Kulturkommentar

„Leben in Vollsmose“

„Leben in Vollsmose“

„Leben in Vollsmose“

Meike Riewerts
Apenrade/Aabenraa
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Ein Kulturkommentar von Meike Riewertz, Praktikant beim Nordschleswiger.

Dem Zimmerangebot, das mir die Universität vermittelte, sagte ich blind zu – ich hatte ja keine Ahnung. Odense war für mich die märchenhafte Stadt des H. C. Andersen.

Im September vergangenen Jahres startete   dort mein Auslandssemester an der Syddansk Universitet (SDU). Sowohl die Uni als auch die Stadt gefielen mir auf Anhieb: modern, freundlich, lebendig – wäre doch auch die Unterkunft  so gewesen.

Schon im Treppenhaus  des sechsstöckigen Wohnhauses schlägt einem ein unangenehmer Geruch entgegen. Dazu tragen sicherlich die Löcher zum Müllabwurfschacht bei, die sich in jedem Stockwerk befinden.    In der Wohnung, die ich mir mit drei weiteren internationalen Studenten teilte, waren leider Schimmel im Bad und Käfer in den Zimmern. Mitbewohnerin Nr. 2, ebenfalls aus Deutschland, verkündete mir, dass vor meinem Einzug noch überall Müll und Essensreste lagen.

Die Wohnsiedlung Birkeparken liegt in Vollsmose, ein Vorort von Odense, den die dänische Regierung als „hartes Ghetto“ einstuft,  die schlimmste Ghetto-Kategorie. Wie ich schnell merkte, werden dort nachts gern Autorennen gefahren, und Polizeieinsätze stehen auf der Tagesordnung.

Inzwischen waren Mitbewohner 3 und 4 eingezogen, zwei Jungen. Der eine war leider nicht der sauberste, und der andere verschanzte sich in seinem Zimmer und zockte Tag und Nacht (!) laut brüllend ein Computerspiel.

Die Freundschaft zu einigen anderen Studenten in Birkeparken bot da oft Zuflucht. Vollsmose trifft keine Schuld an unseren Mitbewohnern, und ich persönlich hatte keine negativen Erfahrungen mit anderen  Nachbarn     – Jung und Alt hielten mir oft die Tür auf. 

Hoffentlich werden die „Ghetto-Pläne“ der Regierung zur  besseren Integration der    Einwohner  erfolgreich sein, vielleicht auch um der jungen Generation eine neue Perspektive zu eröffnen. Meine Erinnerung an Vollsmose ist zwar alles andere als märchenhaft, aber vielleicht wird aus dem hässlichen Entlein noch ein schöner Schwan.

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