Nahost

Umstrittene Reise - Biden trifft in Saudi-Arabien ein

Umstrittene Reise - Biden trifft in Saudi-Arabien ein

Umstrittene Reise - Biden trifft in Saudi-Arabien ein

dpa
Dschidda/Jerusalem
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Abflug nach Saudi-Arabien: Joe Biden winkt am Flughafen von Tel Aviv, bevor er seine Reise zu einem Treffen mit dem saudischen Kronprinzen antritt. Biden verteidigte das Treffen vorab gegen Kritik. Foto: Ariel Schalit/AP/dpa

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Bilaterale Treffen westlicher Spitzenpolitiker mit dem saudischen Kronprinzen gab es seit dem Mord am Journalisten Khashoggi kaum. Jetzt trifft Biden ihn im engeren Kreis. Ob Khashoggi Thema wird, lässt Biden offen.

Ungeachtet anhaltender Kritik wegen der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ist US-Präsident Joe Biden zu politischen Gesprächen in die streng konservative Golfmonarchie gereist. Biden traf bei seiner Nahostreise am Freitagabend in der Küstenstadt Dschidda ein. Noch am Abend sollte er dort König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman treffen. Es ist die erste Begegnung eines US-Präsidenten mit dem Kronprinzen außerhalb internationaler Gipfel seit dem Mord am Journalisten Jamal Khashoggi vor bald vier Jahren.

US-Präsident Biden bekam bei seiner Ankunft in Saudi-Arabien im Vergleich zu seinem Vorgänger Donald Trump einen äußerst kühlen Empfang. Bei seinem Eintreffen im königlichen Palast in der Küstenstadt Dschidda begrüßte ihn am Freitagabend der umstrittene Kronprinz Mohammed bin Salman. Einen Handschlag gab es nicht - beide stießen nur kurz die Fäuste aneinander. Danach gingen sie ohne ein weiteres Gespräch weiter. Das Weiße Haus hatte vor der Reise mitgeteilt, Biden wolle Körperkontakte möglichst vermeiden.

Spricht Biden den Khashoggi-Mord beim Kronprinzen an? 

Biden verteidigte die Reise vorab und während seines ersten Stopps in Israel gegen Kritik. Der US-Präsident will nach Angaben seines Sicherheitsberaters Jake Sullivan die Menschenrechtslage in der Golfmonarchie ansprechen. Sullivan sagte auf dem Flug von Tel Aviv nach Dschidda, Biden werde darüber öffentlich und bei seinen Treffen hinter verschlossenen Türen reden. «Der Präsident ist weiterhin fest entschlossen, die Sache der Menschenrechte voranzutreiben.»

Khashoggi war 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Killerkommando auf brutale Weise getötet worden. US-Geheimdienste sehen den Kronprinzen - auch bekannt unter seinem Kürzel «MBS» - in der direkten Verantwortung. Dieser hat bestritten, die Tötung selbst angeordnet zu haben.

Das Treffen mit dem Kronprinzen sei ein «Verrat an Unterstützern der Menschenrechte und saudischen Dissidenten, die so viel mehr vom Präsidenten erwarten», schrieb Abdullah Alaudh von der Demokratie-Organisation DAWN mit einem weiteren Autor vor Bidens Reise. Khashoggi hatte die Organisation vor seinem Tod in die Wege geleitet. Im Kampf um Freiheit und Klimaschutz könne das Signal der Reise kaum schlechter sein, erklärten die Autoren auch mit Blick auf Saudi-Arabien als einem der weltgrößten Ölproduzenten.

Erster greifbarer Erfolg der Biden-Reise

Als Zeichen der Entspannung sowie als greifbarer Erfolg für Biden öffnete das Königreich seinen Luftraum für Flüge von und nach Israel. Biden sprach von einem «historischen» Schritt auf dem «Weg zu einer stärker integrierten und stabileren Nahost-Region». Die Öffnung sei auch dank der monatelanger Bemühungen seiner und der saudischen Regierung möglich geworden, erklärte er.

Die Luftfahrtbehörde Saudi-Arabiens teilte in der Nacht zu Freitag mit, dass der saudische Luftraum künftig «für alle Fluggesellschaften geöffnet wird, die die Voraussetzungen der Behörde für einen Überflug erfüllen». Israel und Saudi-Arabien unterhalten keine diplomatischen Beziehungen, die Regierung in Riad erkennt das Land als Staat nicht an. Wohl auch deshalb nahm die offizielle Mitteilung der saudischen Seite nicht ausdrücklich Bezug auf Israel. In Bidens Mitteilung war dagegen explizit von Flügen von und nach Israel die Rede.

Kürzere Flugzeiten bei Reisen von und nach Israel

«Nach einem langen und geheimen Prozess und intensiver Diplomatie mit Saudi-Arabien und den USA wachen wir heute Morgen mit einer erfreulichen Nachricht auf», teilte der neue Regierungschef Jair Lapid mit. Er dankte der saudischen Führung für die Entscheidung. Sie bedeutet für Reisende etwa aus Ostasien deutlich kürzere Flugzeiten auf dem Weg von und nach Israel.

Ursprünglich hatte für Flüge von und nach Israel ein nahezu komplettes Überflugverbot über Saudi-Arabien gegolten. Dieses hatte die Golfmonarchie aber bereits für Flüge zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrain aufgehoben. Die beiden Golfländer hatten unter Vermittlung der USA 2020 diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen.

Der gemeinsamer Feind Iran

Ein Beitritt Saudi-Arabiens gilt als unwahrscheinlich. Hinter den Kulissen arbeiten die beiden Länder etwa in Sicherheitsfragen schon länger zusammen. Sie fühlen sich vom gemeinsamen Feind Iran bedroht und sehen dessen wachsenden Einfluss in der Region sowie dessen Atom- und Raketenprogramm mit Sorge. Um den Iran dürfte es auch bei einem Gipfel des Golf-Kooperationsrats am Samstag gehen, an dem Biden vor seiner Rückreise in die USA teilnehmen wollte.

Am Donnerstag war Biden in Jerusalem mit Regierungschef Lapid zusammengekommen. Beide hatten danach betont, dass dem Iran nicht gestattet werden dürfe, an Atomwaffen zu gelangen. Vor seiner Weiterreise nach Saudi-Arabien traf Biden in Bethlehem Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.

Kein echter Fortschritt im Nahost-Konflikt

Biden sprach sich danach erneut für eine Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern aus. «Das palästinensische Volk verdient einen eigenen Staat, der unabhängig, souverän, lebensfähig und zusammenhängend ist», sagte Biden. Er wisse aber, dass das Ziel in weiter Ferne zu liegen scheine. Abbas forderte die USA zur Anerkennung eines palästinensischen Staates auf.

Mit Zwei-Staaten-Lösung ist gemeint, dass ein unabhängiger, demokratischer und entmilitarisierter Staat der Palästinenser friedlich an der Seite Israels existiert. Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern liegt seit 2014 brach. Bidens Besuch brachte keinen echten Fortschritt in dem Konflikt.

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