Kunst

Franciska Clausen: Die wirkliche Anerkennung kam erst nach ihrem Tod

Franciska Clausen: Die wirkliche Anerkennung kam erst nach ihrem Tod

Franciska Clausen: Die Anerkennung kam erst nach ihrem Tod

Apenrade/Aabenraa
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Franciska Clausen war die jüngste Tochter von Kaufmann Peter Clausen und Ehefrau Kirstine. Foto: Karin Riggelsen

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Wie eine Apenrader Kaufmannstochter auszog, um sich in einer männerdominierten Kunstwelt einen Platz zu erkämpfen. Am 7. Januar jährt sich ihr Geburtstag zum 125. Mal. Ihr zu Ehren gibt es aus diesem Anlass einen Empfang im Folkehjem. Eine Ausstellung im Schloss Brundlund zeigt ihr vielfältiges Schaffen und großes Talent.

Wer Franciska Clausen in ihren letzten Lebensjahren im Apenrader Stadtbild begegnete, hat sicherlich nicht wirklich glauben können, dass diese Frau mit weltberühmten Künstlern wie Picasso, Kandinsky, Mondrian und Jean Arp auf Du und Du war. Im Gegenteil! „Sie wurde eher etwas belächelt“, erinnert sich die Pressefotografin des „Nordschleswigers“, Karin Riggelsen, die Franciska Clausen beruflich einige Male begegnet war.

Das Kunstmuseum Schloss Brundlund zeigt noch bis einschließlich August 2025 die Ausstellung „Eine Collage“ über das Leben und Wirken von Franciska Clausen. Foto: Karin Riggelsen

Inzwischen haben Apenrade und auch die Kunstwelt erkannt, welch große Künstlerin quasi nebenan nahezu unbeachtet mehr schlecht als recht gelebt hatte.

Der Einfluss der am 7. Januar 1899 geborenen Kaufmannstochter aus Apenrade auf die dänische und internationale Kunstwelt ist erst nach ihrem Tod wirklich deutlich geworden. Sie war ihrer Zeit offensichtlich voraus.

In dieser prächtigen Villa an der Vestergade ist Franciska Clausen geboren und aufgewachsen. Dort lebte sie auch nach ihrer Rückkehr aus Paris. Das Gebäude gibt es nicht mehr. Es musste einem Neubau weichen. Foto: Karin Riggelsen

Dänemark war nicht bereit

Die dänische (Kunst-)Welt war wohl noch nicht bereit für die erste Avantgardistin. Dass sie eine Frau war, machte es ihr nicht unbedingt leichter. Auch die zwei Weltkriege haben ihrer Karriere auf unterschiedliche Weise Steine in den Weg gelegt.

Mit 16 Jahren soll Franciska Clausen ihren Eltern eröffnet haben: „Ich will Kunstmalerin werden!“ Obwohl diese das auch von ihnen stets geförderte Talent ihrer Tochter durchaus entdeckt hatten, waren sie nicht gerade glücklich, dass die Teenagerin sich ausgerechnet eine Kunstschule in Deutschland ausgesucht hatte, um ihren Traum erfüllen zu können. Schließlich tobte gerade der Erste Weltkrieg durch Europa.

Im Schloss Brundlund werden nicht nur Werke Franciska Clausens gezeigt. Besuchende erhalten auch einen Eindruck von ihrem Leben. Foto: Karin Riggelsen

Erste Station Weimar

Nichtsdestotrotz saß sie einige Monate später bereits in der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar auf der Schulbank. Später ging sie nach München, musste aber wegen der Kriegswirren dann doch nach Dänemark zurück. Sie ging aber nicht nach Apenrade, sondern nach Kopenhagen. Franciska Clausen wurde in der dortigen Kunstakademie in der Malerschule für Frauen aufgenommen, fand den Unterricht aber sehr altmodisch und langweilig.

Darüber hinaus fand sie keinen Anschluss an das Künstlermilieu der Hauptstadt. Sie reiste daraufhin wieder nach München, wo sie die private Kunstschule des Expressionisten H. Hofmanns besuchte, und ging später nach Berlin. Dort lernte sie den Ungar Moholy-Nagy kennen, der sie in die Avantgardekunst einführte. Ihr Malstil änderte sich. Er wurde moderner, abstrakter. 1923 war sie schließlich mit drei Gemälden auf der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten.

Wer möchte, kann in der Ausstellung im Schloss Brundlund sein eigenes Avantgardewerk kreieren. Foto: Karin Riggelsen

Dann kam die Wirtschaftskrise

Bevor ihre Karriere jedoch richtig Fahrt aufnehmen konnte, legte ihr die Weltwirtschaftskrise Steine in den Weg. Das Vermögen der Eltern hatte sich quasi in Luft aufgelöst. Als dann auch noch der Vater 1924 verstarb, war es der Familie nicht mehr möglich, die Tochter finanziell zu unterstützen.

Dennoch ging sie noch im selben Jahr nach Paris, wo sie an der Freien Akademie der modernen Künste unter Fernand Léger studierte. Sie wurde seine Geliebte. Sie war Teil der Pariser Kunstszene, stellte in den angesagtesten Galerien und Kunsthallen aus. Ihre Werke hingen neben denen von Picasso und Brancusi.

Die Staffelei, die Gipsbüste, der Malerkittel – alles stammt aus dem Fundus der Malerin. Foto: Karin Riggelsen

In illustrer Gesellschaft

Franciska Clausen schloss sich 1929 wie Léger der Künstlergruppe „Cercle et carré“ (Deutsch: Kreis und Quadrat) an. Die Vereinigung bestand zwar nur ein Jahr, deren Mitgliedsliste liest sich jedoch wie das Who’s Who der damaligen Kunstelite: Kandinsky, Mondrian, Torres García, Arp, Gropius, Le Corbusier, um nur einige zu nennen. Bezeichnenderweise wird bei der Internetsuche unter dem Stichwort „Cercle et carré“ der Name Franciska Clausens gar nicht aufgelistet. Es dominieren auch hier die Männer.

Franciska Clausen muss trotz aller Widrigkeiten, mit denen sie in ihrer Karriere zu kämpfen hatte, ihren Humor bewahrt haben. Davon zeugen die Fotoserie, die im Hintergrund zu sehen ist, aber auch die von ihr gemalten Selbstporträts. Auf einem Bild hat sie sich Pfeife rauchend abgebildet. Foto: Karin Riggelsen

Die Clausen

Die dänische Kunsthistorikerin, Museumsleiterin und Forscherin Inge Lise Mogensen Bech, frühere Mitarbeiterin des Kunstmuseums im Schloss Brundlund, hat vor wenigen Jahren eine sogenannte Monografie über Franciska Clausen geschrieben, die im Verlag Strandberg Publishing erschienen ist. Es freut sie einerseits, dass die Apenraderin posthum die Anerkennung erfährt, die ihr zu Lebzeiten verwehrt wurde; andererseits irritiert sie es jedoch ungemein, dass sie in Apenrade „nur“ schlicht Franciska oder, wenn es hochkommt, Franciska Clausen genannt wird. „Sie hätte es verdient, dass wir sie als ,die Clausen‘ bezeichnen“, sagte die Kunsthistorikerin im Herbst 2022 in einem Interview mit dem „Nordschleswiger“. Inge Lise Mogensen Bech ist übrigens die Gastrednerin bei einem Festakt am 7. Januar 2024 im Apenrader Folkehjem zu Ehren des 125. Geburtstags von Franciska Clausen.

Anfang der 1930er-Jahre kehrte „die Clausen“ dann aus Geldnot wieder nach Hause zurück. Das muss ein Kulturschock für sie gewesen sein. In Paris war sie eine be- und geachtete Künstlerin; in Dänemark wurden sie und ihre Kunst nicht nur links liegengelassen, nein, geradezu verhöhnt.

Franciska Clausen 1925 in Paris Foto: Museum Sønderjylland, Schloss Brundlund

Von einem Schweden „wiederentdeckt“

Erst viele Jahrzehnte später wurden die avantgardistischen Werke Clausens wieder ans Tageslicht geholt. Bezeichnenderweise bedurfte es eines schwedischen Kunsthistorikers, um den Wert der Kunst Franciska Clausens einzuschätzen. Nach und nach wurde auch deren Bedeutung für die nationale und internationale Kunst bewusst. Ihr wurde eine lebenslange Apanage von „Statens Kunstfond“ zuerkannt. Ihre Bilder wurden in verschiedenen Zusammenhängen ausgestellt. So erfuhr sie „auf ihre alten Tage“ dann doch etwas von dem ihr zustehenden Ansehen.

Mit dem Malen von Porträts verdiente sie sich indes ihren Lebensunterhalt. Dass sie auch dafür ein großes Talent hatte, sprach sich auch bis zum dänischen Hof herum. Franciska Clausen hat sowohl von Königinmutter Ingrid als auch von Königin Margrethe II. wunderbare Porträtgemälde angefertigt.

Sie verstarb 1986 in einer kleinen Seniorenwohnung am Frydendal. Bis 1958 hatte sie in der großen Familienvilla an der Vestergade gelebt.

Eine abstrakte Komposition von Franciska Clausen Foto: Museum Sønderjylland, Schloss Brundlund

Der 125. Geburtstag

Am 7. Januar 2024 jährt sich der Geburtstag Franciska Clausens zum 125. Mal. Das Jubiläum wird in ihrer Heimatstadt groß gefeiert.

Seit Oktober 2023 ist im Kunstmuseum Schloss Brundlund bereits eine Ausstellung mit Werken von Franciska Clausen zu sehen. Bei dem Rundgang durch die Räume erhalten die Besuchenden einen Eindruck von dem vielfältigen Talent der Kunstmalerin. Dieses Talent war bereits in den Porträts zu sehen, die sie als Kind und Jugendliche anfertigte. Die im Schloss Brundlund ausgestellten Werke und Skizzen zeigen die vielen Facetten der Kaufmannstochter aus Apenrade, ihren ästhetischen Sinn und ihr Gefühl für Kompositionen. Die Ausstellung belegt zudem, dass sie eigentlich in allen Kunstrichtungen versiert war. Ob Naturalismus, Expressionismus oder Kubismus – allem hat sie sich gewidmet und alles hat sie offensichtlich auch gekonnt. Sie hat Notgeldscheine gemalt und Werbeplakate entworfen. Ihre Liebe galt jedoch dem Konstruktivismus und der Avantgardemalerei.

Ein riesiges Foto zeigt Franciska Clausen in Lebensgröße in ihrem Atelierraum Foto: Karin Riggelsen

Einblicke in das Leben einer Künstlerin

Im Rahmen der Ausstellung im Schloss Brundlund kann in einem kleinen Nebenraum auch ein etwa 18-minütiges Interview mit Franciska Clausen angesehen werden. Sie gewährt hierin interessante Einblicke in ihr Künstlerleben in Berlin und Paris, das sich von dem Leben in Apenrade so sehr unterschied.

Am 7. Januar findet zudem im Folkehjem ab 11 Uhr ein Empfang statt. Auf der Rednerliste stehen unter anderem Bürgermeister Jan Riber Jakobsen und Axel Johnsen. Letzterer ist der Direktor des Museumswesens in Nordschleswig. Er wird über die gemeinsamen Pläne von „Museum Sønderjylland“ und Kommune Apenrade berichten. Am Kilen in Apenrade soll nach Möglichkeit ein neues Museum entstehen, wo zum einen die Kunst Franciska Clausens und zum anderen die maritime Geschichte Apenrades unter einem Dach den Besuchenden vermittelt werden kann.

Franciska Clausen verstarb am 5. März 1986 im Alter von 87 Jahren und wurde auf dem Apenrader Friedhof beerdigt. Foto: Karin Riggelsen

Franciska – die Oper

Im Anschluss an den Festakt werden im Schloss Brundlund kostenlose Führungen angeboten.

Im Laufe der nächsten Monate sind weitere Jubiläumsveranstaltungen vorgesehen. Unter anderem ist eigens eine Oper mit dem Titel „Franciska“ komponiert worden, die im Laufe des Jahres dann uraufgeführt wird.

Franciska Clausen, 1899-1986

Franciska Clausen war die Tochter des dänischen Kaufmanns Peter Clausen und dessen Ehefrau Kirstine (geb. Olufsen); zum Zeitpunkt ihrer Geburt gehörte Apenrade noch zum Deutschen Reich. In der Zeit von 1916 bis 1917 besuchte sie die Modellklasse der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar und ging 1918 an die Frauenakademie in München. Von 1919 bis 1921 war sie Schülerin der Kunstakademie Kopenhagen und malte dort unter der Leitung von Sigurd Wandel (1878-1947) Interieurs und Porträts. 1921 wechselte sie an die Kunstakademie nach München und besuchte daran anschließend bis 1922 die private Kunstschule des Malers Hans Hofmann.

Im Oktober 1922 kam sie nach Berlin, wo sie über die Galerie Der Sturm László Moholy-Nagy kennenlernte, unter dessen Einfluss sie ihre ersten abstrakten Collagen herstellte. 1923 beteiligte sie sich an der Großen Berliner Kunstausstellung in der avantgardistischen Abteilung Novembergruppe. Als László Moholy-Nagy an das Bauhaus wechselte, besuchte sie in Berlin das Atelier des russischen Bildhauers Alexander Archipenko.

Seit Januar 1924 lebte sie in Paris, wo sie bis zum Dezember 1925 in der Academie moderne eine der ersten Schülerinnen von Fernand Légers Malerschule wurde; mit diesem war sie später eng befreundet. In Paris konnte sie ohne Atelier, auf wechselnde Hotelzimmer angewiesen, zumeist nur kleinformatige Gouachen, Aquarelle und Collagen anfertigen. 1926, 1928 und 1929 stellte sie im Salon des Société des Artistes Indépendants aus und hielt sich bis 1933 jährlich in Paris auf.

Von 1927 bis 1928 stellte sie auch in New York, Chicago und Philadelphia aus; in dieser Zeit näherte sie sich dem Surrealismus und 1929 dann der konkreten Abstraktion. 1930 stellte sie mit der Gruppe Cercle et Carré in Paris aus und stand in dieser Zeit künstlerisch dem Neoplastizismus eines Piet Mondrian und Georges Vantongerloo nahe. 1932 hatte sie in Kopenhagen in der Galerie Binger eine erste große Einzelausstellung.

Seit 1933 hielt sie sich vor allem in Apenrade auf und unterrichtete nebenher an der Zeichen- und Kunstgewerbeschule für Frauen (Tegne- og Kunstindustriskole for Kvinder) in Kopenhagen. Sie beteiligte sich unter anderem auch an den Ausstellungen Funktionalistische Ausstellung 1931 in Stockholm, Den Frie Udstilling 1935 in Kopenhagen und Surrealismus in Norden in Lund.

Franciska Clausen blieb unverheiratet. Nach ihrem Tod hinterließ sie eine Sammlung von 2.500 Werken, die teilweise seit 1990 in einem separaten Bereich des Trapholt Museums für Moderne Kunst in Kolding ausgestellt wurde. Im Jahr 2011 wurde die Sammlung Franciska Clausens in das Schloss Brundlund nach Apenrade verlegt. Die Stadt plant, in Zukunft ein Zentralmuseum zu errichten, in dem, neben dem traditionsreichen Schifffahrtsmuseum, auch die bisher im Schloss Brundlund untergebrachte Gemäldesammlung angemessen präsentiert werden soll.

Quelle: Wikipedia

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