Bundestagswahl

Wahlkampf bis zuletzt für Merkel und Schulz

Wahlkampf bis zuletzt für Merkel und Schulz

Wahlkampf bis zuletzt für Merkel und Schulz

dpa
Berlin
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Bundestagswahl
Wahlkampf in Deutschland. Foto: Scanpix

Endspurt im Bundestagswahlkampf – am Sonntag wird gewählt. SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz kämpft noch immer um den Wahlsieg, dabei gilt als sicher, dass die CDU/CSU die meisten Stimmen bekommen wird. Mit Spannung wird das Abschneiden der AfD erwartet. Das Wichtigste zum Endspurt im Überblick.

Ungeachtet der erwarteten Verluste für die Regierungsparteien Union und SPD gilt bei der Bundestagswahl am Sonntag eine Bestätigung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als sicher.

Ungewiss bleibt aber, wie stark sie aus der Wahl hervorgeht und welche Koalition sie künftig anführt. Mit Sorge wird vor allem auf das Abschneiden der AfD geblickt, die als drittstärkste Kraft und zweistellig in den Bundestag einziehen könnte.

Schulz warnt vor AfD, Merkel will „ran an den Speck“

Merkel, ihr SPD-Herausforderer Martin Schulz und andere Spitzenkandidaten kämpften am Samstag bis zuletzt um die Stimmen unentschlossener Wähler. Schulz warb in Aachen noch einmal für einen Regierungswechsel unter seiner Führung. „Wir kämpfen bis zur letzten Minute“, sagte der 61-Jährige. Es gelte, eine „Regierung der sozialen Kälte“ und einen Erfolg der AfD zu verhindern. „Es droht zum ersten Mal seit 1945, dass im Bundestag wieder die Totengräber der Demokratie das Wort ergreifen“, warnte er.

Merkel besuchte zum Abschluss des Wahlkampfs ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern, wo sie vor vier Jahren 56,2 Prozent der Erststimmen erhalten hatte. Aufmerksam wird registriert werden, wie viele Stimmen sie dort am Sonntag an die AfD abgeben muss. Zuvor rief sie die CDU noch einmal zum Kampf um die Stimmen unentschiedener Wähler auf.„Viele entscheiden sich erst in den letzten Stunden“, sagte sie bei einem Treffen mit jungen CDU-Wahlkampfhelfern in Berlin. Deshalb gelte nun die Parole: „Ran an den Speck!“

„GroKo“ oder „Jamaika“?

Rund 61,5 Millionen Deutsche sind am Sonntag zur Wahl aufgerufen. Die Wahllokale haben von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet. Letzte Umfragen sehen die Union zwischen 34 und 36 Prozent. Die SPD steht bei 21 bis 22 Prozent. Die AfD käme auf 11 bis 13 Prozent, die Linke auf 9,5 bis 11, die FDP auf 9 bis 9,5 Prozent. Die Grünen stehen bei 7 bis 8 Prozent.

Damit könnte neben einer neuen großen Koalition aus Union und SPD auch ein Jamaika-Bündnis aus Union, FDP und Grünen möglich werden. Bei der Bundestagswahl 2013 hatte die Union 41,5 Prozent bekommen, die SPD 25,7 Prozent, die Linke kam auf 8,6, die Grünen erreichten 8,4 Prozent. FDP (4,8) und AfD (4,7) scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.

Schulz holt bei der Kanzlerfrage auf

SPD-Kanzlerkandidat Schulz konnte unmittelbar vor der Wahl im direkten Vergleich mit Merkel den Abstand deutlich verringern. Nach einer Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ würden sich 45 Prozent für Merkel und 32 Prozent für Schulz entscheiden, wenn der Bundeskanzler direkt gewählt würde. Vor vier Wochen hatte Merkel noch mit 51 zu 22 Prozent geführt.

AfD „eine Partei, die gegen Minderheiten Stimmung macht“

Wie stark der erwartete Einzug der AfD in den Bundestag das politische Klima in Deutschland verändern wird, beschäftigt unterdessen Politiker und Experten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnete die AfD als „Wolf im Schafspelz“. Der Verfassungsschutz verfolge, „ob sich Rechtsextremisten dieser Partei bemächtigen und ob sie Einfluss auf die Partei haben“, sagte er t-online.de.

Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, äußerte sich besorgt über die hitzige Stimmung vor allem in Ostdeutschland. „Diese Wut und der Hass, der dieser Tage auf der Straße zu beobachten ist, beunruhigt mich schon sehr“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Samstag). Mit Blick auf das Erstarken der AfD sagte Krüger: „Wir können nur hoffen, dass wir am Wahltag nicht unser blaues Wunder erleben.“

Befürchtungen gibt es auch beim Zentralrat der Juden in Deutschland. Dessen Präsident Josef Schuster hält es für möglich, dass sich die AfD in Zukunft auch gegen Menschen jüdischen Glaubens wenden könnte. „Es ist eine Partei, die gegen Minderheiten Stimmung macht“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntag). Im Moment richte sich das vorwiegend gegen Muslime. Aber es könnte auch andere Minderheiten treffen. „Dazu zähle ich auch Juden“, sagte Schuster.

Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, erwartet, dass sich die AfD nach ihrem Einzug in den Bundestag rasch zerstreitet. „Die AfD wird sich zerlegen, weil das bei sektiererischen Gruppen vom rechten Rand bisher immer so war“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Meinungsforscher sieht aber keine Gefahr für die Demokratie, wenn die AfD erstmals im Bundestag vertreten ist. „Es ist unerfreulich, aber keine Katastrophe, weil die Deutschen insgesamt als Demokraten gefestigt sind.“

Kurzbiografien: Angela Merkel und Martin Schulz 

Angela Merkel
Angela Merkel Foto: Scanpix

Angela Merkel

Die CDU-Politikerin Angela Merkel - seit zwölf Jahren Bundeskanzlerin - gilt als eine der mächtigsten Frauen weltweit:

  • geboren am 17. Juli 1954 in Hamburg als Tochter eines evangelischen Theologen und einer Lehrerin, aufgewachsen in der DDR. Seit 1998 verheiratet in zweiter Ehe mit dem Chemie-Professor Joachim Sauer.
  • 1973 bis 1978 Physikstudium in Leipzig, 1986 Promotion
  • 1989 Eintritt in den "Demokratischen Aufbruch", der 1990 in der CDU aufgeht
  • seit 1990 Mitglied des Bundestags. Ihr Wahlkreis ist Stralsund-Rügen-Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern
  • 1991 bis 1994 Bundesministerin für Frauen und Jugend
  • 1994 bis 1998 Bundesumweltministerin
  • 1998 bis 2000 Generalsekretärin der CDU, danach Vorsitzende
  • 2002 bis 2005 Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion
  • seit November 2005 erste Bundeskanzlerin
Martin Schulz
Martin Schulz Foto: Scanpix

Martin Schulz

Martin Schulz hat lange Zeit in Europa Politik gemacht, bevor er die Führung der SPD übernahm.

  • am 20. Dezember 1955 im Eschweiler Stadtteil Hehlrat (Nordrhein-Westfalen) als Sohn eines Polizisten und einer CDU-Kommunalpolitikerin geboren
  • verheiratet mit einer Landschaftsarchitektin, zwei erwachsene Kinder
  • 1974 Eintritt in die SPD
  • 1975 bis 1977 Ausbildung zum Buchhändler
  • 1987 bis 1998 Bürgermeister in seiner Heimatstadt Würselen
  • von 1994 bis 2017 Mitglied des Europäischen Parlaments, 2004 bis 2012 Vorsitzender der Sozialistischen Fraktion, 2012 bis Januar 2017 Parlamentspräsident
  • seit 1999 Mitglied des SPD-Parteivorstands und Parteipräsidiums, seit 19. März 2017 Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat
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