50 Jahre EU: Einer wird gewinnen

„Revoluzzer“ ohne Revolution

„Revoluzzer“ ohne Revolution

„Revoluzzer“ ohne Revolution

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Nordschleswig
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Die Atomkraftgegner erzählen auf ihrer Homepage über ihre Kampagnen – vor allem in der Zeit von Siegfried Christiansen. Foto: atomkraftnejtak.dk

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1968: Der Student Siegfried Christiansen kritisierte den Bund Deutscher Nordschleswiger – die deutsche Gesinnung war nicht länger eine unveränderliche Größe.

„1968 gab es Unruhen in vielen westlichen Ländern, Studentendemonstrationen ließen aufhorchen“, schrieb Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Harro Marquardsen in seinem Neujahrsgruß am Jahresende 1968 an die deutsche Minderheit, und er fügte hinzu: „Auch unsere Jugend hat sich um unsere politische Linie ihre Gedanken gemacht.“

Das war wahrlich ein gewagter Vergleich, ja gewiss übertrieben, aber immerhin. Auch die Verantwortlichen in der deutschen Minderheit erkannten: Ohne Jugend keine Zukunft, und deshalb wagte der BDN einen ungewöhnlichen Schritt. Auf der Delegiertenversammlung im Oktober 1968 durfte ein junger Student seine Ideen von der Zukunft der Minderheit vorstellen. Es war der aus Hadersleben stammende Siegfried Christiansen, der aus Kopenhagen kommend den BDN-Delegierten in Tingleff (Tinglev) die Leviten las. 

Unter der Überschrift „Ein junger Nordschleswiger zur Lage im Grenzland“ wurde der Beitrag von Siegfried Christiansen zur Grundsatzdebatte auch später in der Tageszeitung „Der Nordschleswiger“ abgedruckt. Er rüttelte ganz schön an den Grundfestungen der Minderheit.

Christiansen sah „offenbar“ einen Widerspruch zwischen den Satzungen und der praktischen Politik, jene fordere betont die nationale Haltung, die andere das übernationale Bestreben. Eine Kluft zwischen der angestrebten Brückenfunktion und dem Zweck des Bundes, „nur Frauen und Männer deutscher Gesinnung als Mitglieder aufzunehmen.“

Die Älteren verlangen zu viel nationale Gesinnung

„Das Nationalgefühl sei im Grunde genommen nur eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, und es dürfte an der Zeit sein, es in seiner herkömmlichen Prägung kritisch zu betrachten, zumal in einem so ausgeglichenen Grenzland wie hier. Vor allem dürfte es anfechtbar sein, den Begriff deutsche Gesinnung so anzuwenden, als hätten wir es dabei mit einer unveränderlichen Größe zu tun. Es könnte sein, dass die Älteren in Sachen deutsche Gesinnung von uns Jüngeren mehr erwarten als uns zu geben möglich ist“, erklärte Christiansen. 

„Im ständigen Dialog mit allen Kreisen der Bevölkerung das deutsche Element in Nordschleswig zu bewahren, zu vertiefen und zu verbreitern“ sei nach seinen Worten die Aufgabe der Zukunft. „Werden wir bereit sein, auch demnächst … einen weiteren Schritt zu tun, um nun bei zusammenfallenden Interessen sogar die Gemeinschaft mit der Mehrheit anzustreben?“, fragte er die Delegierten.

Künftig ohne Liste S

Nur neun Monate nach der Wahlniederlage 1968 ging Christiansen noch einen Schritt weiter: „Was berechtigt uns eigentlich, mit einer besonderen Liste an den Wahlen teilzunehmen? Keinesfalls stellen wir eine Partei im eigentlichen Sinn dar, denn die Wähler von Slesvigsk Parti sind ihrer politischen Haltung nach über die ganze Skala der bestehenden Parteien verteilt. Die Lösung wird deshalb sein, dass wir auf eigene Liste verzichten und es dem Einzelnen freistellen, seine Stimme der Partei zu geben, von der seine Interessen am besten vertreten meint. Damit kein Missverständnis aufkommt, sei unterstrichen: Dies gilt nicht allein bei Folketingswahlen, sondern ebenso bei Kommunalwahlen.“ 

Sind qualifiziert auch für das Bürgermeisteramt

„Auf diesem Wege sei es durchaus denkbar, dass dieser oder jener unserer Vertreter qualifiziert wäre, ein Amt als Bürgermeister wahrzunehmen. Die Existenz einer Slesvigsk Parti hindert ihn daran“, so Christiansen, der auch auf sportliche Konfliktsituationen unter den Jugendlichen hinwies. Mit anderen Worten: Rückzug aus der aktiven Politik und Konzentration auf die Kultur.

Sein Urteil über „unsere Politik“ war ein Zitat von Josef Othmar Zöller: „Sie ist erfüllt von historischen Denkmodellen und übersieht, dass diese vor allem Träger eingefrorener Irrtümer sind.“

OAA-Held: Siegfried Christiansen

Der „Revoluzzer“ aus Kopenhagen schuf keine Palastrevolution in Nordschleswig. Es blieb fast alles beim alten, und Siegfried Christiansen brauchte sein Talent und seine Kräfte in einem ganz anderen Kraftfeld:

Er wurde 1974 als einer der Gründer von „OAA“  („Organisationen til Oplysning for Atomkraft“) zu einer Lichtgestalt im erfolgreichen Kampf mit „Atomkraft? Nej tak“ in Dänemark. Seit 1985 bis heute offizielle dänische Regierungspolitik.

Dieser Artikel ist Teil der 11. Folge der EU-Serie von Seniorkorrespondent Siegfried Matlok.

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