Leitartikel

„Das Problem mit Powerfrauen und „We can do it!““

Das Problem mit Powerfrauen und „We can do it!“

Das Problem mit Powerfrauen und „We can do it!“

Apenrade/Aabenraa
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Der Weg zu einer gleichberechtigten Gesellschaft führt nicht an der Erziehung vorbei. Jedoch fehlinterpretieren viele Eltern Feminismus und Emanzipation und reproduzieren mit ihrer Erziehung männliche Machtstrukturen, statt mit diesen zu brechen, findet unsere Autorin Marle Liebelt.

Der Schlüssel zu einer gleichberechtigten Gesellschaft beginnt mit Erziehung. Erziehen wir unsere Kinder zu starken, groben Männern und feinfühligen, zurückhaltenden Frauen, wird die ungleiche Stellung der Geschlechter nie beendet. 

Viele Eltern sind sich dessen bewusst und versuchen, es anders zu machen. 

Sie versuchen, ihre Tochter zu einer „echten Powerfrau“ zu erziehen, die sich durchsetzen kann und auch grob sein darf. Zu Hause ist man sich einig, dass rosa nicht ins Haus kommt und Lillifee-Trends aus dem Kindergarten bei der eigenen Tochter erfolgreich unterdrückt werden. 

Das Problem ist: Diese Art der Erziehung ist antifeministisch und reproduziert männlich dominierte Machtstrukturen.

Vermeintlich männliches Verhalten ist das Problem, nicht die Lösung

Ja, wir wollen, dass unsere Töchter die gleichen Chancen im Leben, im Beruf, in der Politik haben. Die Lösung dafür ist jedoch nicht, ihnen vermeintlich männliche Eigenschaften anzuerziehen. 

Sinn von Emanzipation, Gleichberechtigung und Feminismus ist nicht, dass manche Frauen einfach wie Jungs sozialisiert und damit als „echte Powerfrauen“ wahrgenommen werden. 

Wir müssen umdenken

Stattdessen sollten wir uns von dem Glauben lösen, dass „männlich“ stark und „weiblich“ schwach ist. Überhaupt sollten wir uns davon freimachen, einige Eigenschaften als männlich und andere als weiblich anzusehen. 

Wir brauchen keine Frauen, die sich ein Hemd anziehen, den Bizeps flexen und „We can do it!“ rufen. Wir brauchen auch keine Männer, die das toll finden und deshalb diesen Frauen Respekt zollen. Wir brauchen keine Gesellschaft, die an ungleichen Machtstrukturen und einer Ellenbogenmentalität festhält. 

Wir brauchen eine Gesellschaft, die die Stärken von einfühlsamen, empathischen und rücksichtsvollen Menschen sieht und fördert – bei Männern und bei Frauen. Eine Gesellschaft, die zurückhaltenden Menschen die Chance gibt, ihre Stärken zu zeigen. 

Wir sollten unsere Söhne und Töchter in rosa Tütüs durch die Stadt tanzen lassen, wenn ihnen danach ist. Und das sollten wir stark finden.

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