Kommentar

„Fluchen für Fortgeschrittene“

Fluchen für Fortgeschrittene

Fluchen für Fortgeschrittene

Apenrade/Aabenraa
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Warum sie gerne flucht, und warum das sogar gut ist, erklärt Hannah Dobiaschowski in diesem Kommentar.

Ich liebe Kraftausdrücke, und ich fluche gerne. Nichts wirkt so erleichternd wie ein herzliches „VERDAMMTE SCHEIßE!!!“. Ja, in Großbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen. Auch wenn ich in den vergangenen Jahren viele dänische Wörter in meinen deutschen Sprachgebrauch integriert habe, so funktioniert fluchen auf Dänisch nicht. „For helvede“ klingt einfach zu niedlich. Da löst sich nichts.

Meine Kinder müssen leider auch ertragen, dass mir ein „FFFUUUUUCK“ entweicht, wenn die selbst gemachte Pizza am Schieber kleben bleibt und als unansehnlicher Klumpen auf dem Backstein landet. Das „Fuck“ ist zwar sehr effektiv, hat aber auch als international anerkannter Begriff viele lokale Wörter verdrängt. Sowieso verändert sich die unflätige Sprache genauso wie die zivilisierte. Wer von euch hat in den vergangenen Jahren noch ein „Himmel, Arsch und Zwirn“ gehört?

Beim Autofahren habe ich mich zumindest so weit im Griff, dass ich die Ausdrücke nur denke und nicht laut sage, wenn die Kinder dabei sind. Eine Bekannte schämte sich, weil sie in Gegenwart ihrer Tochter eine andere Autofahrerin als „dumme Eule“ bezeichnet hatte. Wenn sie wüsste, welche Namen ich für andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer habe …

Eine andere Bekannte, auch bekennende Kraftausdruck-Verwenderin, lässt beim Golfspielen jedes Mal eine Tirade an Schimpfwörtern los, wenn der Ball in die Rabatten fliegt, statt zu sagen „das war kein guter Ball“. Zweiteres hält ihr Trainer für den passenden Ausdruck für einen verschossenen Ball, aber das, da sind wir uns beide einig, bringt ja nun wirklich gar nichts. Mich erheitert die Vorstellung enorm, wie sie laut fluchend am Abschlag steht, entspricht sie nämlich auch sonst in keiner Weise dem Klischee einer Golfspielerin.

Gilt Fluchen allgemein als anstößig, unhöflich und unzivilisiert, so zeigt die Forschung, dass es durchaus einen positiven Effekt hat. Laut Emma Byrne, die Forschungsergebnisse in ihrem Buch „Swearing is good for you: The amazing science of bad language” zusammenträgt, hat Fluchen einen positiven Effekt, und zwar „von der Stärkung von Beziehungen und besserem Teamwork im Job bis hin zur Linderung von Schmerzen“.

So kann ich zumindest vor mir selbst rechtfertigen, dass ich mit den Kraftausdrücken etwas Gutes für mich tue. So eine Art verbale selfcare. Manche lassen sich die Nägel machen oder gehen zum Yoga, ich sage „Scheiße!“.

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