Kulturkommentar

„Lyrik statt alter Leier“

Lyrik statt alter Leier

Lyrik statt alter Leier

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Nordschleswig/Apenrade
Zuletzt aktualisiert um:

Büchereidirektorin Claudia Knauer schreibt in ihrem Kulturkommentar über harte Polit-News kontra Lyrik.

Claudia Knauer ist Jahrgang 1961, lebt mit ihrem Mann in Apenrade (Aabenraa) und ist Direktorin der Büchereien der deutschen Minderheit in Nordschleswig. Sie war unter anderem stellvertretende Chefredakteurin beim „Nordschleswiger“ und schreibt seit Jahren weiterhin Gastbeiträge.

Wer das Radio anmacht, Fernsehnachrichten schaut oder die Push-Infos auf dem Smartphone liest, die die Medien mit lockerer Hand losschicken, läuft Gefahr, in einem Sumpf sinnloser Wortaneinanderreihungen zu versinken.

Da fordert die eine Partei – ob in Deutschland oder Dänemark ist fast bedeutungslos –, dass jetzt die Impfstoffproduktion angekurbelt werden muss. Tatsächlich? Darauf wäre ja keiner gekommen. Die Hersteller sitzen normalerweise da und warten darauf, dass jemand so einen Anstoß gibt.

Andere Politiker/innen, die Parteifarbe spielt übrigens auch keine Rolle, versprechen in Deutschland ein abgestimmtes Vorgehen aller Bundesländer nach dem nächsten Bund-Länder-Gipfel. So eine Aussage gab es noch nie. Und dann machen die das ganz bestimmt auch. Vielleicht oder zumindest ein bisschen.

In Dänemark wird nach „vollständiger Epidemiekontrolle“ verlangt. Schöne Idee, aber ob die Epidemie sich auch daran hält? Wer auf die Erfüllung dieser Forderung wartet, kann unterwegs schon den Mut verlieren. Vor allem, wenn man jung ist und gerade mit beiden Beinen ins selbstständige Leben springen will, dann aber vom Kinderzimmer aus online studieren muss.

In die Ansammlung sinnloser Sätze fällt auch das beständige Angebot zum Dialog und das Versprechen von Hilfe – für die bedrängte Wirtschaft, für Soloselbstständige, für Künstler/innen – ohne dass die Hilfe dann fließt oder der Dialog zu etwas führt.

Wie wäre es, wenn gemeldet würde, dass die Hilfsgelder überwiesen wurden? Dass die Produktion jetzt auf Hochtouren läuft? Dass die Uni morgen wieder öffnet?

Das Problem mit der Zukunft ist naturgemäß, dass keiner sie kennt. Aber immer wieder die gleiche leere Leier von Sätzen lässt ermüdete Bürger zurück, die Vertrauen verlieren. Und dieses kostbare Gut brauchen wir dringend.

Füllt doch die Spalten lieber mit guten Geschichten oder Gedichten. Die Zeilen der jungen US-amerikanischen Lyrikerin Amanda Gorman

Die Morgendämmerung blüht, wenn wir sie freilassen.
Denn da war immer Licht,
wenn wir nur mutig genug sind, es zu sehen,
wenn wir nur mutig genug sind, es zu sein.

wären schon mal ein guter Anfang.

Die in diesem Kulturkommentar vorgebrachten Inhalte sind nicht von der Redaktion auf ihre Richtigkeit überprüft. Sie spiegeln die Meinung der Autorin oder des Autors wider und repräsentieren nicht die Haltung des „Nordschleswigers“.

Mehr lesen