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SP-Chance zwischen Landestrends und Streithähnen
SP-Chance zwischen Landestrends und Streithähnen
SP-Chance zwischen Landestrends und Streithähnen
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Die Schleswigsche Partei mit ihren Zugpferden Stephan Kleinschmidt und Jørgen Popp Petersen kann von Stimmen aus der Mehrheitsbevölkerung profitieren. Überraschungen sind in allen vier Kommunen Nordschleswigs am Abend des 16. November möglich.
In allen vier nordschleswigschen Kommunen, Apenrade (Aabenraa), Hadersleben (Haderslev), Sonderburg (Sønderborg) und Tondern (Tønder) kommt der Wahlkampf gut sieben Wochen vor der Neubestimmung der Kommunalparlamente am 16. November auf Touren.
Medienthema deutsche Bürgermeister-Aspiranten
Während vor vier Jahren auch in landesweiten Medien die mögliche Wahl eines deutschen Bürgermeisters in Sonderburg, des SP-Spitzenkandidaten Stephan Kleinschmidt, Widerhall fand, stehen in diesem Jahr die Chancen für ein deutsches Kommunaloberhaupt in Tondern in Person des populären Politikers Jørgen Popp Petersen im Blickpunkt auch auswärtiger Beobachter. Dabei wird sogar in Erinnerung gerufen, dass im Sommer 1920 nach der neuen Grenzziehung der dänische König Christian X. in der Wiedaustadt mit 75 Prozent deutschen Stimmenanteil bei der Volksabstimmung am 10. Februar 1920 vom damaligen deutschen Bürgermeister Olufsen ehrenhaft begrüßt wurde.
Amtsbonus keine Sieggarantie
Während in Hadersleben der jetzige Bürgermeister Hans Peter Geil (Venstre) nicht wieder kandidiert, setzen in Tondern Henrik Frandsen (Tønder Listen), in Apenrade Thomas Andresen (Venstre) und in Sonderburg Erik Lauritzen (Sozialdemokraten) als Amtsinhaber auf ihre Wiederwahl. Erfahrungsgemäß haben Amtsinhaberinnen und -inhaber aufgrund eines Amtsbonus oft einen Vorsprung vor Herausfordererinnen und Herausforderern. Doch in diesem Jahr stehen nicht nur hinter der Wiederwahl von Henrik Frandsen in Tondern Fragezeichen, weil er nach der Sprengung der seit der Kommunalreform in der Westküstenkommune dominierenden Venstre-Fraktion als Kandidat der neu formierten Tønder Liste gegen einstige Weggefährten ebenso wie gegen ehemalige parteiinterne Widersacher antreten muss.
Die in Tondern traditionsgemäß auch starke Oppositionspartei, die Sozialdemokraten, schicken mit Barbara Krarup Hansen eine relativ unbekannte und unerfahrene Bürgermeisterkandidatin ins Rennen, zugleich verzichten ihre Stimmenmagneten wie der frühere Hoyeraner Bürgermeister Peter Christensen auf eine erneute Kandidatur für das Kommunalparlament.
Gelingt es der SP, in diesem Jahr ihr Wählerpotenzial stärker als vor vier Jahren zu mobilisieren, könnte bei zu erwartender Schwächung der bereits durch Fraktionsaustritt dezimierten Dänischen Volkspartei im neuen Stadtrat der SP-Bürgermeisterkandidat Jørgen Popp Petersen das Rennen machen. Entscheidend ist dabei allerdings nicht nur die Mandatszahl der SP, sondern auch Mut bei den dänischen Kommunalpolitikern im neu zusammengesetzten Stadtrat, den auf jeden Fall als Kommunalspitze kompetenten SP-Politiker ins Amt zu heben.
Mut bei dänischen Mandatsträgern gefragt
In Sonderburg erscheint auf den ersten Blick eine Wiederwahl des populären Amtsinhabers Erik Lauritzen als relativ sicher. Immerhin könnte dieser auch vom lange positiven landesweiten Trend zugunsten der Regierungspartei mit der sozialdemokratischen Regierungschefin Mette Frederiksen profitieren. Der Landestrend könnte zugleich Ellen Trane Nørby als Venstre-Kandidatin am Alsensund im Wege stehen, erste Bürgermeisterin der Großkommune Sonderburg zu werden. Doch gerade in der Dominanz Lauritzens könnte die Chance für Stephan Kleinschmidt liegen, wenn es seiner Schleswigschen Partei nach ihrer erfolgreichen Arbeit mit profilierten Fraktionskolleginnen und -kollegen gelingt, Mandate der kleineren Parteien im neuen Stadtrat hinter sich zu vereinen. Wie in Tondern ist auch in der Kommune Sonderburg Mut gefragt, einem Vertreter der deutschen Minderheit eine Chance zu geben, der seit vielen Jahren bewiesen hat, dass er sich nicht auf Klientel-Politik beschränkt, sondern ideenreich für alle Bürger wirkt.
Viel Streit in Kommunalparlamenten
Auffallend ist im Vorfeld der Kommunalwahlen im November, dass in fast allen Kommunen Nordschleswigs anstelle von Konsens in den Kommunalparlamenten lange Zeit Streithähne das Bild beherrschten. Dabei spielen nicht nur interne Venstre-Großkonflikte, sondern besonders die seit einigen Jahren andauernde Erosion im landesweiten dänischen Parteiensystem eine Rolle. Das zeigt sich im Niedergang der Liberalen Allianz ebenso wie bei der Dänischen Volkspartei und Venstre.
Viele Parteiwechsel
Parteiwechsel waren an der Tagesordnung, mitunter kommt der Verdacht auf, dass Mandatsträger opportunistisch das sinkende Schiff verlassen, um sich bei Parteien wie Den Nye Borgerlige oder den Konservativen ein weiteres Mandat zu sichern, haben diese doch in Umfragen zuletzt lange Zeit gute Werte erhalten.
SP sichert deutsche Einrichtungen
In Apenrade steht die SP momentan mit ihren zwei Mitgliedern im Kommunalparlament nicht im Blickpunkt, mit ihrem vor allem wirtschaftspolitisch profilierten Spitzenmann Erwin Andresen nach dem Bürgermeisteramt zu greifen. Doch nicht zuletzt mit ihrem neuen Kandidaten aus Pepersmark (Pebersmark), Kurt Asmussen, hat die SP Chancen, bei der Zahl der Wählerstimmen im ländlichen Raum der sich weit in den Westen Nordschleswigs erstreckenden Kommune zuzulegen. Hier gilt es für die SP nicht nur, bei umstrittenen Stadtratsthemen Farbe zu bekennen, sondern dem inzwischen auch durch viele Neubürger aus Deutschland erweiterten Wählerinnen- und Wählerpotenzial die Bedeutung der SP als Repräsentanten und Förderer der deutschen schulischen, sozialen und kulturellen Angebote gerade in der Kommune Apenrade zu vermitteln.
Diese gelten längst auch als willkommene Bereicherung der Kommune insgesamt und als Pluspunkt bei der Werbung um Zuzügler, auf die alle Kommunen Nordschleswigs angewiesen sind, um demografische Herausforderungen und Arbeitskräftebedarf meistern zu können.
SP in Hadersleben erfolgreich
Auch in Hadersleben, wo Carsten Leth Schmidt seit Jahren die Schleswigsche Partei im dortigen Kommunalparlament mit ihrem einzelnen Mandat repräsentiert, gilt es, das eigene Wählerpotenzial noch stärker zu mobilisieren. Nicht nur durch Einbringeng konstruktiver Ideen hat sich Leth Schmidt profiliert, er hat jüngst auch durch Schmieden neuer Bündnisse mit den traditionell kleinen Parteien im Haderslebener Stadtrat taktisches Geschick bewiesen, das sich auszahlen könnte, wenn am Wahlabend die Stimmen gezählt sind und entschieden werden muss, ob der sozialdemokratische Spitzenmann Henrik Rønnow künftig nicht nur mit seiner Trompete den Ton angibt, oder der Venstre-Spitzenkandidat Mads Skov die Nachfolge des langjährigen Venstre-Bürgermeisters Hans Peter Geil antritt.