kennen. Dafür ist er in den vergangenen Wochen und Monaten ziemlich fleißig gewesen. Vor ihm liegt allerdings noch ein großes Stück Arbeit.
Verständnisvolle Ehefrau
„Ich will die Gäste ja nicht erschlagen“, stellt er schmunzelnd fest. „Ich muss deshalb eine Auswahl treffen. Ich habe über 40 Modelle und möchte möglichst davon nicht mehr als 30 mit in die Bücherei nehmen“, sagt der noch 68-jährige Rentner, der in der kommenden Woche sein 69. Lebensjahr vollendet.
Im Wohnzimmer sind einige Regale mit seinen Modellbauten gefüllt. Das Gästezimmer nennt er sein „Lager“. Er hat in seiner Frau Anita jedoch eine sehr verständnisvolle Partnerin. Sie lässt ihn nicht nur gewähren, sondern schaut ihm gerne zu, wenn er am Esstisch sitzt, um mit dem Hobbymesser und der Heißklebepistole das alte Apenrade wieder lebendig zu machen.
Sie strickt indes oder spielt Klavier.
Mit einem Trabbi fing es an
Jens Closter ist eigentlich gelernter Maschinenbauingenieur. Wegen einer psychischen Erkrankung kann er seinem Beruf jedoch schon seit vielen Jahren nicht mehr nachgehen.
Zum Modellbau ist er relativ spät gekommen. Vor ziemlich genau drei Jahren hatte er einen kleinen grauen Trabant als Modellauto erstanden.
Das Auto nur so ins Regal zu stellen, fand er irgendwie blöd und überlegte, wie er das Spielzeugauto beziehungsweise das Sammlerauto besser zur Geltung bringen könne. So kam ihm die Idee, für das Auto eine DDR-Kulisse zu basteln. Fertig war das Modell eines Ostberliner Straßenzuges am 28. Februar 2020. Jens Closter führt genau Buch über seine Arbeiten.
„Das scheint mir wohl ganz gut gelungen zu sein“, vermutet er und grinst schelmisch. Eine ehemalige DDR-Bürgerin war auf jeden Fall so begeistert, dass er ihr die Milieustudie inklusive Konsummarkt im Maßstab 1:87 schenkte. Er hat nur noch ein Foto von seinem ersten Modell in seiner Mappe.
Maßstab 1:87
Es war also eher dem Trabbi geschuldet, dass er in diesem Größenverhältnis bastelte. „Es ergibt aber Sinn, in dem Maßstab zu bauen, weil das die gängige Modellbaugröße ist“, sagt Jens Closter.
Und so passen Modellbahnen und -autos sowie andere Utensilien, die er sich hie und da mal kauft, im Maßstab zusammen. „Früher habe ich mir die Figürchen gekauft, wenn ich Menschen in meine Modelle einbauen wollte. Inzwischen bastle ich auch die aus Pappe selbst“, erzählt er.
Seine Ingenieursausbildung kommt ihm sicherlich zugute, wenn er die Abmessungen seiner Modelle berechnet. „Ich baue inzwischen meistens prägnante Gebäude aus Apenrade und der näheren Umgebung. Dafür gibt es keine fertigen Bauanleitungen zu kaufen. Die muss ich selbst herstellen. Das bedeutet auch, dass ich hin und wieder mal bei Leuten an der Haustür klingele, um zu fragen, ob ich ihr Haus abmessen darf“, so der Modellbauer. Manche Hauseigentümerinnen und -eigentümer sind zunächst verwundert, haben dann bisher immer zugestimmt, wenn sie den Grund seines Vorhabens erfuhren. Nicht selten überlässt er den Besitzerinnen und Besitzern am Ende das Modell. Es geht ihm ja primär ums Bauen. Platz hätte er ohnehin nicht für alle „seine“ Gebäude.
3,4 Quadratmeter
Sein bislang größtes Projekt war ein 3,40 Meter langes und 1 Meter breites Modell der Nachschule in Aubek (Aabæk). „Die einzelnen Gebäude habe ich hier bei mir zu Hause gebastelt, aber zusammengesetzt habe ich das Ganze dann erst in der Schule. Das war übrigens eine sehr nette Erfahrung, mit Publikum zu arbeiten. Die Schülerinnen und Schüler hatten viele Fragen, die ich auch gerne beantwortet habe“, erzählt Jens Closter.
Ansonsten hat er in Zusammenarbeit mit einem hiesigen Lokalhistoriker schon einige Projekte entwickelt. „Manchmal bringt er mir Zeichnungen, Gemälde oder Fotos, anhand derer ich dann meine Berechnungen anstellen kann“, sagt er. So ist unter anderem das „Haus Ahrensberg“ entstanden, das einst am Haderslevvej neben dem heutigen „Folkehjem“ stand. Es wurde in den 1960er-Jahren abgerissen. Heute befindet sich dort die dänische Bibliothek.
Mit Heißkleber allein kommt er nicht aus. Manchmal muss er auch mit Sekundenkleber und besonderem Klebeband arbeiten. Er hat sich eigens einen Werkzeugschrank auf Rollen gebastelt, der im Alltag im Esszimmer nicht stört. Kommen jedoch Gäste, kann der Schrank, dank der Rollen, schnell ins Schlafzimmer geschoben werden.
Faible für Bohlenbauten
Closter hat im Laufe der Zeit eine große Vorliebe für Bohlenbauten (dänisch: Bulhus) entwickelt. Daher baut er gerade ein Modell des Gebäudes Storegade 3 mitsamt Hinterhäusern, wie es vor etwa 150 Jahren ausgesehen haben muss. Das ursprüngliche Vorderhaus beheimatete damals Offersens Tabakspinnerei. Im Hinterhof befand sich auch ein größerer Bohlenbau. Die ursprünglichen Gebäude wurden jedoch alle abgerissen, um Platz für ein Bankgebäude zu schaffen. Die Handelsbank hatte dort lange ihr Zuhause. Jetzt ist dort ein Drogerie-Discounter.
Dieses Modell wird Jens Closter ziemlich sicher mit in die Ausstellung in der Zentralbücherei nehmen. Ob die Troiburg (Trøjborg) bei Wiesby (Visby), die viele Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger sicherlich nur als Schlossruine kennen, es mit in die Ausstellung schafft, hat er noch nicht entschieden. Obwohl es sicherlich für viele ganz interessant wäre zu sehen, wie das Wasserschloss einst aussah, bevor es Mitte des 19. Jahrhunderts abgerissen wurde.