Landwirtschaft
Branchenverbandsvorsitzender: „Die Tierschauen sind heute wichtiger denn je“
Branchenverbandsvorsitzender: „Die Tierschauen sind heute wichtiger denn je“
„Die Tierschauen sind heute wichtiger denn je“

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Nirgendwo sonst treffen Verbrauchende und Produzierende direkt aufeinander. Der Dialog ist wichtig für das gegenseitige Verständnis, betonte der Hauptredner der Apenrader Tierschau, Søren Søndergaard.
Bei einer Mini-Umfrage des „Nordschleswigers“ auf dem Apenrader Tierschauplatz zu den aktuellen Herausforderungen der Landwirtschaft wurde immer wieder die Klimakrise als größte Gefahr genannt. Der Klimaschutz und die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen der Klimakrise, die sogenannte Klimaresilienz, wurden stets als wesentliche Grundlagen der Landwirtschaft der Zukunft herausgestellt.
Den Tierzüchterinnen und -züchtern wie Anne Lambert Pedersen aus Warnitz (Varnæs) ist auch das Tierwohl wichtig.

So sieht moderne Tierhaltung aus
Sie hat eine riesige Sau mit Ferkeln mit zur Tierschau gebracht. Das massige Tier ist eine Kreuzung aus Landrasse und Yorkshire. Das Schwein mit ihren vielen kleinen Ferkeln ist nicht nur bei Kindern ein Hit.
„Auch die Erwachsenen reagieren erstaunt, wie groß unsere Tiere sind“, sagt Anne Lambert Pedersen lachend. Sie sieht die Tierschau als geeignetes Forum, direkt mit den Konsumenten in Kontakt zu kommen. Sie sehen auf dem Stand des Warnitzer Familienbetriebes nicht nur eine Sau mit Ferkeln, sondern erhalten auch einen Eindruck davon, wie moderne dänische Tierhaltung wirklich aussieht.

Der Sau steht auf dem Tierschaustand eine riesige Box zur Verfügung, in der die Ferkel auch genügend Rückzugsräume haben, um nicht von der Mutter erdrückt zu werden. Anne Lambert Pedersen gesteht, dass der eigene Betrieb noch nicht über diese großzügigen Boxen verfügt. Sie warten jedoch nur auf die entsprechende Baugenehmigung.
Tierwohl hat seinen Preis
Tierwohl kostet. Anne Lambert und ihre Kolleginnen und Kollegen nutzen die Tierschau deshalb auch dazu, genau dies zu vermitteln. „Wenn man Tierwohl verlangt, muss man auch bereit sein, die Mehrkosten zu berappen“, findet sie. Allerdings vergessen einige Konsumenten ihre guten Vorsätze, wenn sie das Kilo Kassler zum halben Preis in der Kühltruhe ihres Supermarkts finden. „Dass dieses Fleisch dann in Ländern produziert wurde, wo auf Tierwohl nicht so großen Wert gelegt wird, ist dann schnell kein Thema mehr“, bedauert sie.

CO₂ und Inflation
Viehzüchter und Pflanzenbauer Gerhart Rasmussen aus Seewang (Søvang) sieht die von der dänischen Regierung angekündigte CO₂-Steuer sowie die aktuelle Inflation zurzeit als die größten Herausforderungen der Landwirtschaft. Dennoch hat er sich erst kürzlich Heuwender und einen Heurechen angeschafft. Auf dem Stand der Maschinenhandlung von Hans Holm aus Tingleff (Tinglev) fachsimpelt er mit dem Seniorchef des Unternehmens. Dieser sieht die CO₂-Steuer sowie die Inflation ebenfalls als momentan größte Kümmernisse der Branche. „Wir verkaufen zwar weiter Maschinen, aber wir können deutlich merken, dass die Landwirtschaft bei Investitionen zurückhaltend ist“, stellt Hans Holm senior fest.




Klimaschutz geht nur gemeinsam
Carsten Leth Schmidt, Stadtratsabgeordneter der Schleswigschen Partei (SP) in der Kommune Hadersleben (Haderslev), muss auch nicht lange überlegen, als „Der Nordschleswiger“ ihn zu den größten Herausforderungen der heutigen Landwirtschaft befragt. Der Klimaschutz ist für ihn als Landwirt und als Kommunalpolitiker das vorherrschende Thema schlechthin. Als Vorsitzender des Ausschusses für Klima und Technik beschäftigt er sich derzeit intensiv mit der Verwirklichung des ambitionierten Klimaschutzhandlungsplans. Er ist überzeugt, dass die Landwirtinnen und Landwirte selbstverständlich als Partnerinnen und Partner gewonnen werden können, zumal wenn es ihnen ermöglicht wird, Einfluss zu nehmen und auch an ihrem Kohlenstoff zu verdienen. „Wir brauchen Biogas-Genossenschaften“, fordert Leth Schmidt.


Der Vorsitzende des Ausschusses für nachhaltige Entwicklung in Apenrade, Erik Uldall Hansen (Sozialdemokratie), sieht auch den Klimaschutz als eine der wichtigsten Herausforderungen der heutigen Landwirtschaft. „In Apenrade sind 63 Prozent der gesamten CO₂-Emission auf die Landwirtschaft zurückzuführen. Wir sind aber überzeugt, dass wir in Zusammenarbeit mit den Landwirtinnen und Landwirten unsere Klimaziele erreichen können. Wenn wir es bis zum Jahr 2030 schaffen wollen, ist das ein Kraftakt. Das ist uns bewusst“, so Uldall Hansen. Er ist aber zuversichtlich, dass es klappen kann, wenn alle an einem Strang ziehen.

Leth Schmidt räumt ein, dass man in Hadersleben derzeit noch ein wenig hinterherhinkt in Bezug auf die formale Zusammenarbeit zwischen Kommune und Landwirtschaft im Hinblick auf Klimaschutz. „Die Arbeiten zum Wohl für Damm, Förde und Belt sind aber in vollem Gang“, verspricht er.

Tierschauen wichtig für den Dialog
Als Hauptredner beim traditionellen Tierschau-Frokost hatten die Organisatoren den Vorsitzenden des Branchenverbandes „Landbrug og Fødevarer“, Søren Søndergaard, gewinnen können. Auch er ging in seiner Rede auf die Herausforderungen der Landwirtschaft ein. Natürlich – ist man geneigt zu schreiben – erwähnte auch er die Themenbereiche Klimaschutz, Energiekosten, Inflation und Tierwohl. Allerdings sah er es auch als Problem an, dass der Abstand zwischen Verbrauchenden und Produzierenden immer größer wird.

Als der heute 43-jährige Søndergaard noch selbst die Schulbank drückte, hatten sämtliche Klassenkameradinnen und -kameraden in irgendeiner Weise eine Verbindung zur Landwirtschaft. Schaut er heute in die Klassen seiner Kinder, ist das eher selten. „Deshalb sind die Tierschauen heute wichtiger denn je. Nur hier treffen Produzierende und Verbrauchende noch direkt aufeinander“, stellte er fest.

Kaum jemand kenne noch eine Bäuerin oder einen Bauern persönlich. „Landwirtschaft ist etwas, über das man in den sozialen Medien liest und zu dem man so seine Vorurteile hat“, bedauerte Søndergaard. Eine Tierschau fördere indes den direkten Dialog, und das sei essenziell, wie er betonte.

Tierschau ist auch Wettbewerb
Überdies seien Tierschauen auch Wettbewerbe, bei denen sich Tierzüchterinnen und -züchter messen können. „Sie inspirieren sich durch den Wettbewerb, Dinge anders und besser zu machen. Das ist eine starke Antriebsfeder für Innovation. Wir stehen vor großen Veränderungen. Ich bin aber sicher, dass wir tüchtig genug sind, Lösungen zu finden. Alle Landwirtinnen und Landwirte, die ich kenne, haben Interesse an Klimaschutz. Wir müssen nur die richtigen Techniken und Technologien finden, um die Herausforderungen packen zu können“, schloss er seinen Beitrag, der mit großem Beifall quittiert wurde.