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„Sudan im Chaos: Ethnische Gewalt eskaliert in Dafur“
Sudan im Chaos: Ethnische Gewalt eskaliert in Dafur
Sudan im Chaos: Ethnische Gewalt eskaliert in Dafur
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Ein entsetzliches Massengrab mit 87 Leichen wurde in Dafur, Sudan, entdeckt. Die ethnische Gewalt gegen die Masalit-Gemeinschaft eskaliert und droht, die Region in eine gefährliche Spirale des Hasses zu stürzen. Der Konflikt lähmt das Land und bedroht die Stabilität der Nachbarländer.
In Dafur, im Westen des Sudan, wurde ein Massengrab mit den Leichen von mindestens 87 Menschen gefunden. Die Opfer wurden höchstwahrscheinlich von den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) und den mit ihnen verbündeten Milizen getötet. Das berichten die Vereinten Nationen in einer eindringlichen Pressemitteilung.
Die grausige Entdeckung ist nur das jüngste Fanal, dass die Kämpfe im Sudan endgültig Darfur, eine Region, die durch Jahrzehnte völkermörderischer Gewalt gezeichnet ist, in eine neue Spirale des ethnischen Hasses treibt.
Die Opfer und ihre Leidensgeschichte
Bei den Opfern handelt es sich nämlich um Angehörige der ethnischen Masalit, einer überwiegend afrikanischen Gemeinschaft, die seit vielen Jahren Ziel von Angriffen arabischer Milizen ist. Die Masalit und andere afrikanische Volksgruppen wurden in den frühen 2000er Jahren von den berüchtigten Dschandschawid-Milizen terrorisiert, aus denen die heute als „Schnelle Eingreiftruppen“ benannten Schlächter entsprungen sind.
Die örtliche Bevölkerung war gezwungen, die Leichen in einem Massengrab zu entsorgen. Mindestens 37 Leichen wurden am 20. Juni in dem etwa einen Meter tiefen Massengrab in einem offenen Bereich namens Al-Turab Al Ahmar (Rote Erde) begraben. Weitere 50 Leichen wurden am 21. Juni an der gleichen Stelle begraben. Darunter befanden sich auch die Leichen von sieben Frauen und sieben Kindern.
UN-Hochkommissar fordert unverzügliche Aufklärung
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte die RSF und andere Konfliktparteien auf, die unverzügliche Suche nach den Toten und ihre Bergung ohne Unterscheidung nach ethnischer Herkunft zu ermöglichen, wozu sie nach internationalem Recht verpflichtet sind.
„Ich verurteile auf das Schärfste die Tötung von Zivilisten und Personen, die sich nicht im Kampf befinden, und ich bin außerdem entsetzt über die gefühllose und respektlose Art und Weise, wie die Toten sowie ihre Familien und Gemeinschaften behandelt wurden", sagte Türk. „Es muss eine schnelle, gründliche und unabhängige Untersuchung der Tötungen geben, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden."
Sudans bitterer Machtkampf: Al-Burhan vs. Hamdan
Seit dem 15. April kämpft die sudanesische Armee gegen die paramilitärischen Rapid Support Forces um die Macht im Sudan. Dabei wurden Tausende von Zivilisten getötet und fast drei Millionen Menschen vertrieben – viele flohen über die Grenzen. Der Konflikt hat den Sudan, ein Land mit 46 Millionen Einwohnern im Nordosten Afrikas, gelähmt und droht auch, die Nachbarländer zu destabilisieren.
Im Mittelpunkt stehen zwei Männer, General Abdel Fattah al-Burhan und sein ehemaliger Stellvertreter, Generalleutnant Mohamed Hamdan, die vor vier Jahren gemeinsam halfen, den langjährigen Diktator des Landes, Omar Hassan al-Bashir, zu stürzen. Doch nun haben sie die Waffen gegeneinander gerichtet. Die grausamen Kämpfe brachen zunächst in der Hauptstadt Khartum aus, haben sich aber inzwischen auf das Hunderte von Kilometern entfernte Darfur ausgeweitet. Die Gewalt hat die Gefahr eines Bürgerkriegs heraufbeschworen, der eine Region erfassen könnte, die zu den unbeständigsten Teilen Afrikas und des Nahen Ostens gehört.
Historische Wurzeln des Konflikts
Viele Darfuris befürchten, dass dies der Höhepunkt eines seit langem bestehenden Plans ist, die ethnisch gemischte Region in ein arabisch beherrschtes Gebiet zu verwandeln.
Die Wurzeln des Konflikts reichen tief in das Fundament des modernen Sudan, der vor fast 70 Jahren von ausländischen Kolonisatoren gegründet wurde, die aus weit verstreuten und ethnisch unterschiedlichen Regionen eine Nation zusammenschusterten, die als einheitlicher, zentralisierter Staat wenig Sinn machte. Es umfasste den sumpfigen Süden, der von dunkelhäutigen christlichen und animistischen Völkern besiedelt war, die mehr mit Nachbarländern wie der heutigen Demokratischen Republik Kongo und Kenia gemein hatten, und die Region Darfur, die von einer Mischung aus muslimischen Stämmen bevölkert war. Noch heute stehen immer wieder ethnische Konflikte im Zentrum von schlimmsten Menschenrechtsverletzungen.