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Minderheit erwartet nach Folketingswahl Kontinuität

Minderheit erwartet nach Folketingswahl Kontinuität

Minderheit erwartet nach Folketingswahl Kontinuität

Tingleff/Tinglev
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Sekretariatschef Harro Hallmann stellte Aktuelles aus dem Bereich der Zusammenarbeit der deutschen Minderheit mit der Regierung und dem Folketing in Kopenhagen vor. Foto: Karin Riggelsen

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Sekretariatschef Harro Hallmann berichtete beim Informationsgespräch beim Deutschen Tag in Tingleff über angestrebte neue dänische Verpflichtungen für die Minderheitensprache Deutsch und „puzzelte“ eine neue Mehrparteienregierung in Kopenhagen.

„Wir machen uns keine Sorgen aufgrund der bevorstehenden Bildung einer neuen Regierung“, erklärte der Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen, Harro Hallmann, in seinem Beitrag während des Informationsgesprächs zum Deutschen Tag in Tingleff.

Verbesserungen bei Förderung angestrebt

Hallmann erläuterte in der Aula der Deutschen Nachschule Tingleff den Teilnehmenden vor allem aus Nordschleswig und Schleswig-Holstein, dass zwar momentan wegen der erst gerade anlaufenden Regierungsbildung nach den Wahlen vom 1. November in Dänemark in vielen Bereichen Stillstand herrsche. Dennoch gehe er davon aus, dass zum Beispiel neue Fördermittel für die Stärkung der Informationsarbeit und Kommunikation im Bereich der Minderheit, der im Haushaltsentwurf der bisherigen Regierung vorgesehen ist, auch vom neuen Kabinett und dem neuen Folketing unterstützt werde.

Harro Hallmann lieferte beim Informationsgespräch viele Zahlen und Fakten aus der aktuellen Tätigkeit der deutschen Minderheit. Foto: Volker Heesch

 

Der Sekretariatschef hatte berichtet, dass in den kommenden Monaten wieder die Verpflichtungen Dänemarks im Rahmen der Europäischen Sprachencharta für die Minderheitensprachen, das betrifft Deutsch in Nordschleswig, auf der Tagesordnung stehen werden.

Deutsch keine Fremdsprache in Nordschleswig

„Seit 2001, als Dänemark dieser Charta des Europarates beigetreten ist, gilt Deutsch in Nordschleswig nicht als Fremdsprache“, so Hallmann und wies darauf hin, dass deutsche Vereine und Verbände ihre Satzungen bei den dänischen Behörden ohne Übersetzung vorlegen dürfen. Der Sekretariatschef erläuterte, dass Dänemark von über 70 möglichen Verpflichtungen der Charta mehr als 30 übernommen habe.

 

Beim Informationsgespräch war auch der neue Forschungsleiter beim Europäischen Center für Minderheitenfragen (ECMI), Martin Klatt, dabei. Er befasst sich wissenschaftlich mit deutsch-dänischen Minderheitenfragen. Foto: Volker Heesch

Die deutschen Nordschleswiger wünschten sich auf diesem Gebiet Verbesserungen, denn inzwischen spielten Digitalisierung und Internet eine immer größere Rolle, was auch die europäischen Minderheiten vor neue Herausforderungen stelle. Die jetzt in Aussicht stehenden neuen Fördermittel für Kommunikation wiesen in die richtige Richtung auf diesem Gebiet.

Bemühungen zugunsten des deutschen Gymnasiums

Als wichtiges Anliegen der deutschen Minderheit gegenüber Regierung und Parlament nannte Hallmann die Bemühungen, das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig bei den staatlichen dänischen Fördermitteln den dänischen Gymnasien gleichzustellen. Bisher erhält das Gymnasium in Apenrade (Aabenraa) nur 85 Prozent des Fördersatzes für die übrigen Gymnasien.

Reform des Kontaktausschusses

Der Leiter des Sekretariats, das Kontakt zur Regierung und zum Folketing hält, stellte auch die andauernden Bemühungen vor, die Arbeit des Kontaktausschusses für Anliegen der deutschen Minderheit in Dänemark zu reformieren. Seit Jahren habe die Struktur mit einer Ministerin oder einem Minister an der Spitze des Gremiums, in dem die Fraktionen des dänischen Parlamentes vertreten sind, die Arbeit behindert. „Wir streben ein Modell wie in Schleswig-Holstein mit einem oder einer Minderheitenbeauftragten an“, so Hallmann und äußerte sich hoffnungsvoll, dass es eine Lösung geben werde, die eine Ausschussspitze mit einem Folketingsmitglied umfasst. Es liefen Bemühungen, die Reform über eine neue Geschäftsordnung und ein eigenes Gesetz zu verwirklichen. „Das wäre eine Stärkung des Ausschusses“, so der Sekretariatschef.

Er erwähnte auch, dass die bisherige Kulturministerin, Ane Halsboe-Jørgensen, nicht nur mit vielen anderen Aufgaben als mit Anliegen der deutschen Nordschleswiger zu tun gehabt habe. Als Hindernis habe sich auch erwiesen, dass sie sich vielfach auch in Ressorts anderer Ministerien habe einmischen müssen, um Wünsche der Minderheit an die richtige Adresse liefern zu können.

Regierungsbildung nicht einfach

Für Stimmung im Saal sorgte Harro Hallmann, als er das Thema Folketingswahlen aufgriff. Er ging auf den Auslöser der vorzeitigen Neuwahlen wie Vorwürfe der Machtbesessenheit gegenüber Regierungschefin Mette Frederiksen (Sozialdemokraten) aus den Reihen ihrer Unterstützerparteien ebenso ein wie auf den Rekord an Parteiwechseln und Fraktionsaustritten in der früheren Wahlperiode. Auch die Wanderungen der Wählerschaft zu neuen Parteien, wobei sich die Kräfteverhältnisse zwischen rotem und blauem Lager aber kaum änderten, stellte er dar.

Thore Naujeck, Abteilungsleiter beim Deutschen Jugendverband, der kommissarische Vorsitzende der Schleswigschen Partei (SP), Rainer Naujeck, und der frühere SP-Vorsitzende Gerhard Mammen (v. l.) nutzen das Informationsgespräch zur Diskussion. Foto: Volker Heesch

 

Er erklärte, dass die Dominanz der Sozialdemokraten bei Vergabe der Direktmandate vor allem eine Folge der Zersplitterung im bürgerlich-blauen Lager war. „Das dabei herausspringende Zusatzmandat für die Sozialdemokraten hat die rote Mehrheit von einem Mandat im Folketing mit jetzt zwölf Fraktionen erbracht“, so der Sekretariatschef.  Er prophezeite Konsequenzen für die Parlamentsarbeit, dass nicht weniger als ein Drittel der am 1. November gewählten Abgeordneten Neulinge sind. „Die neue Regierung kann sich jetzt jeder puzzeln“, so Hallmann und präsentierte sein eigenes Favoritenpuzzle: eine Regierung über die politische Mitte hinweg aus Sozialdemokraten, Radikaler Venstre, den Moderaten und Venstre. 

 

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