Kulturkommentar

„Residenzpflicht Nordschleswig“

Residenzpflicht Nordschleswig

Residenzpflicht Nordschleswig

Uffe Iwersen
Uffe Iwersen
Apenrade/Aabenraa
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Uffe Iwersen spricht sich gegen eine Residenzpflicht in Nordschleswig aus, sieht einen Wohnsitz in Nordschleswig aber als eine wichtige Kompetenz an. Diese sollte sich dann auch im Gehalt widerspiegeln: Wer in Nordschleswig lebt, soll deutlich mehr verdienen, meint der Kulturkonsulent des Bundes Deutscher Nordschleswiger.

Als ich 2009 beim Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) als Kulturkonsulent angestellt wurde, lebte ich noch aufgrund meines Studiums in Flensburg. Bedingung für eine Anstellung war die beim BDN relativ neu eingeführte Residenzpflicht – sprich neue Angestellte müssen in Nordschleswig leben bzw. müssen innerhalb einer gewissen Frist nach Nordschleswig ziehen. Mittlerweile gilt diese Residenzpflicht auch für den Jugendverband und für den Sozialdienst – in anderen Verbänden jedoch nicht. Damals fühlte sich diese Residenzpflicht unfair an, da ich mich in Flensburg wohlfühlte, die Strecke nach Apenrade keine Barriere darstellte und weil ich wusste, dass sehr viele Angestellte der Minderheit auf deutscher Seite ihren Wohnsitz hatten und noch immer haben.

Ich zog innerhalb eines Jahres zurück nach Nordschleswig und ich habe es nie bereut – Nordschleswig ist meine Heimat. Dennoch ist diese Residenzpflicht kein nachhaltiger Lösungsansatz für unsere Herausforderungen.

Ich kann viele der Argumente pro Residenzpflicht verstehen: engere Anknüpfung an das soziale Umfeld des Arbeitsplatzes und der Vereine der Minderheit, evtl. Kinder der Angestellten in unseren Institutionen, evtl. mehr Stimmen für die SP, generell engere Anbindung an die Minderheit usw.

Dies sind alles legitime Argumente. Ich denke jedoch, dass eine Pflicht in diesem Falle keine Lösung unserer Herausforderungen darstellt. Man kann in diesem Fall das Glück nicht erzwingen, sondern muss mit anderen Mitteln dieses Glück erarbeiten bzw. erkaufen.

Ein wichtiger Weg sind die Infoveranstaltungen des BDN zu diesem Thema, die den Angestellten verdeutlichen sollen, dass ein Umzug nach Nordschleswig für alle Beteiligten Vorteile mit sich bringt. Doch auch diese Veranstaltungen und weitere Strategien sind offensichtlich kein Allheilmittel.

In erster Linie muss es darum gehen, die bestmögliche Arbeitskraft für die Minderheit zu rekrutieren. Hierzu gehören neben der fachlichen Kompetenz natürlich auch weitere Kompetenzen – u.a. eine engere Anbindung an die Minderheit durch die Wohnsitznahme in Nordschleswig.

Für mich ist der Wohnsitz in Nordschleswig eine unglaublich wichtige Kompetenz – als solche sollte man sie daher dann aber auch knallhart ansehen und sie sollte sich im Lohn widerspiegeln. Wer in Nordschleswig lebt, soll spürbar mehr verdienen. Generell müssen die Anreize, nach Nordschleswig zu ziehen, viel prägnanter sein. Die Lohnstellschraube ist hier bestimmt am effizientesten.

Dennoch gibt es für einige Menschen oder Familien Gründe, nicht nach Nordschleswig umziehen zu können oder zu wollen, was auch vollkommen in Ordnung und zu akzeptieren ist.

Daher muss es möglich sein, auch jemanden außerhalb Nordschleswigs anzustellen, sofern kein geeigneter Kandidat bzw. keine geeignete Kandidatin die Wohnsitzkompetenz erfüllen kann. Auch im Sinne eines Europas der offenen Grenzen (wenn sie denn mal endlich wieder wirklich offen wären), das der BDN ja schließlich ausdrücklich unterstützt.

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